Viktoria Luise war eine „fanatische Nazisse“

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Viktoria Luise in der Uniform der „Totenkopfhusaren“ des 2. Leib-Husaren-Regiments „Königin Viktoria von Preußen“ Nr. 2 aus Danzig, dessen Regimentschef sie ab 1909 war. Quelle: Wikipedia

Viktoria Luise, die Tochter des deutschen Kaisers Wilhelm II., heiratete 1913 den Welfen Ernst August und verbrachte einige Jahre als Herzogin in Braunschweig (nach der Absetzung des Herzog dann in Blankenburg und nach dem Weltkrieg wieder lange in Braunschweig). Dass das Paar alles andere als ehrwürdig war, ist denen, die es wissen wollen, schon sehr lange klar und muss hier nicht noch einmal ausführlich dargestellt werden. Letzte Zweifel daran wurden durch die Fernsehdokumentation „Adel ohne Skrupel – Die dunklen Geschäfte der Welfen“ ausgeräumt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung überschrieb ihren Bericht über den Film „Alter Adel, finstere Vergangenheit“. Gerd Biegel, Braunschweiger Experte für regionale Geschichte, kommentierte damals: “Vermutungen werden offenbar Gewissheit.“

Nun berichtet die Historikerin Karina Urbach über die amerikanische Journalistin Sigrid Schultz, die die dreißiger Jahre in Berlin verbracht hat, sich dort in den höchsten Nazikreisen bewegte und dabei auch Viktoria Luise kennenlernte. Schultz täuschte erfolgreich vor, Nazi-Freundin zu sein. Sie ging auf Nazi-Partys ein und aus, interviewte Hitler und war mit Göring „befreundet“. Bis 1941 blieb sie in Deutschland. Die Historikerin Urbach hat nun die Aufzeichnungen der stets außerordentlich gut informierten Schultz ausgewertet.

Das Bild, das sie von Viktoria Luise zeichnet, wird immer dunkler. Sie sei eine „fanatische Nazisse“ gewesen, sei auf öffentlichen Empfängen oft auf Hitler zugerannt, um seine Nähe zu suchen. Auf Parteitagen der NSDAP habe sie britische VIP – Personen betreut, ebenso bei der Olympiade 1936. Zusammen mit ihrem Mann habe sie die NSDAP finanziell unterstützt. Auch habe sie sich vom Außenminister Ribbentrop gern für Werbedinners der „Anglo-German Fellowship“ einsetzen lassen. Nicht zuletzt sei der Familienbesitz im österreichischen Gmünden vor der „Übernahme“ Österreichs 1938 für geheime Treffen von Nationalsozialisten zur Verfügung gestellt worden; Schultz spricht von einer „Brutstätte für Naziagenten“.

Vor diesem Hintergrund wirken die vor sieben Jahren unternommenen krampfhaften Bemühungen der Stadt (unter Führung des Oberbürgermeisters Hoffmann), anlässlich der Hochzeit im Jahre 1913 ein großes Event zu veranstalten, noch deplazierter. Die Braunschweiger Zeitung jubelte damals: „Der Adel kehrt zurück ins Schloss“ und freute sich dass „Viktoria Luises Nachfahren … mit Pomp und Prominenz“ gefeiert hätten. Ein gutes Jahr später titelte sie dann allerdings „Die skrupellosen Welfen“ (18. August 2014)

Lesen Sie zur Führerliebe der Nazissen den Essay von Karina Urbach: „Militarismus und echte Führerliebe„.

1 Kommentar

  1. Schon bemerkenswert, wie viele Jahre vergehen mussten, bis die Beteiligung des Braunschweigischen Herzogpaares am Hitler-Faschismus öffentlich zur Kenntnis genommen wird.

    Und hier die Anfrage der Grünen im Landtag zu den vielen arisierten Firmen der Welfenfamilie in Oberösterreich nach 1938 – zusätzlich der Link über die Nazi-Mitgliedschaften des Fürstenhauses, vor allem des letzten, 1918 abgedenkten Herzogs, seines SS-Sohnes ab 1933 und der Rolle von Victoria Luise, die von Kreisen um „Ehren“bürger Richard Borek immer noch hofiert wird … https://www.landtag-niedersachsen.de/…/055…/18-05687.pdf Oder:
    https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_07500/05501-06000/18-05687.pdf?fbclid=IwAR09BQie0rTX5-v8tbx-78cfSOqABk6CI1Zv1XN69fwi2SfZqEU19V1Z31g

    Die BIBS -Zeitung „Unser-Braunschweig“ hat einiges an Material in einer begleitenden Dokumentation zusammengestellt:

    Dokumentation über Verstrickung des Welfen-Hauses in die NS-Kriegsverbrechen

    http://www.bibs-fraktion.de/fileadmin/user_upload/2020_07_10-Doku_ueberarbeitet.pdf

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