Fritz Bauer-Ehrungen: Ausstellung eröffnet

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Stele in der Ausstellung

Der Schwurgerichtssaal war zur Eröffnung der Ausstellung zu Fritz Bauer und den Remer-Prozess mehr als voll. Der für etwa 80 Personen vorgesehene Saal war mit knapp 300 Gästen und Zuhörern besetzt.

Generalstaatsanwalt Norbert Wolf begrüßte die zahlreichen eingeladenen Gäste aus der Kommune und dem Land Niedersachsen, und hier insbesondere Justizminister Busemann, den Schirmherr der Ausstellung. Er begrüßte und dankte den vielen, die an der Dokumentation zu Fritz Bauer mitgewirkt haben und auch Angehörige aus dem NS-Widerstand. Er sprach von dem „phänomenalen Andrang“ und begrüßte besonders die anwesenden Schüler von der Otto-Bennemann-Schule.

Jede Ausstellung braucht Wegbereiter. Wichtige Wegbereiterin war sicherlich der Film „Fritz Bauer- Tod auf Raten“ von der anwesenden Ilona Zioks  (siehe auch den lesenswerten Beitrag in der Baunschweiger Zeitung von Ann-Claire Richter). Ferner Irmtrud Wojak mit der Fritz Bauer-Biografie, die leider nicht erwähnt wurde.

Im Laufe der Begrüßungsrede kam zunächst der Eindruck auf, dass mit die wichtigsten Personen der Wegbereitung für diese Ehrung vergessen werden – die Bürger unserer Stadt. Aber nein – Herr Noske von der Braunschweiger Zeitung wurde von Herrn Wolf besonders erwähnt – und das mit Recht. Denn er schrieb schon vor Jahren über das Wirken von Fritz Bauer in seinem Blog. Ohnehin waren es Bürger der Stadt, die Fritz Bauer aus der geschichtlichen Versenkung geholt haben und ihn besonders geehrt haben wollten. So wurde zu Recht der Fritz Bauer-Arbeitskreis in Braunschweig erwähnt, den Udo Dittmann leitet.

Der Stolz der Staatsanwaltschaft, so Herr Wolf, wird zukünftig der Fritz-Bauer-Platz sein, der am 11. September vor der Staatanwaltschaft eingeweiht werden wird.

Abschließen ging Herr Wolf auf den Remer-Prozess ein und hob seine besondere Bedeutung für die Nachkriegs-Justizgeschichte hervor.

Der Minister Busemann freute sich über die Anwesenheit der Schüler und schilderte den Lebensweg von Fritz Bauer. Er mahnte zu Rückgrat, Toleranz, Solidarität und Zivilcourage, die unsere Gesellschaft brauche. Er erinnerte an die Auschwitz-Prozesse, die Bauer in Frankfurt vorbeitete und an die Versäumnisse der Nachkriegszeit. Vier mal betonte er, dass sich die deutsche Nachkriegsjustiz „nicht mit Ruhm bekleckerte“.

Kommentar: Mit Verlaub Herr Minister, es geht in der Frage des Verhaltens der deutschen Nachkriegsjustiz nicht darum, ob sie sich mit Ruhm bekleckerte. Und um Ruhm geht es schon gar nicht! Es geht bei der historischen und juristischen Aufarbeitung der Verbrechen von Nazi-Juristen um ein skandalöses Versagen des damaligen Justizwesens und der Adenauer- Politik. Nicht ein hoher Jurist, der Terrorurteile in der NS-Zeit ausgesprochen hat, wurde verurteilt. Siehe: http://kramerwf.de/282.0.html.

Nicht ohne Grund hat der nun geehrte Fritz Bauer seinerzeit nicht die vorgesetzten Behörden vom Aufenthaltsort von Adolf Eichmann informiert, sondern direkt den israelischen Geheimdienst Mossad. Das deutsche Justizwesen war in der aufstrebenden Bundesrepublick vielfach mit einflussreichen NS-Juristen durchsetzt. Hier wäre die von Ihnen eingeforderte Zivilcourage (siehe oben) erforderlich gewesen.

