August Pradetto über den NATO-Gipfel: Europa taumelt in die falsche Richtung

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Vorbemerkung der Redaktion: NATO-Generalsekretär Rutte bringt es auf den Punkt. In einer Nachricht an Donald Trump schreibt er, dass dieser gerade zu „einem weiteren Riesenerfolg“ in Den Haag fliege. Er fährt fort: „Sie werden etwas erreichen, das KEIN US-Präsident in Jahrzehnten geschafft hat. Europa wird im GROSSEN Stil bezahlen, wie es das sollte, und es wird Ihr Gewinn sein.“ (FAZ, 26.6.25) Das ist nicht nur von einer peinlichen Unterwürfigkeit, es gibt die Zusammenhänge zutreffend wieder: Weil Trump es fordert, wird erklärt, dass man ungeheure Rüstungsausgaben tätigen wird. August Pradetto, Verfasser des verlinkten Artikels in der Berliner Zeitung, weist darauf hin, dass das nichts mit den Verteidigungsnotwendigkeiten zu tun hat, dass es in dieser Höhe überflüssig ist, dass es vor allem nicht unsere Sicherheit erhöhen wird, sondern diese im Gegenteil weiter gefährden kann. Pradetto ist nicht irgendwer, er hat lange als Professor an der Bundeswehrhochschule in Hamburg gewirkt. Dem entsprechend verfügt er über erhebliche Sachkenntnis, die sich im Artikel gut eingebracht findet. Seine Argumente sind umso wichtiger, als er als erfahrener Bundeswehrmann durchaus für eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit eintritt. Er lässt sich also nicht als „naiver Friedensapostel“ abtun, wie das gegenüber Kritikern des Kurses der NATO und der Bundesregierung inzwischen schon fast der Normalfall ist. a.m.

Statt klare Prioritäten zu setzen, dominiert blinder Aufrüstungsaktionismus – mit potenziell fatalen Folgen.

Von August Pradetto

Wenn Donald Trump und sein sicherheitspolitisches Team – von Vizepräsident J.D. Vance bis zur Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard – Russland gar nicht als Gefahr für Europa und den Westen ansehen, warum fordern sie dann Verteidigungsausgaben in Höhe von fünf Prozent? Für Europa ist das fast das Dreifache des bisherigen Budgets. Was genau planen sie mit einem derart überrüsteten Europa? Aufgrund des Widerstands der US-Regierung benennt das Abschlusskommuniqué des Nato-Gipfels nicht einmal eindeutig Russland als Aggressor. 

Trotz jahrzehntelanger Beteuerungen von „strategischer Autonomie“ ist Europas sicherheitspolitische Realität eine andere: strukturelle Abhängigkeit von den USA. Diese hat nicht nur zu einer teuren und letztlich wenig effektiven Reaktion auf die sich anbahnende Krise und dann den Krieg in der Ukraine geführt, sondern gefährdet auch die politische und wirtschaftliche Stabilität des Kontinents.

Und mit der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus und verschärften internationalen Spannungen dürfte sich diese Abhängigkeit sogar noch vertiefen. Bereits vor Russlands Einmarsch 2022 hatten europäische Regierungen sicherheitspolitische Entscheidungen an Washington delegiert. Selbst bei zentralen Fragen – etwa zu den Nato-Ambitionen der Ukraine – fehlte eine eigene europäische Position, die russische Interessen auch nur in Betracht zog.

Weiter im Artikel aus der Berliner Zeitung

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