Hauptschule als Sorgenkind – die Eltern sind schuld!

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Der städtische Kulturdezernent Wolfgang Laczny hat Sorgen. Viele Eltern wählen für ihre Kinder den höherwertigen Bildungsweg, schreibt Ralph-Herbert Meyer in der Braunschweiger Zeitung, und folgen damit nicht der Schulempfehlung.

Das Problem definiert die Stadt damit deutlich: Das Problem sind die Eltern, die für ihre Kinder das Beste wollen, nämlich die höherwertige Bildung und das nachweislich Schlechteste meiden, nämlich die Hauptschule. Zweifel an der Weisheit der kommunalen Schulpolitik sind nicht erkennbar, schließlich „konnten alle Schulformwünsche des aktuellen Jahrgangs… erfüllt werden“, mit „Ausnahme der 388 Kinder, die auf eine Integrierte Gesamtschule (IGS) gehen wollten, aber wegen mangelnder Kapazität eine Absage erhielten,…“. Durch die Planung einer neuen IGS wird sich die Situation entspannen, so die Stadt. Na schön, dann ist ja alles in Ordnung könnte man meinen, die Stadt und ihr Bote R.-H. Meyer kümmern sich.

Es bedarf schon einer erheblichen Portion an elitärem Zynismus, das Problem bei den Eltern zu sehen, die für ihre Kinder eine höherwertige Bildung anstreben. Das Füllen der Hauptschulen scheint bei der Stadt eine höhere Priorität zu haben als die Bildung ihrer jungen Bürger.

Glücklich sollte sich die Stadt schätzen, dass sie viele Bürger hat, die eine hohe Bildung anstreben, dass Eltern Verantwortung für die Zukunft der Kinder übernehmen und diese nicht schon in jungen Jahren zu den gesellschaftlichen Verlierern der Zukunft stempeln lassen wollen, mit all den sozialen Folgelasten für die betroffenen Menschen und die Gesellschaft.

Nein, die Stadtverwaltung ist sorgenvoll, weil sie die Hauptschulen nicht mehr voll bekommt, weil sie anscheinend 1€-Bürger braucht, die in der Stadt Wildkraut zupfen. Es sollte dem Herrn Sozialdezernenten Laczny die aktuelle Studie des „Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V.“ zur Kenntnis gegeben und diese von der BZ transportiert werden, dass „die Hauptschule in den letzten Jahren zu einem eigenständigen Verstärkungsfaktor der Jugendgewalt geworden ist“ und „bei dieser Schulform entwickelten sich negative Aufschaukeleffekte“. Bindende Schullaufbahnempfehlungen wie in Bayern, erhöht die Täterrate bei jungen Migranten. Und bei jungen Türken verdoppelte sich gar die Mehrfachtäterquote in München.

Die Ehre für Braunschweig „Stadt der Wissenschaft“ gewesen zu sein, ist gerade einmal 7 Monate her. Diese Ehre ist auch Verpflichtung für die Zukunft, nicht nur ein momentaner Höhepunkt für das Stadtmarketing. Sie ist Verpflichtung möglichst alle Kinder auf ein möglichst hohes Bildungsniveau zu führen, ohne Selektion im zarten Alter von 10 Jahren, ohne Demotivationen beim Lernen und ohne Angst vor Abschulung und Sitzenbleiben. Unsere Gesellschaft, so auch unsere Stadt, braucht alle Kinder, mit ihren unterschiedlichsten Fähigkeiten, mit ihrer Lebensfreude und erzogen im demokratisch kritischen Bewusstsein.

Während die Stadtverwaltung die Leere der Hauptschulen bedauert und Eltern beschuldigt, ihren Kindern ein höheres Bildungsniveau angedeihen lassen zu wollen, ruft die Wirtschaft nach Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, deren Mangel inzwischen ein Standortrisiko und damit Wohlstandrisiko ist. Zum Glück haben die Eltern unserer Stadt die Signale aus Wirtschaft und Wissenschaft verstanden. Wir sollten den Eltern dankbar sein, dass sie ihre Kinder nicht in der Hauptschule anmelden.

Aber die „Rettung“ naht, als neue, als 4. IGS. Jahrelang von tausenden Eltern gefordert. Jahrelang von der CDU/FDP-Landesregierung bekämpft. Der Not gehorchend endlich auch von der Braunschweiger CDU/FDP akzeptiert. Und warum? Weil die Eltern für ihre Kinder Integrierte Gesamtschulen wollen und die überfüllten Gymnasien einen Qualitätseinbruch befürchten. Wir brauchen in dieser Stadt keine schulpolitische Flickschusterei. Braunschweig braucht endlich ein in sich schlüssiges, internationalen Ansprüchen genügendes Schulkonzept, das sowohl auf die Wünsche der Eltern als auch auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert. Dieses ständige reparieren an maroden dreigliedrigen Schulstrukturen der Vergangenheit muss ein Ende haben.

 

Dazu die Pressemitteilung der „Aktion 4. IGS für Braunschweig“

Standortpolitik für Schulen in Braunschweig

Mit der Mehrheit von CDU und FDP hat der Landtag am 01.07.08 beschlossen, das Schulgesetz zu ändern und das völlige Verbot zur Neuerrichtung von Integrierten Gesamtschulen aufzuheben.

Die „Aktion 4. IGS für Braunschweig“ begrüßt, dass damit der Weg frei ist für weitere Integrierte Gesamtschulen in Braunschweig. Es muss jetzt durch zügige und durchdachte Entscheidungen des Rates der Stadt dafür gesorgt werden,

dass zum Schuljahr 2009/2010 möglichst alle Kinder einen Gesamtschulplatz erhalten, die dafür angemeldet werden.

Die Aktion bevorzugt keinen Standort. Wir fordern aber für die Entscheidungsfindung die Beachtung folgender Voraussetzungen:

  • Es müssen das Wohl der Schüler und Schülerinnen und die Bildungs- und Erziehungsansprüche der Eltern im Mittelpunkt stehen.

  • Die 4. IGS muss einen Standort erhalten, an dem die gymnasiale Oberstufe zu gegebener Zeit integriert werden kann.

  • Die IGS in Querum muss zum Schuljahr 2009/2010 eine gymnasiale Oberstufe in unmittelbarer Nähe erhalten.

  • Zwei Förderschulen mit Förderschwerpunkt „Lernen“ müssen in Braunschweig bestehen bleiben, sodass ein Ganztagsbetrieb ohne Außenstellen möglich ist.

  • Es sind in die Überlegungen zum Standort schon jetzt zukünftige Gesamtschulen mit einzubeziehen.

  • Bei der Festlegung von Schulstandorten dürfen nicht finanzielle Gesichtspunkte allein die ausschlaggebenden sein.

Für die „Aktion 4. IGS“
Uwe Meier

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