Manchmal ist es sinnvoll, dass in der Oker etwas mehr Wasser runterfliesst, bevor man über den Wasserstand berichtet und ihn bewertet. Daher ist es manchmal sinnvoll mit Verzögerung von einem Ereignis zu berichten, weil dadurch aus der Gesamtschau auch ein gewisser Respekt dem Ereignis gegenüber gezollt werden kann. Hier nun wird über die Veranstaltung des IPPNW und des Friedenszentrums/bündnis mit Sahra Wagenknecht und Oberst a.D. Wolfgang Richter in der Magnikirche am 15.06.2013 berichtet. Eine Veranstaltung mit grundlegendem friedenspolitischen Charakter, am richtigen Ort, mit den richtigen Veranstaltern, den richtigen Gästen und vielen hoch interessierten Zuhörern. Diese Veranstaltung war ein Meilenstein in der politischen Zivilgesellschaft Braunschweigs.
Der Braunschweig-Spiegel veröffentlicht gerne das fast zweistündige Video über die Diskussionsveranstaltung, denn zum einen war die Veranstaltung spannend, teilweise kontrovers, respektvoll und hoch informativ und zum anderen hat die Veranstaltung dokumentarischen Wert. So kann z.B. der/die LeserIn die Leserbriefe nachvollziehen, denn es gibt den Eindruck, das manche hasserfüllten Leserbriefeschreiber nicht in der Veranstaltung gewesen sein können.
Der Journalist Harald Likus berichtete ausführlich in der Braunschweiger Zeitung vom 17.Juni 2023. Der im Grundtenor sachliche und faire Bericht hat jedoch seine deutlichen Schwächen in der immer wieder aufblitzenden Polemik und Relativierung der Veranstaltung. Das belegen Begriffe, die von Elke Schrage in einem Leserbrief verdeutlicht werden. So wird die Veranstaltung mit den Begriffen „Gesinnungsheimspiel“, „Talkshow Königin“ oder einem Moderator, der „schmeichelt“, doch erheblich diskreditiert. So wird von der Zeitung mit Worten gezielt jongliert, um, wenn man schon Bericht erstatten muss, Zweifel zu säen.
Leider sind die ersten acht Minuten des Videos im Ton schlecht, sodass der Hausherr, Pastor Henning Böger, nur schlecht zu verstehen ist. Er zitierte in seiner Begrüßung die kürzlich verstorbene Antje Vollmer mit dem Satz aus ihrem letzten kurz vor ihrem Tode veröffentlichten und sehr lesenswerten Vermächtnis „Was ich noch zu sagen hätte“:
„Der Hass und die Bereitschaft zum Krieg und zur Feindbildproduktion ist tief verwurzelt in der Menschheit, gerade in Zeiten großer Krisen und existentieller Ängste. Heute aber gilt: Wer die Welt wirklich retten will, diesen kostbaren einzigartigen wunderbaren Planenten, der muss den Hass und den Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.“
Ukraine: Verhandlungen JETZT! – Mögliche Wege aus der Eskalationsspirale
Sahra Wagenknecht war gestern in Braunschweig und sprach mit Oberst a.D. Wolfgang Richter in der Magni-Kirche unter dem Motto „Ukraine: Verhandlungen jetzt! – Mögliche Wege aus der Eskalationsspirale“.
Obwohl sich der Pastor Henning Böger neben viel Zustimmung auch sicher einiges an Ärger eingehandelt hat, dass er seine Kirche für diese Veranstaltung öffnete, muss die Frage erlaubt sein: Für wen oder was denn dann, wenn nicht für ein kontroverses friedliches Gespräch um Krieg und Frieden in geschützter Atmosphäre? Nein, die Veranstaltung war kein „Magnifest für Sahra Wagenknecht“, wie die Braunschweiger Zeitung titelte, sie war vielmehr ein Fest für alle Friedenswilligen und die, die innerlich abrüsten wollen. Und gerade dafür sind Kirchen auch da, auch für Kommunisten, denn hier titelte die BZ bei den Leserbriefen: „Eine Kirche für die Kommunistin?“. Selbstverständlich, warum nicht? Schließlich steht der Kommunismus für eine dauerhaft sozial gerechte und freie Zukunftsgesellschaft. Da hätte auch Jesus nichts dagegen gehabt, denn das entspräche der Bergpredigt (Matt. 5-7). Doch die Überschrift ist natürlich reißerisch gemeint? Friedlich ist das nicht, was die BZ hier fabriziert hat. Friedlich waren hingegen die etwa 450 Zuhörer und die Diskutanten, die von Christoph Krämer vom IPPNW wunderbar friedlich moderiert wurden.
