Würdiges Gedenken vor dem Rathaus in Braunschweig

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Die richtigen Wort zu finden nach tödlichen Terroranschlägen ist oft schwierig. Die Worte sollen Trost spenden, sie sollen die Bevölkerung beruhigen und sie sollen politische Entschlossenheit zum Ausdruck bringen unter dem Motto: „Nie wieder“. Der Braunschweig-Spiegel bringt alle Reden der Veranstaltung, die ihm zugesandt wurden. Die Reden sind so beeindruckend, dass es wichtig ist, jede Rede im Original wiederzugeben.

Am Sonnabend fand vor dem Rathaus ein würdevolles Gedenken an die Opfer von Hanau statt. Der „Runde Tisch“, organisiert von Probst Lars Dedekind, hatte zum Gedenken geladen und wichtige Organisationen kamen. Für die Stadt Braunschweig sprachen Oberbürgermeister Thorsten Kornblum, für die Kirchen Britta Koß-Misdorf von der Friedenskirche Braunschweig, Herr Şaban Yabaş als Vorsitzender vom Rat der Muslime in Braunschweig und für die Gewerkschaften Sebastian Wertmüller (Verdi). Die Namen der in Hanau getöteten Mitbürger trug Ala Ismail zusammen mit Furkan Dogan vor. Probst Lars Dedekind sprach die abschließenden Worte.

Die Reden werden im Wortlaut hier wiedergegeben. Jede dieser Reden ist beeindruckend, weil sie die besondere Sichtweise auf den Terroranschlag zum Ausdruck bringt. Ob NSU-Terror, München (Oktoberfestattentat 1980), Berlin, Halle, Hanau und Dresden; alle Orte sind nicht nur eine Geschichte von Terror und Verlusten an Menschen und Menschlichkeit, sondern sie erzählen auch von politischem Versagen. Bis heute!

Immer deutlicher zeigt sich, dass die Mordkomplizen in Nadelstreifen auch in den Institutionen sitzen, z. B. auch in den Sicherheitsbehörden, die Demokratie und uns Menschen beschützen sollten. Bis heute werden die politisch gedeckt, und Parteien wie CDU und Grüne in Hessen, einem Hotspot des Terrors, machen mit.

Hoffnung ruht nun auf der neuen Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie will mit Entschlossenheit gegen die terrorristische Bedrohung vorgehen. Und: „Wir wollen, dass die Opfer nie vergessen werden.“ Diesen Willen festigte die beeindruckende Gedenkveranstaltung vor dem Rathaus in Braunschweig.

Die Gedenkveranstaltung mit den Rednerinnen und Rednern

Einführung in die Veranstaltung durch Probst Lars Dedekind

Probst Lars Dedekind auf den Stufen ins Rathaus bei seiner Begrüßungsansprache

„Als Initiator des Runden Tisches gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung und als Propst richte ich mein Wort an Sie und Euch und danke, dass Sie an diesem Gedenken an die Opfer des Terroranschlags von Hanau teilnehmen. Wir wollen ein sichtbares Zeichen eines friedlichen Miteinanders setzen.“

Dedekind wies auf die Ermordeten Mitbürger in unserem Land hin, die unser Land bereichert haben und rief die Bevölkerung unserer Stadt auf, aufmerksam zu sein und für ein Miteinander einzustehen. Zu recht heißt es gerade in Deutschland: „Nie wieder“.

Dedekind bedankte sich bei all den Organisation der Zivilgesellschaft Braunschweigs, die an der Veranstaltung mitgewirkt haben und sprach: „Friede sei mit euch! Schalom! Assalamu Alaikum!“

Hier die Begrüßung durch Probst Lars Dedekind

Verlesung der Namen der Ermordung unserer Mitbürger in Hanau

Ala Ismail trug zusammen mit Furkan Dogan (rechts im Bild) die Namen der Ermordeten in Hanau vom 19.02.2019 vor.

Die Namen der Ermordeten lauten (in der Reihenfolge, in der sie ermordet wurden):
Ferhat Unvar,

Hamza Kurtović,

Said Nesar Hashemi

Vili Viorel Păun

Mercedes Kierpacz

Kaloyan Velkov

Fatih Saraçoğlu

Sedat Gürbüz

Gökhan Gültekin

Herr Yabaş während seiner Gedenkrede. Rechts Lars Dedekind.

