IRMEL KAMP – ARCHITEKTURBILDER

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Museum für Photographie –  vom  25.06 bis 18.09. 2022

Irmel Kamp erzählt Häuser. Ihre Architekturbilder sind nicht nur Fotografien, es sind Erzählungen aus dem Leben von Häusern, von Gebäuden.

Foto © Irmel Kamp, Courtesy Galerie Thomas Fischer, Berlin

Vielleicht hatten diese Gebäude nicht immer ein schönes Leben und viele sind sichtbar gezeichnet davon. Andere waren vielleicht einmal schön, doch diese Schönheit ist nun vergangen.

Die wunderbare Fotografin Irmel Kamp spürt hinter und vor den Fassaden nicht nur die Würde dieser Gebäude auf und macht sie mit ihrer Mittelformatkamera sichtbar, sondern sie erzählt sie auch.

Irmel Kamps Fotografien von Häusern und Gebäuden können so emotional sein wie Fotos von Menschen, denen wir in ihrem täglichen Leben begegnen und für die etwas fühlen, die uns sympathisch sind, die uns Lachen machen, uns berühren oder uns abstoßen oder langweilen.

Irmel Kamp ist eine fotografische Langstreckenläuferin.

Für “ZINK”, ihre dokumentarische Spurensuche im ländlichen Grenzgebiet von Aachen zum nahen Belgien, berühmt für seine Zinkförderung und Verhüttung, fotografiert sie zwischen 1978 und 1982 Häuser und Gebäude der Region mit ihren Zinkfassaden, damals sehr oft verwendet als billige Fassadenverkleidung und Wetterschutz.

Wie immer in schwarz/weiß. “Farbe kann ich nicht”, wie sie lakonisch sagt. 

Auf allen ihren Fotos sehen wir nicht nur die Gebäude. Die Bilder zeigen uns auch das Subjektive, das Kulissenhafte, Spröde, Nüchterne, manchmal auch Absurde, Exzentrische, Witzige und natürlich auch das gnadenlos Provinzielle, Trostlose, das diese Region und ihre Artefakte prägt.

Mit ihrem klaren, teilnehmenden, liebevollen, aber komplett unsentimentalen Blick schaut Irmel Kamp auch auf die unglaublich faszinierenden und aufregenden Gebäude in Tel Aviv und Haifa.

Tel Aviv, House Levy

Tel Aviv – House Tik

Mit den zwischen 1987 und 1992 entstandenen fotografischen Werken “TEL AVIV” und “HAIFA”  betreten wir eine architektonische Schatzkammer des Neuen Bauens der 1930er Jahre – oft Entwürfe von aus Deutschland und anderen europäischen Ländern geflohenen oder emigrierten Architekten

Auch diese außergewöhnlichen Gebäude sind  gezeichnet vom Leben, dem Klima, der Vernachlässigung.

So stehen sie jetzt da, wie früher einmal berühmte, doch heute vergessene Filmstars. Durch Irmel Kamps fotografische Kunst können wir hinter den bröckelnden, rissigen Fassaden immer noch ihre Magie und Schönheit spüren, ihre Würde und die gewisse exzentrische Arroganz, so als wüssten die Häuser um ihre Einmaligkeit. Einsame Straßen, weggeworfene Papiertüten, kreuz- und quer gespannte Stromleitungen und viele andere Details verleiten zum intensiven Betrachten und betonen gleichzeitig die Atmosphäre des Verlorenen.

Die Fotoserie “BRÜSSEL” entstand 1996/97. Irmel Kamp interessierte sich bei dieser fotografischen Entdeckungsreise vor allem für  die unbekannten, aber originellen belgischen Architekten aus den 1930er Jahren. Besonders gereizt hat sie sicher deren unkonventioneller Umgang mit Vorgaben, die Vermischung von Baustilen und die dadurch entstehenden stilistischen Besonderheiten oder auch die Schrullen, wie der Dampfer-Symbolik der Villa Berteaux oder das Maison Huis mit seiner wilden Fassade – von der rheinischen Fotografin auch “datt bekloppte Haus” genannt.

Für “MODERNE IN EUROPA”  reiste die fotografische Langstreckenläuferin Irmel Kamp zwischen 1998 und 2006 unter anderem nach Brno (Brünn), Wroclaw (Breslau), Dessau, Florenz, Rotterdam und noch viele andere Orte, die in den 1920er und 1930er Jahren den Aufbruch eben nicht nur West-Europas in die architektonische Moderne bedeuteten.

Auch diese, heute teilweise ikonischen Gebäude,  fotografiert sie in ihrem, auf den ersten Blick einfachen, erzählerischen Stil.

links Irmel Kamp – rechts die Direktorin des Museums, Barbara Hofmann-Johnson

Ob Besucher*innen dessen optische Komplexität  entdecken wollen oder sich auf architekturhistorische Finessen einlassen möchten oder sich einfach nur die spannenden architektonischen Fotos aus längst vergangenen Zeiten anschauen wollen  –  alles ist möglich und macht Spaß in dieser Ausstellung der rheinischen Weltfotografin Irmel Kamp.

© Irmel Kamp, Courtesy Galerie Thomas Fischer,
© Irmel Kamp, Courtesy Galerie Thomas Fischer,

Das umfangreich gestaltete Veranstaltungsprogramm zur Ausstellung bietet u.a. Führungen, Vorträge, Kids-Workshops, “Happy Thursdays”. Weitere Informationen, auch zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen findet man auf der Website des Photographischen Museums Braunschweig. http://www.photomuseum.de

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