Von Kriegsopfern erster und zweiter Klasse

0
Symbolbild Rassismus Grafik: Pixabay

Von Emran Feroz auf Übermedien

Seit mehreren Tagen dominiert die russische Invasion der Ukraine die Berichterstattung in aller Welt, und eine erstaunliche Zahl von Reportern, Analysten und anderweitigen Beobachtern des Krieges demonstriert offenkundigen Rassismus. Einer der ersten Journalisten, der damit auffiel, war Charlie D’Agata vom amerikanischen Sender CBS News. In einem Bericht aus Kiew meinte er, dass die Ukraine nicht mit dem Irak oder Afghanistan vergleichbar sei, weil es sich um ein „europäisches“ und „zivilisiertes“ Land handele.

Mittlerweile hat sich D’Agata für seine Formulierung entschuldigt, doch sie war kein Einzelfall und nur ein Vorzeichen für das, was noch kommen würde. In einem Interview mit der britischen BBC sagte der ukrainische Generalstaatsanwalt David Sakvarelidze, dass er in diesen Tagen besonders emotional sei, weil er sehe, wie „europäische Menschen mit blauen Augen und blonden Haaren“ täglich getötet werden. Dieser Satz, der in den Sozialen Medien für Entsetzen sorgte, wurde vom Interviewer in keiner Weise hinterfragt.

Stattdessen wurde der rassistische Berichterstattungsfeldzug anderswo erbarmungslos fortgesetzt. Korrespondentin Lucy Watson vom britischen ITV behauptete sichtlich aufgebracht, dass es sich bei der Ukraine „nicht um ein Dritte-Welt-Land handeln würde, sondern um Europa“. Deshalb sei der Krieg dort so viel schlimmer. Auch im britischen „Daily Telegraph“ hieß es, der Krieg in der Ukraine sei besonders schlimm, weil die Opfer „aussehen wie wir“. Andere Medien, darunter etwa französische oder sogar die englischsprachige Ausgabe des katarischen „Al Jazeera“, taten es ihnen gleich.

Meist wurde dasselbe impliziert: Die Geflüchteten aus der Ukraine seien im positiven Sinne „anders“. Sie seien hellhäutig oder weiß, christlich, „wie wir“ und deshalb „zivilisierter“ als jene, die in den vergangenen Jahren gen Europa gezogen sind, sprich, Menschen aus Afghanistan, Syrien oder Somalia.

Weiter auf Übermedien

Emran Feroz ist österreischischer Journalist und Autor mit afghanischen Wurzeln. Er arbeitet unter anderem für „Deutschlandfunk Kultur“, „Foreign Policy“, „taz“, Al Jazeera und die „New York Times“.

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.