Ein kleines Mädchen aus Braunschweig im Schloß von Schwerin

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In insgesamt 800 Stunden, von denen 385 Stunden Vorarbeit waren, entstand am Gotenweg das kleine „Wintermädchen“. Kleine-Tebbe mit seinem Wintermädchen. Foto: Dr. J. Temming

Schwerin, unsere kleinste Landeshauptstadt, ist gleichzeitig älteste Stadt von Mecklenburg-Vorpommern. Heinrich der Löwe machte es möglich, denn er verlieh 1164 die Stadtrechte an Schwerin, welches bis dahin noch Wendenburg hieß. Hier ist der Krieg vorbeigegangen, es fiel nach Aussagen keine einzige Bombe, und so ist eine schöne alte Stadt mit abwechslungsreicher Architektur erhalten geblieben.

Staatliches Museum Schwerin am Schweriner See. Mit Schweriner Schloß, Staatstheater, Staatskanzlei und dem Alten Palais einer der komplett erhaltenen Plätze in Deutschland. Foto: Marlis Zoschke
Stadtansicht vom Pfaffenteich. Foto: Marlis Zoschke

Schwerin nennt sich selbst eine charmante Stadt, und bei dieser schönen Umgebung und einem Märchenschloß ist das nicht übertrieben. Bis 1918 war hier die Hauptresidenz der mecklenburgischen Herzöge und Großherzöge. Das hat wohl auch dazu beigetragen, dass es so viele Kunstschätze im Schloß gibt. Der größte Teil ist ein Museum.

Das Märchenschloß, oft auch Cinderella-Schloß genannt, befindet sich auf einer ufernahen Insel im Schweriner See und wurde 1843/1857 erbaut. Foto: Marlis Zoschke

Aber auch das Landesparlament hat seinen Sitz im Schloß und deshalb ist nicht jeder Bereich für Besucher zugänglich.

Vor dem Teepavillion, der mit zum Sicherheitsbereich gehört, gibt es ein Skulpturenprojekt „Jahreszeitenkinder“, aus der Rokokozeit, die alle rekonstruiert werden mußten. Drei der Figuren waren noch in traurigem Zustand vorhanden, während das „Wintermädchen“ verschwunden war.

Die Bauhütte Quedlinburg wurde mit der Neufertigung beauftragt, und für die Rekonstruktion und anschließender Steinausführung für das Wintermädchen, wählte die Bauhütte den braunschweiger Bildhauer, Magnus Kleine-Tebbe, als künstlerischen Partner.

Magnus Kleine-Tebbe im Atelier bei der Arbeit mit einer „Heilig-Geist-Taube“ aus Gips. Foto: Dr. J. Temming

Die Werkstatt des Künstlers, Kleine-Tebbe, befindet sich am Gotenweg in Braunschweig und jeder, der dort vorbeigeht denkt, es handelt sich um einen Lagerplatz einer Baufirma. Doch auf diesem „Lagerplatz“ wird schwer gearbeitet. Viele Kunstwerke sind hier schon entstanden, u.a. die vier Soli anläßlich 500 Jahre Reformation, die ein Geschenk der Stiftung Prüsse an die Landeskirche waren und aus verschiedenen Materialien gefertigt wurden.

Bildhauerwerkstatt am Gotenweg in Braunschweig. Foto: Marlis Zoschke

Für die Jahreszeitenkinder entschied man sich für den Cottaer Sandstein aus dem Elbraum, östlich von Dresden. Aus Ton wurden dann Vormodelle 1:3 und 1:5 geformt für die Abstimmung mit der Denkmalpflege in Schwerin. Das Modell 1:1 war erforderlich, um Proportionen und Formverläufe mit den anderen Jahreszeitenfiguren, die von anderen Künstlern erstellt wurden, zu realisieren. Dabei war es gar nicht so einfach ein Kleinkind herzustellen, welches sich wesentlich, gerade an den Gliedmaßen, vom Erwachsenen unterscheidet.

Links das beige getönte Gipsmodell mit einer Punktmessvorrichtung, rechts der roh mit dem Zahneisen bearbeitete Sandstein. Foto: Dr. J. Temming

Als alle Vorarbeiten abgeschlossen waren, konnte Kleine-Tebbe mit der Hauptarbeit beginnen. Am 2. September war es dann so weit. Im Beisein eines Fernsehteams und der Transportfirma übergab Magnus Kleine-Tebbe das Wintermädchen, damit es an seinen Bestimmungsort gebracht werden konnte.

Leider wird es nicht vielen Besuchern des Schlosses gelingen, die in Braunschweig hergestellte Skulptur, zu sehen. Der Teepavillion wird wohl immer zum Sicherheitsbereich des Landtages gehören, aber er hat seine Jahreszeitenkinder zurück. Die alten 3 Figuren von 1742 dürfen nicht mehr der Witterung ausgesetzt werden. Sie befinden sich nun im Schloßmuseum.

Die Kleine ist von allen Seiten schön. Foto: Marlis Zoschke

Doch irgendwann soll der Pavillion auch mal für besondere Feiern, z. B. Hochzeiten, zu mieten sein.

Die Jahreszeitenkinder sind zurück, rechts das Wintermädchen. Foto: Dr. J. Temming

Wann, das steht wohl noch in den Sternen, doch eine Reise in diese schöne Stadt lohnt sich immer.

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