Wege zu einer Kultur des Friedens: Menschenrechte im Iran

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In unserer Vortragsreihe begrüßten wir den iranischen Menschenrechtsaktivisten Abbas Safai. Er erhielt 1985 politisches Asyl, als es ihm gelang, aus einem iranischen Gefängnis zu fliehen. Seitdem ist es ihm ein großes Anliegen sich für Unschuldige einzusetzen und sie nicht in Vergessenheit geraten zulassen. Er selbst studierte im Iran VWL und später in Deutschland BWL. Verheiratet ist er mit einer Deutschen, mit der er zusammen einen Sohn hat.

In seiner Jugend regierte der Schah. Ein diktatorisches System, gegen das viele auf die Straße gingen. Schon damals war es ein gängiges Mittel, alle DissidentInnen in Gefängnisse zu sperren oder hinrichten zu lassen.
Der Machtwechsel im Iran folgte auf einen Regierungswechsel in den USA, als der Demokrat Jimmy Carter in Weiße Haus einzog und sich u.a. für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzte.
Einen wirklichen Gewinn brachte das dem iranischen Volk nicht. Die Wahl zum Machtwechsel war eine Farce. Zwar wurden Menschenrechte versprochen, aber nicht eingehalten. Denn nach dem Schah bekamen Chomeini als oberster geistlicher Führer und die Mullahs als politische Führer die Macht. Und bereits eine Woche nach der Wahl wurde das Gesetz zur Zwangsverschleierung verabschiedet. Für die USA bedeutete der religiöse Iran einen Puffer zur kommunistischen Sowjetunion, für die iranische Bevölkerung totale Unterdrückung.

Aus der Enttäuschung über die sich entwickelnden Umstände keimten neue Protestaktionen. Die neue Regierung reagierte mit der Schließung der Universität und der Verfolgung von Studenten und anderen DissidentInnen. Zur Verfolgung gab es eine Exekutive: die Revolutionswächter. Es kam zu Zwangshinrichtungen in der gesamten Bevölkerung, auch Kinder waren betroffen. Wer nicht erschossen wurde, kam ins Gefängnis. Von Herrn Safai waren 5 seiner 6 Geschwister inhaftiert worden. Seine Schwester wurde mit 13 Jahren zum Tod verurteilt, da sie in der Schule „Es lebe der Frieden, es lebe die Freiheit“ an die Tafel geschrieben hatte. Die Strafe wurde auf 6 Jahre Haft herabgesenkt und schließlich nach 4 Jahren beendet, weil die Wärter nicht wollten, dass sie im Gefängnis stirbt.

Das Wort Gefängnis ist dabei in einem sehr beschönigendem Sinne zu gebrauchen, denn solche Bedingungen sind uns allenfalls noch aus dem faschistischen Hitlerdeutschland in schlechtester Erinnerung. Herr Safai schilderte uns eine Zelle von 40 m², in der 80 Gefangene Platz finden mussten. Sie bildeten 3 Gruppen, um das Zusammenleben möglich zu machen. Wegen des Platzmangels musste eine Gruppe stehen, während die andere Gruppe saß und die dritte Gruppe schlafen konnte. Für alle Gefangenen gab es nur eine Toilette und eine Dusche, die kaltes Wasser führte. Jeder durfte maximal nur 3x am Tag für 3 Minuten auf die Toilette. Da es vermehrt zu Krankheiten kam, musste die Notdurft dann letztendlich auch inmitten der Mitinsassen verrichtet werden. Es wurden unmenschliche Situationen geschaffen, um den Widerstand zu brechen. Die Zusammenpferchung und unhygienischen Zustände wurden dadurch verschärft, dass sich drei Menschen einen Teller Reis, vermengt mit Joghurt, am Tag teilen mussten. Immer wieder kam es zu Hinrichtungen, auch von mitinhaftierten Kindern. Der wohl größte Wahnwitz dieser Schreckensideologie ist, dass die Mädchen und Frauen vor der Hinrichtung vergewaltigt werden mussten, damit ihnen die Chance genommen wird, „ins Paradies zu kommen“.
Es gibt zwar Gerichtsverfahren, diese sind aber weder fair noch gerecht und gehen nicht davon aus, dass der Angeklagte unschuldig sei, bis seine Schuld erwiesen ist. Der Angeklagte hat kein Recht zur Verteidigung. Der Richter ist ein eingesetzter Mullah. Die einzige Chance, so Herr Safai, sei es Ja zu allem zu sagen und zu hoffen, eine mildere Strafe zu erhalten. Dabei geht es den Mullahs nicht um eine gerechte Strafe. Sie richten unter dem Motto „Seid ihr schuldig, geht ihr in die Hölle, seid ihr es nicht, kommt ihr ins Paradies.“ In dieser Ideologie wird es nahezu unmöglich, den Wert eines Menschenlebens zu verdeutlichen.