Frau Wagenknecht sagte im Grunde das, was sie in den zahllosen Talkshows und im Bundestag immer sagt. Sie hob das unendliche Leid der Ukrainischen Bevölkerung hervor und benannte klar als Grund das Leids den russischen Angriffskrieg. Sie sieht den sog. „Abnutzungskrieg“ (welch zynisches Wort für massenhaft Tote und Verletzte) und will gerade deshalb den Krieg so schnell wie möglich beendet sehen.
Man konnte den Eindruck haben, dass einige Leserbriefschreiber nicht auf der Veranstaltung gewesen sind. So schreibt ein Herr Stiewe aus Wolfenbüttel, dass die kommunistisch geschulte Wagenknecht Putin in den Himmel gehoben habe. Nein, Frau Wagenknecht hat Putin nicht in den Himmel gehoben und nichts dergleichen gesagt oder gemeint, was man in den Aufzeichnungen nachvollziehen kann.
Und warum wird Wagenknecht immer wieder unterstellt, dass sie kein Mitgefühl habe? Man schiebt ihr eine Haltung unter, die sie nicht vertreten hat und nicht erkennbar ist, um sie dann genüsslich niederzumachen. Diese Aussagen über Wagenknecht sollen dämonisieren und sind einer Diskussion um Krieg und Frieden nicht angemessen – eher unwürdig. Sind diese Menschen, die so mit Schaum vor dem Mund schreiben, überhaupt friedensfähig? Genau so verläuft die vergiftete mediale Diskussion auch in der Gesellschaft und inzwischen auch in den Familien. In der Magnikirche war dagegen gelebte Demokratie und Friedfertigkeit zu erleben; wie schön für unsere evangelische Kirche in Braunschweig. Das ist gelebter Protestantismus!
Wolfgang Richter argumentierte selbstverständlich aus Sicht des Militärs und verteidigte die Waffenlieferungen, mahnt aber auch, so wie fast alle ranghohen Militärs in Deutschland, rasche Verhandlungen an, obwohl er skeptisch ist hinsichtlich der Verhandlungsbereitschaft der Russen. Diese sah er eher bei den Amerikanern, die bestebt seien das Blutvergießen in der Ukraine zu beenden. Wagenknecht meinte dagegen, dass der Krieg den USA ganz gut in den Kram passe. Richter hingegen: „Die Ukrainer sterben nicht weil wir Waffen liefern, sondern weil die Russen sie angreifen.“ Auch gab er Frau Wagennecht deutlich Kontra und bekam für seine Ansichten auch Beifall. Teilweise von denselben Personen, die auch bei Wagenknecht geklatscht haben. Alle Meinungen hatten ihren Platz und die Meinungen der beiden waren oft kontrovers. Richter räumte ein, dass der Westen Fehler gemacht habe, doch rechtfertige das keinen Angriffskrieg. Wagenknecht sprach dagegen von einer „unsensiblen Außenpolitik“ des Westens, die die Russen zum Angriff provoziert hätten, weil die ihr Sicherheitsbedürfnis verletzt sähen.
Zum letzten Satz des BZ-Berichtes des Herrn Likus: „An dem ganzen langen Abend ist das Wort „Freiheit“ kein einziges Mal gefallen.“ Likus deutet damit an, dass das Wort „Freiheit“ bei den Diskutanten nicht wichtig sein könne. Eine Unterstellung, mit der er sich selber über beide erhebt. Zu Unrecht!
sehr schöner Bericht! Ein wunderschöner Abend! Ein gut verständliches Video, die automatischen Mitschreibung hat zum Teil grobe Fehler, man muss es hören, um eine Verschriftlichung zu erreichen, die mir sehr wichtig erscheint, denn viele Aussagen der Referenten und von Pastor Böger sind zitatwürdig…
Es ist wie zu Zeiten der Weimarer Republik…Menschen die gegen Krieg und Hetze waren wurden dämonisiert mit Staatlicher Propaganda.Dieser Feindbildaufbau und der Gesinnung von Regierung und Waffenlobyisten Damals wie Heute.
Dieses Land war Stalingrad und KZ….schon vergessen….Heute “ Speerspitze“ ????
Erschreckend und Grund diese Blätter nicht mehr zu Lesen.Wir bestellen ab.
Olaf Scholz redet in der ‚Sommerpressekonf‘ (1) von 17 Mia Euro fuer Waffen in die Ukraine (also _plus_ Wiederaufbau und Lebensunterhalt fuer ein Land mit 30 oder 40 Mio Einwohnern), fuer einen Krieg bis erst mal 2027.
Naja, der ‚Poerse‘ gehts gut, da brauchen wir keine Kindergrunds, keine Realloehne, keine Kitas u Schulen, keine Verteidigung gegen Klimawandel, aber jede Menge Munition … was soll das werden bei den naechsten Wahlen?
1. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-kalkuliert-bis-zu-17-milliarden-euro-fuer-waffenlieferungen-an-ukraine-bis-2027-a-016c3e8c-adda-4ce7-8346-c6f0740a7993