Gedenkrede von Şaban Yabaş, Vorsitzender des Rats der Muslime in Braunschweig

Herr Yabaş ging in seiner Rede auf die große Toleranz des Islam gegenüber anderen Glaubensrichtungen ein. Wer diskriminiert verletzt wichtige Gebote im Islam, denn Diskriminierung, egal aus welchen Gründen, erlaubt der Islam nicht. Er ruft auf, aufeinander aufzupassen, damit so etwas wie in Mölln, in Hanau oder mit der NSU nicht noch einmal passiert. Rechtsextremismus sei die größte Gefahr in Deutschland und wir in Braunschweig müssten wie in Hanau zusammenstehen gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit.

Hier lesen Sie die Rede von Şaban Yabaş

Thorsten Kornblum, der OB von Braunschweig, hält nach seiner Rede zum Gedenktag das Bild eines Ermordeten.

Gedenkrede des Oberbürgermeisters Dr. Thorsten Kornblum


Gedenkrede von Pastorin Britta Koß-Misdorf von der Braunschweiger Friedenskirche für die Opfer des Anschlags in Hanau

Pastorin Britta Koß-Misdorf von der Braunschweiger Friedenskirche

Rede von Britta Koß-Misdorf

Viele erinnern sich nur noch ungenau oder gar nicht an das, was vor zwei Jahren in Hanau geschehen ist. Anderes rückt in den Vordergrund. So vieles geschieht in der Welt und fordert unsere Aufmerksamkeit. Aber es gibt Dinge, die wir nicht vergessen, dürfen. Dazu gehört der Anschlag in Hanau. Wenn wir vergessen, erheben wir keine Stimme mehr gegen das, was geschehen ist.

Wir müssen uns an die neun Menschen erinnern, die am 19. Februar 2020 unschuldig aus dem Leben gerissen wurden. Wir müssen uns erinnern, um allen Angehörigen und Freunden der Opfer unsere Solidarität auszudrücken. Wir müssen uns erinnern, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein gelassen und ihre Trauer, ihre Wut und ihr Schmerz nicht vergessen sind. Wir müssen uns erinnern, um aufmerksam zu bleiben gegen jede Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Angela Merkel sagte: Rassismus ist ein Gift, Hass ist ein Gift. Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft. Und es ist Schuld an schon viel zu vielen Verbrechen.

Aber jeder von uns kann etwas tun: hinschauen, widersprechen, rechte Gesinnungen in keiner Form dulden und ihnen entgegentreten. Wir können allen Menschen mit Respekt, Wertschätzung und Liebe begegnen.

Auf die Frage, was das wichtigste Gebot ist, antwortete Jesus: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Bei Gottes Liebe fängt alles an. Sie gilt jedem Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sozialem Status und Aussehen. Kann ein Mensch, der geliebt wird und sich selbst liebt, andere hassen und ablehnen? Liegen die Wurzeln des Rassismus nicht auch in der unbeantworteten Frage: Bin ich geliebt um meiner selbst willen?

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – das ist die Grundregel, nach der alle handeln sollten, so gut sie es können. Das ist Gottes Idee für unser Leben und unser Miteinander. Diese Welt hat einen großen Bedarf an Menschen, die einander mit Respekt und in Liebe begegnen und die gemeinsam die Gleichheit der Menschen und die Demokratie verteidigen. Ich wünsche uns, dass wir den Mut, die Entschlossenheit und die Liebe dazu haben.

Gedenkrede von Sebastian Wertmüller (Verdi)

Sebastian Wertmüller während seiner Rede zu Gedenktag

Wertmüller klagt in seiner Rede an. Er klagt an, dass der Staat und seine Sicherheitsorgane versagt haben; und das nicht nur während des Terroraktes sondern bis heute. Er führt das zurück auf die Durchdringung der Sicherheitsorgane, Behörden und der Parlamente mit Rechtsextremisten. Was wir brauchen und was uns hier auf dem Platz mit den Angehörigen eint ist: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.

Den musikalischen Rahmen setzte würdevoll Herr Cengiz Uzlu mit seiner Saz.

Die Veranstaltung klang aus, indem als Zeichen des Gedenkens und der Trauer, Kerzen und Blumen auf den Rathausstufen abgelegt wurden.

Der Tag des bundesweiten Gedenkens und des Ermahnens der Bürger an die Politik wurde in Braunschweig beendet durch das Ablegen von Kerzen und Blumen.
Jeder Ermordete hat bei uns seinen Platz. Er ist nicht vergessen. Nicht in Hanau, nicht in Braunschweig, nirgendwo in Deutschland. Der neu eingerichtete Gedenktag für die Terroropfer am 11. März wird erst dann mit Leben erfüllt werden, wenn die Politik die Terrorgefahr durch den Rechtsextremismus ernst nimmt und gewillt ist Konsequenzen zu ziehen.

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