Wenn die Untoten reden, werden wir auf dem Friedhof die Wahrheit ausgraben. Teil 4

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Zum Abriss des originalen Welfenschlosses

Braunschweig war nach dem großen Bombenangriff am 14. Oktober 1945 eigentlich gestorben. Übrig blieb eine doch recht imposante Kriegsruine mitten in der Stadt – das Welfenschloss.  Es war zwar stark beschädigt, aber durchaus reparabel.

Im Rat der Stadt wurde lange diskutiert, was mit der Schlossruine werden sollte. Bedarf bestand durchaus an Gebäuden für Kultur. Braunschweig brauchte eine Stadthalle, evtl. ein Kongresshotel, oder aber ein kleines Theater. Das „Kleines Haus“ bot nur provisorischen Platz für Schauspiele in der heutigen IGS am Franzschen Feld. Doch dann wurde über ein Gutachten festgestellt, daß die ganze Ruine in einem Zustand sei, daß ein Wiederaufbau nicht infrage kommt. Politisch hinzu kam sicherlich, dass die SPD das Schloss nicht wollte als Zeugnis von Feudalismus und Willkür und zudem war es auch noch eine SS-Junkerschule.

Mit einer Stimme Mehrheit fiel dann die Entscheidung: Abriß. Recht bald nach der Entscheidung  kam dann die Abrißbirne. Es war ein hartes Stück Arbeit, diese dicken Mauern zu Fall zu bringen. Ein Film davon gibt es im Museum, entweder im Landesmuseum oder vielleicht jetzt im Altstadtrathaus, immer mittwochs, (es werden Filme von Braunschweig gezeigt vor dem Krieg und während des Krieges).

Meiner Ansicht nach mußte sogar gesprengt werden. Es wäre durchaus möglich gewesen das Schloss wieder aufzubauen. Aber die allgemeine Wohnungsnot mit all den Flüchtlingen war politisch ausschlaggebend. Für die bedeutende Geschichte der Stadt mit dem Symbol für das alte Braunschweig war damals kein Sinn. Doch von Braunschweig hätte etwas Originales bleiben können.

Mit der Notwendigkeit des Schloss-Abrisses wurden die Bürger also das erste Mal belogen.

Danach entstand der erste Schloßpark. Doch auch der konnte es vielen Leuten nicht Recht machen. Hier trieben sich ja nur Fixer, Kokser und Gesindel rum, so die billigen Argumente der Schlossparkgegner und Wiederaufbaubefürworter. Viele trauerten immer noch dem Schloß nach, doch die schönen alten Bäume aus dem Original-Schlosspark waren geblieben und außerdem eine grüne Lunge inmitten der Stadt. Ein paar Jahre später gestaltete man den Schloßpark um. Das „Gesindel“ verzog sich weiter nach hinten, und es entstand eine kleine Allee vom Bohlweg bis zum Theater.

Leider war die Freude nur von kurzer Dauer, denn es wurden große Geschäfte gewittert und der Lokalpatriotismus der Braunschweiger ausgenutzt. Der Bau der Schloßfassade mit Parkhaus und Geschäften wurde beschlossen, mit einer Stimme Mehrheit. Verkauft wurde das der Bevölkerung aus dem Rathaus und von der Braunschweiger Zeitung als „Aufbau des Schlosses“, wobei der EX-OB Dr. Hoffmann recht hatte, wenn er meinte, dass ein normales Kaufhaus von den Bürgern nicht akteptiert worden wäre. Aber das Schloss….

Dann ging alles sehr schnell, die schönen alten Bäume wurden gefällt (siehe Teil 2) und in erstaunlich kurzer Zeit wurde der Bau hochgezogen. Es wurde auch eine Fliegerbombe gefunden. Viele Anwohner bis zur Gördelinger Straße mußten die Häuser verlassen. Auch die Geschäfte, Hotel und Gaststätten waren verwaist. Allerdings waren wohl die Wohnungsmieter im Welfenhof nicht so wichtig. Sie durften in ihren Wohnungen bleiben. Auf Anfrage wurde mitgeteilt: „Kann man denn im Welfenhof auch wohnen?  „Till Eulenspiegel hat wohl doch Spuren hinterlassen.

Und da steht nun unser „Residenzschloß“. Von Wiederaufbau kann aber nicht die Rede sein – allenfalls von der Fassade und die nur von drei Seiten. Das war Lüge Nummer 2. Und geht man durch den Portikus, der ja Original sein sollte, wie im Grunde alles im und am „Schloss“, fragt sich der neugierige Besucher, ob unser Herzog auch schon bei „Starbucks“ Kaffee trinken konnte.

Aus dem Umland finden die Besucher die Fassade traumhaft schön, sagt Herr Tangerding, der Centermanager. Erhebliche Anteile des Umsatzes seien der Fassade zu verdanken. Wurde sie vielleicht von den Steuergeldern der Innenststadtkaufleute bezahlt, die dadurch heute deutlich geringere Umsätze machen? Eine interessante Frage. Doch darüber später mehr.

Foto: Stadtarchiv

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