Warum Faktenchecker nicht einfach die Fakten checken und Wikipedia nicht nur Tatsachen zum Besten gibt

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Fakten? Foto:Pixabay

Medienkritik Faktenchecks sind eine Mode im Journalismus geworden. Eine Kritik tut dringend Not. Michael Andrick befasst sich im Freitag mit diesem Thema:

Aus Begebenheiten durch Beurteilung Fakten zu machen, ist immer zugleich Beanspruchung und Ausübung von Definitionsmacht. Deswegen ist der Journalismus ein Schlachtfeld der Machtpolitik: Journalisten und die Medien, in denen sie arbeiten, definieren durch ihre Themensetzung, welche Umstände, Gegenstände und Geschehnisse uns zur Betrachtung vorgelegt werden – und indem sie diese beurteilen, sagen sie uns auch noch, was die Fakten seien, das heißt, was die Umstände, Gegenstände und Geschehnisse uns bedeuten sollen.

Hört die Zweifrontenkritik am Material- und Urteilsanteil vorgetragener Fakten in einer Gesellschaft auf, so sind ihre Mitglieder den Urhebern einer Version der Wirklichkeit hilflos ausgeliefert. Denn wer es schafft, nicht bloß wie andere auch gewissenhaft erarbeitete Fakten zur Diskussion zu stellen, sondern „die Fakten“ festzulegen und ihre Befragung einzuschränken oder auszuschließen, der ist damit in seinem Land zumindest Oligarch, vielleicht gar Autokrat: Er hat die Definitionsmacht über die Wirklichkeit inne, die in einer offenen Gesellschaft auf viele Akteure verteilt und in einer geschlossenen Gesellschaft auf wenige Akteure konzentriert ist. …

„Faktenchecker“ prüfen Texte daraufhin, ob sie die bevorzugte Weltinterpretation ihrer Sponsoren stützen. Ihre Frage lautet: Ist der Gegenstand der Betrachtung vom Autor so konstituiert worden, wie meine Auftraggeber es sich wünschen? Genauer formuliert: Zieht der Autor die richtigen Umstände, Gegenstände und Geschehnisse in Betracht (und lässt er die richtigen außer Betracht)? Und beurteilt er diese dann auch richtig, in Übereinstimmung mit den Interessen meiner Auftraggeber? Wo ein Autor diese Kriterien nicht erfüllt, wird seine handwerkliche Sorgfalt und journalistische Seriosität angegriffen, was in regelrechte Rufmordkampagnen ausarten kann.

Legen Sie deshalb Zeitungen beiseite, die „Faktenchecker“ als respektable Quellen zitieren, so als seien sie unabhängig, oder die selbst eine solche Gesinnungsprüftruppe unterhalten; suchen Sie sich andere Webseiten und Radiosender als diejenigen, die sich „Faktenchecker“ als Manipulatoren des öffentlichen Diskurses halten – und erklären Sie bitte ihren Freunden, was ein „Faktenchecker“ eigentlich ist. (Quelle Freitag Michael Andrick)

Wikipedia und Fakten:

Wenn sie Wikipedia aufschlagen, um Naturwissenschaften oder Mathematik nachschlagen wollen, sind sie gut aufgestellt. Wenn sie aber Politik oder Geschichte nachschlagen wollen, so sind sie genauso auf die subjektiven Betrachtungsweise des über den Artikel hierarchisch bestimmenden Autors angewiesen, wie bei einem Journalisten. Bei dem Journalisten erwartet man das, bei Wikipedia nicht. Darüber hilft auch nicht die gelegentlich nur vorgespiegelte Objektivität bei Wikipedia hinweg.

Hier ein ganz einfaches Beispiel:

„Die Vereinigten Staaten sind ein industrialisierter Staat und ihre Wirtschaft ist die größte Volkswirtschaft der Welt mit einem Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 23,0 Billionen US-Dollar im Jahr 2021, was 24 % der nominellen bzw. 16 % der kaufkraftbereinigten globalen Wirtschaftsleistung entsprach.“ (aus „Vereinigte Staaten“ in Wikipedia 1.6.2022)

Wenn sie etwas genauer suchen, finden Sie auch in Wikipedia, das China nach Kaufkraft 2020 24,191 Billionen $ und die USA 20,893 Billionen $ hatte. (Wikipedia 1.6.2022)

Ist nun entscheidend, wie viel ein Land wirklich produziert oder wie die Währungsdaten an der Börse notiert werden? Wenn die Börsendaten das Entscheidende sind, sind die USA die größte Volkswirtschaft. Wenn die Produktion das Entscheidende ist, ist es China.

Das nominelle Bruttoinlandsprodukt Chinas betrugt übrigens 2020 14,732 Bio $, während die faktische Produktion 24,191 Billionen $ betrug.

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