Chile: Müllkippen-Mittelschicht

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Die extreme Ungleichheit ist eine der Hauptursachen für die Rebellion in Chile. Von Carlos Figueroa - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link

Die „Chicago Boys“ dachten einst, sie hätten ein Wirtschaftswunder geschaffen. Die Realität sieht ganz anders aus

Wir glaubten, die Ungleichheit würde schließlich verschwinden“, sagt Rolf Lüders, während er sich an die Zeit als Wirtschaftsmanager in Chile erinnert. Der mittlerweile 85-Jährige zählte einst zur Gruppe der „Chicago Boys“, die heute für eine extreme Ungleichheit und damit die Massenproteste verantwortlich gemacht wird. Ich bin nach Santiago gereist, um dem nachzugehen, immerhin wurde Chiles Volkswirtschaft einmal als Vorzeigemodell dargestellt, dem andere Ökonomien folgen sollten.

Bei den „Chicago Boys“ handelte es sich um chilenische Austauschstudenten, die in den USA Wirtschaftswissenschaften studierten, um – nach Hause zurückgekehrt – ihre Altersgenossen ein für alle Mal von sozialistisch inspirierten Ideen abzubringen. Ihr Einfluss sollte bald größer sein, als sich das irgendjemand vorstellen konnte. Nachdem sich Augusto Pinochet 1973 an die Macht geputscht hatte, beförderte er diese Spezies von Ökonomen schnell auf Ministerposten. Ein von den „Boys“ herausgebrachtes Buch voller marktorientierter Maßnahmen mit dem Titel El Ladrillo (Der Ziegelstein) galt als Blaupause dafür, wie Chiles Wirtschaft geführt werden sollte.

El Ladrillo erklärte den öffentlichen Sektor zum größten Problem – also wurde der geschleift. Zwischen 1973 und 1980 sank die Zahl staatlich kontrollierter Unternehmen von 300 auf 24, während die Budgets für Infrastruktur, Wohnungsbau, Bildung und Soziales zusammengestrichen wurden. Die ersten Ergebnisse fielen katastrophal aus, denn Chiles frisch liberalisierter Finanzsektor wurde 1982 durch einen Crash gelähmt, doch waren zwischen 1985 und 1997 Wachstumsraten um die sieben Prozent zu verbuchen. Die Investitions- und Exportraten wurden zu den besten in ganz Südamerika. Milton Friedman, der Lüders und Kollegen unterrichtet hatte, nannte es das „Wunder von Chile“. Weiter in „der Freitag

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