Zum Kommentar von Armin Maus: „Energiewende im Leerlauf“ in der BZ vom 10.3.2012

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Sehr geehrter Herr Maus,

so sehr Ihnen in weiten Bereichen Ihres Kommentars zuzustimmen ist, so zeigen andere Passagen leider eine tiefe Unkenntnis wesentlicher Zusammenhänge aktueller Energiepolitik.

Fotovoltaikdach auf der Grundschule in Brunsbüttel

So ist die Behauptung, die CDU/FDP Regierung hätte einen exotischen Schritt getan, um gegen die Weltgemeinschaft den Ausstieg aus der Atomenergie zu vollziehen. Sie hat lediglich ihre gegen massiven Widerstand der Bevölkerung wenige Monate zuvor getroffenen Fehlentscheidung, den Ausstieg aus dem „rot-grünen“ Ausstieg, wieder korrigiert – und sich damit in die Mehrzahl der nicht-atomenergie-nutzenden oder eben aussteigenden Staaten wieder eingereiht.

Ebenfalls nicht unwidersprochen bleiben darf die Behauptung, dass die großen Stromtrassen aufgrund der „norddeutschen Windkraft“ erforderlich sind. Nein, das Gros des Netzausbaus ist nur dann erforderlich, wenn man politisch sowohl die jetzt schon vorhandenen Windkraft will und zusätzlich noch massiv die Offshore Windkraft. Zusätzlich noch die vielen im Norden neu geplanten und die schon bestehenden Kohlekraftwerke und die alten Atomkraftwerke betreiben will – und möglichst auch noch die zentral in Norwegischen Fjorden Speicherkraftwerke errichten und aus Afrika Solarstrom exportieren will. Bei einer Verstärkung der dezentralen Energieerzeugung – und das ist PV-Strom (PhotoVoltaik = Solarenergie) und Windkraft, und beides schwerpunktmäßig im Süden der Republik – würden ein Großteil der Netzausbaukosten vermieden werden. Neben der zentralen Speicherung könnten viele schon jetzt mögliche und technisch verfügbare dezentrale Speicher das Speicherproblem entschärfen helfen.

Und hier kommen wir dann zum wirklichen Klopfer des Kommentars, der „Kleinigkeit“ des Rückbau der Solarstrom-Subventionen“. „Dabei wissen alle, dass die Förderung des Solarstroms unbezahlbar zu werden droht…“. Ich weiß es nicht. Ich weiß allerdings, dass die strompreisdämpfende Funktion der zusätzlichen Solarstrommengen im letzten Jahr die Börsenpreise haben stärker sinken lassen als die zusätzliche EEG-Vergütung für PV. Und ich weiß, dass die letzte Erhöhung der EEG-Umlage für die BürgerInnen daher rührt, dass die Regierung die stromintensiven Betriebe verstärkt von genau dieser Umlage befreit hat.

Ich weiß auch, dass bei den Preissenkungen der letzten drei Jahre ( – 60 %) PV-Strom beim Endkunden schon heute billiger ist als EVU-Strom, und dass bei weiteren jährlichen angekündigten Preissenkungen von 20 … 30% schon in wenigen Jahren der PV-Strom einer der preiswertesten Stromarten sein wird – insbesondere wenn die externen, der Gemeinschaft aufgebürdeten Kosten der anderen Stromerzeugungsarten (siehe z.B. Fukushima oder Asse) berücksichtigt werden.

Ich weiß, dass der Photovoltaik-Zubau in den beiden letzten Jahren jeweils die Strommenge eines AKW´s ersetzt hat – oder etwa 1% des deutschen Stromverbrauchs, und dass es Flächen in der Bundesrepublik gibt, um etwa weitere 20% unseres Stromverbrauchs fast ohne ökologische Beeinträchtigungen und vielen weiten Vorteilen, höchst dezentral, zu erzeugen. All dies, und auch die 100.000 Arbeitsplätze, die an der PV-Industrie hängen, sind keine Kleinigkeit, Herr Maus. All dies, inkl. der zukünftigen Senkung der EEG-Umlage durch einen weiteren Zubau des „Sonnenstroms“, wird natürlich abrupt vernichtet, wenn die Politik der Branche INNERHALB VON VIER MONATEN eine Preissenkung von fast 50% verordnet. Nicht vergessen: die letzte Reduktion der Vergütung um 15% erfolgte zum 1.1.2012, seitdem wurde allein wetterbedingt kaum eine Anlage installiert. Die nächste Preissenkung um weitere 15% war schon für den Juli angekündigt. Hier wird eine Branche kaputtgemacht. Warum? Ganz einfach: In 10 Jahren würde, bei einem weiteren Ausbau der Photovoltaik und der süddeutschen Windkraft, der Bedarf an AKW´s vollständig gedeckt, die ersten Kohlekraftwerke überflüssig. Insbesondere die neu geplanten Kohlekraftwerke im Norden würden schlicht nicht mehr gebraucht – und somit auch der große Netzausbau der Nord-Süd-Trassen. Und genau deswegen versucht diese Regierung alles, um die dezentralen Energien kleinzuhalten ( auch die Onshore-Windstromvergütung wurde gegenüber der Offshore-Vergütung deutlich gesenkt) und so den großen Konzernen die Zeit zu verschaffen, die diese brauchen, um Ihre Vorstellungen einer „Zentralen Energiewende“ durchzusetzten. Und zwar. weil die großen Konzerne die letzten 10, 15 Jahre Entwicklung auf dem Energiesektor einfach verschlafen haben. Darum, um nichts anderes, geht es bei dieser Kürzung der Solarförderung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Röver, Energieberater TGA

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