Und immer wieder NSU und das Schweigen der Behörden

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Engin Akyurt auf Pixabay

10 Jahre NSU und die geheimen Akten, die hier z.T. veröffentlicht werden

Wenn auch immer terroristische Anschläge verübt werden, wenn sich am Tatort die Blumensträusse häufen und rote Kerzen flackern, eilen PolitikerInnen zum Tatort, sprechen von der Abscheulichkeit des Verbrechens, von „nie wieder“ und versprechen „rückhaltlose Aufklärung“.

Späterstens bei der „rückhaltlosen Aufklärung“ ist Obacht geboten. Denn dann ist die Gefahr der Vertuschung besonders groß. Erfahrungsgemäss ist intensive Ermittlungsarbeit zu erwarten, wenn es sich um vermeintlich linksorientierte Straftaten handelt. Bei mutmaßlichen Straftaten aus der mutmaßlich rechten Szene, ist es mit der rückhaltlosen Aufklärung nicht weit bestellt und oft ein hohles Versprechen – so lehrt die Erfahrung. Denn oft ist der Staat über den Verfassungsschutz oder andere Sicherheitsorgane mit verwickelt. Das gilt es dann zu vertuschen. Siehe u.a. der Fall Temme.

Die frühere Obfrau der Grünen im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Irene Mihalic, sagt: „Die massiven Ermittlungsfehler und der mangelnde Aufklärungswille in deutschen Sicherheitsbehörden hat das Vertrauen zahlreicher Menschen mit Migrationsgeschichte in die Sicherheitsbehörden nachhaltig geschwächt.“

Kaum mehr nachvollziehbar sind die Untersuchungen der Bundesanwaltschaft, die seit 10 Jahren gegen mögliche Unterstützer des NSU-Trios ermittelt. Bis heute kam es nicht zu einer Anklage. Anders ist das Verhalten der Bundesanwaltschaft gegenüber der sog. linken Szene, wie derzeit der Prozess in Dresden zeigt: „Der starke Staat will es wissen.“

Und von der Schwarz-Grünen Landesregierung in Hessen wurden die Ermittlungsakten für Jahrzehnte für geheim erklärt. Die TAZ konnte trotzdem begrenzt in die Akten einsehen und berichtet darüber in zwei Beiträgen, die Sie hier einsehen können:

„Verschlusssache NSU“ von Konrad Litschko

„Die mutmaßlichen Helfer der Rechtsterroristen“

Die Vertuschung von Straftaten durch die Justiz hat in Deutschland eine lange Tradition. Man denke nur an die vielen Schreibtischmörder und deren Nachkriegskarrieren in der jungen Bundesrepublik. Oder an das Verschwinden der Strafverfolgungsakten aus dem Themenkomplex der „Euthanasie“. Fritz Bauer hatte gegen die obersten Juristen (Gerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte) ermittelt, die in die NS-„Euthanasie“ eingebunden waren. Helmut Kramer wollte nach dem Tod von Fritz Bauer 1968 weiter ermitteln und forderte die Ermittlungsakten an, aber die tauchten erst wieder auf, als der hessische Generalstaatsanwalt den Fall eingestellt hatte. Über diese und viele andere Fälle aus dem Leben des Rechtshistorikers und Juristen Dr. Helmut Kramer aus Wolfenbüttel wird es vom 19. bis 21. 11.2021 im Gewerkschaftshaus eine Veranstaltung zu Ehren Helmut Kramers geben und im Frühjahr dazu ein Buch.

Oder der Fall Oury Jalloh. Über Jalloh, der in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, gibt es durch ein britisches Gutachten neue Erkenntnisse. Fazit: Oury Jalloh muss mit Brandbeschleuniger übergossen worden sein. Er kann sich nicht selbst angezündet haben, was die Polizei und Justiz wider besserer Erkenntnis seit Jahren behaupten. Vieles spricht dafür, dass Polizei und Justiz einen wahrscheinlichen Mord aus Polizistenkreisen decken.

Übersichtsartikel in KONTEXT: „Vollständiges Versagen“ Von Johanna Henkel-Waidhofer

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