Erinnert sei hier auch an einen bis heute schwebenden unglaublichen Justiz-Skandal: Die Konferenz in Berlin im Haus der Flieger am 23. und 24. April 1941, in der über die Vernichtung von Behinderten durch Gas in der Aktion T4 berichtet wurde. Die Teilnehmer der Konferenz, alle Gerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälte der NS-Zeit erklärten dabei ihr Einverständnis, Stillschweigen über diese Mordtaten zu wahren. Etwa 70 000 Morde wurden mit Hilfe der höchsten Gerichte verschleiert. Fritz Bauer war mit diesem Fall direkt befasst und führte die Ermittlungen. Die Anklage lautete „Beihilfe zum Massenmord“. Nach dem Tod von Fritz Bauer ist das Verfahren vom Nachfolger Horst Gauf am 31.03.1970 klammheimlich (keine Pressemitteilung)  eingestellt worden (Helmut Kramer, 1996: Gerichtstag halten über uns selbst. Das Verfahren Fritz Bauers zur Beurteilung der Justiz am Anstaltsmord. In:  Loewy und Winter (Hg.)“NS-„Euthanasie“ vor Gericht“ Campus-Verlag). Diese Mordtaten der höchsten NS-Justizbeamten Herr Busemann gilt es noch mit dem von anderen eingeforderten Rückgrat aufzuarbeiten! Kommentar Ende

Minister Busemann ging auch auf die Neonazi-Probleme ein. Besonders deutlich wurde er hinsichtlich der Frauen in der Neo-Nazi-Szene. Der Landespräventionsrat sei in der Sache aktiv. Auch aus diesem Grunde begrüßte der Minister die Ausstellung, die er abschließend eröffnete.

Anschließen dankte die Bürgermeisterin Friederike Harlfinger allen und überbrachte die Grüße des Oberbürgermeisters und des Rates. Sie freute sich, dass die Stadt mit ihren traditionsreichen Justizeinrichtungen von diesen als Oberzentrum profitiere. Sie gäben der Stadt Identität. Von Braunschweig aus würde die Ausstellung anschließend in ganz Deutschland gezeigt werden.

In dem Beitrag von Herrn Biegel wurde wieder gedankt: der Kuratorin Frau Fröhlich, der Stadt Braunschweig und der Stiftung für Braunschweigischen Kulturbesitz für die Finanzierung. Fritz Bauer wurde gewürdigt. Als unbeugsamer und unbequemer Jurist, der international auch durch den Remer Prozess beachtet wurde. Durchaus gab es Juristen, die ihm misstrauten. Der Remer- Prozess hatte historische Bedeutung. Er verwies auf die Justitia und bat darum, diese an der Nordwand tiefer zu hängen, damit sie im Stadtbild mehr auffalle.

Der Präsident des Landgerichts Wolfgang Scheibel war fast der letzte Redner. Er erinnerte noch einmal an die üble Vegangenheit Braunschweigs in der Nazi-Zeit. Die Richterschaft verneige sich vor den Entscheidungen von Fritz Bauer.

Herr Scheibel war aber nur fast der letzte Redner, denn es kam noch eine Überraschung. Gerd Zietlow vom Predigerseminar hielt in den entscheidenden Auszügen das Plädoyer (später im B-S), das Fritz Bauer mit Pathos im Remer-Prozess gehalten hat. Es war ein würdiger Abschluss der Veranstaltung.

Frau Ausmeier (1.Folge B-S) war mit ihrem Mann mit Fritz Bauer eng befreundet. Hier im fröhlichen Gespräch mit dem früheren Oberbürgermeister Werner Steffens.


Helmut Kramer, Richter a.D. am Oberlandesgericht und Rechtshistoriker, der die Justizgeschichte im Sinne von Fritz Bauer die NS-Vergangenheit und die Nachkriegszeit konsequent aufarbeitet. Daneben seine Frau, die Rechtsanwältin Barbara Kramer.

2010 erhielt Helmut Kramer den Fritz-Bauer-Preis von der Humanistischen Union.

Siehe auch Braunschweig-Spiegel

Info-Stele in der Ausstellung

Audio-Info-Stele in der Ausstellung

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