Horst Teltschik zu INF-Vertrag: CDU-Außenexperte warnt vor atomaren Gefechtswaffen

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Nach dem Aus des INF-Vertrags sei die Entwicklung nuklearer Gefechtswaffen zu befürchten, sagte Horst Teltschik (CDU), ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, im Dlf. Solche Waffen wären einfacher einzusetzen. Wichtig sei nun, im Gespräch zu bleiben – und vorhandene Foren zu nutzen.

Horst Teltschik im Gespräch mit Jürgen Zurheide

Jürgen Zurheide: Es gibt eine Zuspitzung an Konflikten, die Eskalation überall: Der INF-Vertrag ist passé, er ist Geschichte, wie die Kollegen der „Süddeutschen Zeitung“ gerade geschrieben haben, es gibt immer mehr Nachrichten aus der Welt der nuklearen Unvernunft. Zuspitzung überall, INF-Vertrag weg, das ist das eine – und die Straße von Hormus muss ich in diesem Zusammenhang nicht erwähnen. Die Atomwaffenangst ist zurück.

Über all das wollen wir reden mit Horst Teltschik, einem, der mitgeholfen hat, dass es auch anders gehen kann in einer anderen Zeit der Geschichte. Guten Morgen Herr Teltschik!

Horst Teltschik: Guten Morgen!

Zurheide: Fangen wir doch mal damit an: Herr Gorbatschow hat gesagt, es steht ein neues Wettrüsten bevor. Ist das aus Ihrer Sicht zu alarmistisch oder sagen Sie, ja, die Gefahr droht?

Teltschik: Ja, leider hat Michael Gorbatschow recht, denn es geht ja nicht nur um den INF-Vertrag, sondern 2021 steht die Verlängerung des START-Abkommens über die strategischen Nuklearsysteme an, und die Frage ist, wie werden dann die beiden Weltmächte USA und Russland reagieren.

Dann hat unser Außenminister ja zurecht darauf hingewiesen, wir haben den Begriff des Cyberwars, also neue Gefährdungen. Dann haben USA, Russland und auch dritte Spieler – jetzt China – Weltraumwaffen angekündigt. Dann geht es um den Einsatz von Drohnen als Kampfmittel.

Wir haben eine breite Palette von Themen, von bisherigen Waffensystemen und neuen Waffensystemen, wir haben aber keine Struktur, die in der Lage ist, im Augenblick diesen ganzen Komplex zu verhandeln.

„Wir haben eine Fülle von Themen auf der Agenda“

Zurheide: Wir kommen gleich noch mal darauf, wie das vielleicht aussehen könnte. Ich habe hier eine Meldung gefunden, demnach haben die Amerikaner alleine in den drei Monaten nach der Aufkündigung des INF-Vertrags neue Raketen im Wert von einer Milliarde Dollar bestellt. Das zeigt, wohin die Reise geht oder?

Teltschik: Ja, die Frage ist natürlich, welche Art von Raketen sind das. Meine größte Besorgnis wäre, wenn jetzt die Großmächte in der Tat anfangen, Nuklearsysteme als Gefechtsfeldwaffen zu entwickeln, mit geringerer Sprengkraft, und damit solche Systeme einsatzfähiger werden. Solche Überlegungen gibt es ja auch, gerade auch auf amerikanischer Seite, aber auch auf russischer Seite.

Und das ist ja das Problem, wir haben eine Fülle von Themen auf der Agenda, ich meine, Gorbatschow, den Sie eingangs erwähnt haben, und Reagan, der ursprünglich mal als kalter Krieger galt, beide haben sogar von der Vision einer nuklearfreien Welt gesprochen. Heute sind wir an dem Punkt angekommen, wo genau das Gegenteil diskutiert wird – mit zusätzlichen Spielern.

China ist dazugekommen, potentiell der Iran, Nordkorea, das heißt, die Situation wird immer unübersichtlicher und komplexer, und die Instrumente, die wir haben, werden nur begrenzt, wenn überhaupt, genutzt.

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