Andersdenkende passten nicht in das Regime des Chomeini. Als geistliches Oberhaupt bleibt er der unangefochtene Machtträger und besitzt dort eine All-macht, mit der es Staats- und Militäroberhäupter be- und entmachten kann. Seine Pläne verfasste Chomeini bereits in einem Buch über die Gründung eines Kalifenstaates.
Für dessen Durchsetzung wurden die Religionswächter instrumentalisiert. Diese rekrutieren sich durch ein gutes Gehalt und soziale Vorteile wie den Anspruch auf einen Universitätsplatz ohne Aufnahmeprüfung. Sie sorgen gewaltsam für die Durchsetzung der Gesetze und für die Unterdrückung von Revolutions-bewegungen. Allein in der Heimatstadt Safais kam gab es über 1500 Hinrichtungen und mehr als 6000 kamen in politische Gefangenschaft. Wie unmenschlich die Gesetze sind, wird erst recht im Umgang mit den Toten deutlich. Es war untersagt, wenn jemand der Revolution bezichtigt wurde, die Leiche auf einem öffentlichen Friedhof zu beerdigen. Falls die Revolutionswächter davon erfuhren, wurde die Leiche exhumiert.
Von einem äußert morbiden Erlebnis berichtete Herr Safai. Die Religionswächter, die zuvor einen Leichnam seiner letzten Ruhestätte entnahmen, stellten die menschlichen Überreste auf dem Marktplatz zur Schau und tanzten vor diesem. Den Hinterbliebenen bleibt also nichts anderes übrig, außer ihre Angehörigen in anliegenden Wäldern zu beerdigen und Totenwache zu halten. Falls sie dazu in der Lage sind.
Aber nicht nur Andersdenkende mit politischem Hintergrund werden verfolgt. Auch religiöse Minderheiten werden verfolgt und hingerichtet. Eine Tragödie, die bis heute Bestand hat. Im Iran leben ca. 300.000 Bahai’s, die auf Grund ihres Glaubens täglich um ihr Leben fürchten müssen.

Das fundamentalistische Regime nutzt den inneren wie äußeren Terror als politisches Mittel. Um von eigenen Missständen abzulenken, werden die Hisbollah im Libanon und die Hamas in Palästina unterstützt. Auch den Einsatz von Atomenergie im Iran sieht Herr Safai kritisch. Topografisch gesehen liegt der Iran ideal für die Nutzung alternativer Energien wie Solar- und Windenergie. Die Beweggründe für die atomare Energie sind daher wohl militärstrategischer Natur. Mit der Atombombe zählt sich der Iran aus eigener Sicht zu den Herrenstaaten.

Sollte der Iran bombardiert werden? Zu großer Erleichterung war die Antwort eine klare Verneinung. Herr Safai ist, wie die Mehrheit von uns, der Überzeugung, dass kriegerische Handlungen keine Demokratie heraufbeschwören können, sondern derartige Regime dadurch noch gestärkt werden. Die Hoffnung liegt im iranischen Volk. Mehr als 70 % der Bevölkerung sind unter 30 Jahren.
Es fällt dem Regime schwer, das junge Volk zu unterjochen und die Revolution aufzuhalten. Herr Safai ist überzeugt, dass alle nötigen Weichenstellungen hin zu einer Demokratie bereits in der Bevölkerung verankert sind. Daher ist es absolut abwegig, ein Land mit Krieg in Schutt und Asche zu legen. Umso wichtiger ist es aber, der Bevölkerung zu zeigen, dass sie und ihre Schicksale in der Welt gehört werden und im besten Fall Unterstützung von uns erhalten.
Mögliche Eingriffe wie ein Handelsembargo oder der Boykott gewisser Güter wurden an dem Abend diskutiert. Wichtig ist, dass die Bevölkerung davon nicht betroffen ist. Ein Boykott alltäglicher Gebrauchsgüter würde sich eher negativ auf die Bevölkerung als auf die Regierung auswirken. Aber was können wir dann tun?
Vielleicht ein Wink mit dem Olivenzweig in Richtung Jürgen Grässlin, der mit seinen Projekten diesbezüglich auf dem richtigen Weg ist. Es sind Global Player (multinationale Konzerne), welche die Möglichkeit haben Menschenrechte zu untergraben, indem sie in Konfliktländer Waffen liefern. Oder die E-Mail-Plattform Yahoo, die E-Mail Adressen und Sendungen von Oppositionellen an die iranische Regierung verkauft hat.

Die Losung des Abends lautete, dass das iranische Volk mit der friedlichen Unterstützung aus der gesamten Welt in eine Zeit der Demokratie schreiten kann. Junge Menschen gehen dort trotz langjähriger Verfolgung auf die Straße und verwenden islamische Parolen gegen das eigene Regime. Es bleibt zu hoffen, dass die Anstrengungen für Meinungs- und Religionsfreiheit, für eine Presse ohne Zensur, für die Würde eines jeden Lebens und für eine Trennung von Staat und Religion keine Utopie bleiben. Da diese Werte für jeden Menschen von großer Bedeutung sind, ist es selbstverständlich, diese Menschen nicht hinter einem Schleier alleinzulassen, sondern dass wir ihnen helfen.

In der Hoffnung, dass wir die Sympathie, die Herr Safai uns gegenüber zeigte, auch dem iranischen Volk wiedergeben können, möchte ich an dieser Stelle noch auf den Aktionstag von Amnesty International am 12. Juni verweisen. (Jahrestag der umstrittenen Wahlen im Iran).

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