Rechtsradikalismus: Was sagen die OB-Kandidat*innen? (II)

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Zu Beginn hat die Redaktion die OB-Kandidat*innen vorgestellt. Die zu den Themenblöcken gehörenden Antworten folgen nun schrittweise in gewürfelter Reihenfolge. Die Kandidat*innen haben nicht zu allen Fragen geantwortet.

Frage 3: In Braunschweig gibt es keine vertrauenswürdige Stelle, an die sich die Opfer rechter und rassistischer Bedrohung und Gewalt wenden können. Sehen Sie dafür eine Notwendigkeit?

Frage 4: Braunschweig hat Gelder für eine Antidiskriminierungsstelle bereitgestellt. Kann so eine Einrichtung bei der Stadt angesiedelt sein oder wäre  Unabhängigkeit eher notwendig?

Frage 5: Tut die Stadt genug, wenn es um Bildungsangebote gegen Rechts und die Einbindung der Zivilgesellschaft – einschließlich des Bündnisses gegen Rechts – geht?

Thorsten Kornblum (SPD)

Keine Antworten

Kaspar Haller (unabhängiger Kandidat für die CDU, FDP und VOLT)

Zu Frage 3: Erster Ansprechpartner für Bedrohungen und Gewalt ist die Polizei. Den Wunsch nach einer städtischen ‘unabhängigen’ Stelle habe ich schon einige Male vernommen. Hier bleibt die Herausforderung, diese in die geltende Rechtsform zu bringen. Ich kann mir eine solche Stelle vorstellen, sie braucht allerdings eine klar umrissene Kompetenz und die rechtliche Legitimation. Viel wichtiger und mein erklärtes Ziel ist, dass wir solche Übergriffe verhindern und eine solche Meldestelle gar nicht brauchen.

Zu Frage 4: Die Frage unterstellt, dass die Stadtverwaltung nicht unabhängig wäre. Das sehe ich anders. Unsere Verwaltung besteht aus qualifizierten Beamtinnen und Beamten, die neutral und an Gesetzen orientiert einen guten Job machen. Auch die Gleichstellungsbeauftragte ist bei der Stadt angesiedelt und ihr wirft niemand vor, nicht unabhängig zu sein. Noch einmal, es gilt nach Ergebnissen zu steuern. Ich will mich nicht hinter Meldestellen verstecken, sondern das Problem an der Wurzel anpacken.

Zu Frage 5: Die Stadt tut einiges, aber es gibt vieles, was wir noch besser machen können.

Anke Schneider (Die Linke)

Zu Frage 3: Natürlich. Deshalb hat unsere Fraktion die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle beantragt, die nach einigem Hin und Her schließlich vom Rat der Stadt beschlossen wurde.

Zu Frage 4: Es gibt auch strukturellen und behördlichen Rassismus. Daher wäre eine Trägerschaft außerhalb der Stadtverwaltung sicherlich zu bevorzugen. Gegen eine Kombination städtischer und unabhängiger Beratungsangebote spricht aber nichts. Wichtig ist vor allem, dass die Antidiskriminierungsstelle schnell an den Start geht.

Zu Frage 5: Außer der Beteiligung am Bundesprogramm „Demokratie Leben“ und einigen sehr guten Veranstaltungen der Volkshochschule tut die Stadt auf diesem Gebiet fast nichts. Das will ich ändern. Als Oberbürgermeisterin würde ich alles daran setzen eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft herzustellen, z. B. über runde Tische. Dem Bündnis gegen Rechts wurden bisher fast nur Steine in den Weg gelegt. Das muss sich dringend ändern.

Birgit Huvendieck (BIBS)

Zu Frage 3: Ja, wir brauchen eine Stelle, an die sich Menschen wenden können. Egal um welche Form der Gewalt es sich handelt. Ob Rassismus oder Sexismus, jede Art der Gewalt, die aus Diskriminierung entsteht, braucht eine Stelle, an die sich Menschen wenden können und der sie vertrauen können.

Zu Frage 4: Die Unabhängigkeit der Stelle muss unbedingt gewährleistet sein. Daher ist es besser, wenn die Stelle nicht der Stadtverwaltung zu geordnet ist. Ich wünsche mir eine Kooperation zwischen der Stadt und der geplanten Anlaufstelle. Die Menschen sollen wählen können, mit wem sie sprechen möchten. Je nach persönlicher Herkunft und Erfahrung der betroffenen Menschen gibt es zurecht große Hemmschwellen, sich Stellen anzuvertrauen, die bei Behörden angesiedelt sind. Wir wissen, dass Diskriminierung überall auftritt, daher brauchen auch Menschen aus der Stadtverwaltung die Sicherheit, sich selbst an eine unabhängige Stelle wenden zu können. Sehr gerne möchte ich zu der Erarbeitung alle an einen Tisch bekommen: ehemalig und aktuell Betroffene, Gruppen und Verbände, damit wir ganz nah an den Menschen sind. Außerdem ist es sehr wichtig, das die Stadtverwaltung selber dazu lernt und ihr Bewusstsein schärft.

Diskriminierung kommt in vielen verschiedenen Facetten daher, manche sehr offensichtlich, manche subtil und deshalb besonders perfide. Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem und wir müssen uns alle mit uns und unseren Strukturen beschäftigen, wenn wir das Problem Diskriminierung lösen wollen.

Zu Frage 5: Leider tut die Stadt nicht genug. Angebote für Schulen vermisse ich.

Auch die weitere Aufarbeitung unserer Braunschweiger Vergangenheit und wie diese Vergangenheit in unsere Gegenwart reicht sind wichtig. Dazu gibt es mit Sicherheit Vorschläge von Bürger:innen und dem Bündnis gegen Rechts, wie wir gemeinsam mehr Angebote schaffen können, um dieses wichtige Thema weiter zu verfolgen. Ich wünsche mir eine Stadt, in der niemand Angst haben muss, von Nazis bedrängt oder verletzt zu werden.

Tatjana Schneider (unabhängige Kandidatin für B90/Die Grünen)

Zu Frage 3: Ja.

Zu Frage 4: In Deutschland ist fast 1/3 der Bevölkerung von Diskriminierung betroffen: aufgrund von Hautfarbe, sexueller Identität oder Weltanschauung werden tagtäglich Menschen angefeindet und ausgegrenzt. Für Braunschweig bedeutet dies, dass jedes Jahr über 80.000 Menschen in der ein oder anderen Form Diskriminierung erfahren.

Die Antidiskriminierungsstelle soll viele Aufgaben übernehmen: Beratung, Begleitung und Unterstützung von Betroffenen aber auch Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass Unabhängigkeit wesentlich ist für die Arbeit einer solchen Stelle. Ein Verein muss als Trägerstruktur etabliert werden – um dann ausschließlich nach anerkannten Standards der Antidiskriminierungsberatung und den Bedarfen der Ratsuchenden ausgerichtet zu arbeiten.

Zu Frage 5: Nein.

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