Aus für SUVs: Konzern will ab Juli Straßenbahnen, E-Busse und Lastenräder bauen
Update 2.4 2021 (hgd): Leider ist die Meldung viel zu schön um wahr zu sein. Kein Aprilscherz sind allerdings Forderungen nach einer Umstellung der Produktion in der Autoindustrie: weg vom Auto für den Individualverkehr, hin zu Fahrzeugen für den öffentlichen Personenverkehr. Genau diese Forderungen wurden kürzlich auch in Wolfsburg auf der Verkehrswende-Demo erhoben (siehe z.B. den Bericht auf TV38). Auch der Betriebsratsvorsitzende des Kasseler VW-Werks, Carsten Bätzold, spricht sich für eine Umstellung der Produktion aus: In einem Interview in „der Freitag“ (leider nur in der Print-Ausgabe) erklärte er auf die Frage, wie echter Klimaschutz aussehen würde: „Das Problem ist das Geschäftsmodell der Branche, das dafür ausgelegt ist, jährlich 70 Millionen Autos in den Weltmarkt zu drücken. Was wir brauchen, sind weniger Autos, kleinere Autos, ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit bedarfsgerechten Rufbus- und Car-sharing-Angeboten für den ländlichen Raum. […] Dafür müssen wir in den nächsten 10 Jahren die Voraussetzungen schaffen„.
1. April 2021. Attac Deutschland begrüßt den Beschluss der VW-Spitze, die Produktion des Konzerns schon im Sommer radikal umzustellen. Wie VW-Chef Herbert Diess bei der Vorbereitung eines Streitgesprächs zur IAA den Attac-Vertreter/-innen mitteilte, plant der Konzern, die PKW-Produktion ab 1. Juli stückweise herunterzufahren und stattdessen die Produktion von Straßenbahnen, E-Bussen und Lastenfahrrädern aufzunehmen. Die SUV-Herstellung soll schon im Mai eingestellt werden.
„Wir haben die Botschaft von Fridays for Future verstanden. Ich bin überzeugt, dass wir eine Verantwortung und Verpflichtung haben, unseren Beitrag zur Begrenzung des Klima-wandels zu leisten und mit äußerster Konsequenz auf unsere Ziele hinzuarbeiten. Wir bei Volkswagen haben die Möglichkeit und die Fähigkeit, dies zu tun“, sagte Herbert Diess in dem Gespräch. „Unsere bisherige Konzernstrategie ist mitverantwortlich für den weltweiten Co2-Anstieg, für Ressourcenverbrauch und Naturzerstörung. Auch die Umstellung auf das Konzept E-Auto war falsch, da die individuelle Elektromobilität die Klimakrise beschleunigt statt bekämpft. Wir müssen radikal umstellen, und wir tun es.“
Diess zufolge hat der Aufsichtsrat der VW-Gruppe, in dem Ministerpräsident Stephan Weil als Vertreter des zweitgrößten Anteilseigners Niedersachsen sitzt, bereits im Januar entsprechende Pläne des Vorstands gebilligt. Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen bestätigte dies auf Nachfrage von Attac. Weil selbst ließ über seine Sprecherin ausrichten: „Diese Transformation ist für Volkswagen natürlich schwierig, aber auch eine große Chance. Ich begrüße die baldige Einrichtung von Transformationsräten, die über die künftige Produktion klimagerechter Transportmittel entscheiden sollen. In diesen Räten werden unsere Kolleginnen zusammen mit regionalen Vertreterinnen aus Politik, Zivilgesellschaft und Umweltbewegungen die Chance haben, dem gesellschaftlich Notwendigen zum Durchbruch zu verhelfen. Als Sozialdemokraten kehren wir mit damit an unsere Wurzeln zurück.“
Angeblich um einen Börsencrash vor Ostern zu verhindern, hat die VW-Spitze die Veröffentlichung ihrer Pläne Diess zufolge mittlerweile auf den 6. April verschoben.
Nicht nur deswegen bleiben die Globalisierungskritiker*innen von Attac skeptisch: „Das alles klingt gut, und der Beschluss geht in die richtige Richtung. Aber wir haben schon zu oft nur schöne Worte gehört, um auf die Selbstverpflichtung einer Konzernspitze zu vertrauen“, sagte Achim Heier von der Attac-Kampagnengruppe „Öffis statt Autos“. „Wir bleiben dabei: Eine radikale Mobilitätswende geht nur von unten und gegen die Autokonzerne. VW und Co. müssen insgesamt vergesellschaftet werden.“
Sehr schön, in der Nachricht fehlt jedoch noch der Hinweis, dass die Werke Wolfsburg, Salzgitter und Braunschweig mitsamt der Industrie-Trabantenstädte und Bürokomplexe wieder zurück gebaut werden sollen und somit die ganze Region wieder in den Zustand vor 1940 versetzt wird.
Diese schöne Vision ist fast identisch mit den Forderungen der zunehmenden Bewegung für eine Verkehrswende und mit dem entsprechenden Kapitel im Wahlprogramm der BIBS.