„Stolpersteine“ mit Hakenkreuzen beschmiert – Bündnis gegen Rechts besorgt über die Zunahme rechter Gewalt

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In den letzten Tagen haben Unbekannte in Braunschweig mehrere „Stolpersteine“ im Östlichen Ringgebiet von Braunschweig mit Hakenkreuzen beschmiert (siehe Foto im Anhang). Die von dem Künstler Gunter Demnig gestalteten und in den Gehweg eingelassenen „Stolpersteine“ aus Messing erinnern an die Namen und die Schicksale der von den Nazis verfolgten, deportierten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Braunschweig (www.stolpersteine-fuer-braunschweig.de).

Das Bündnis gegen Rechts Braunschweig vermutet hinter diesen Schmierereien eine gezielte Provokation von Neonazis aus dem Spektrum der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN). Seit Wochen tauchen vor allem rund um die Saarstraße im Stadtteil Lehndorf und rund um die Gliesmaroder Straße im Östlichen Ringgebiet rechte Parolen auf: An Hauswänden, Litfaßsäulen und Laternenmasten wurden wiederholt dutzende Hakenkreuze und Schriftzüge, wie „NS“, „NSU“, „NPD“, Nazi Zone“ oder „Nazi Kiez“ angebracht. Gleichzeitig wurden dort zahlreiche Aufkleber der NPD und der JN verklebt.

Eine fortlaufende Bilddokumentation der rechten Schmierereien gibt es hier: http://www.flickr.com/photos/dokurechts/albums/72157666840434492

Das Bündnis zeigt sich angesichts der jüngsten Vorfälle besorgt über die Zunahme rechter Aktivitäten und Gewalttaten in Braunschweig und kritisiert, dass Politik, Stadt und Behörden dieses Problem nicht ernst genug nehmen. David Janzen, Sprecher des Braunschweiger Bündnis gegen Rechts, fordert deshalb: „Wenn Menschen von Neonazis angegriffen werden, wenn Gedenksteine für die von den Nazis verfolgten, deportierten und ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürgern mit Hakenkreuzen beschmiert werden, dann haben wir in dieser Stadt ein Problem. Darüber müssen wir reden. Dieses Problem muss endlich ernst genommen und es muss gehandelt werden.“

Bereits im letzten Jahr hat sich die Zahl der behördlich registrierten rechten Gewalttaten in Braunschweig im Vergleich zum Vorjahr auf 18 Fälle verdreifacht. Bei den rechtsmotivierten Straftaten stand Braunschweig 2015 an dritter Stelle in Niedersachsen. „Ein trauriger Rekord“, stellt der Sprecher des Bündnis gegen Rechts fest. In Braunschweig konnte PEGIDA/BRAGIDA kaum Fuß fassen, auch die Versuche von Neonazis und anderer rechter Kreise „Bürgerproteste“ und „Bürgerwehren“ gegen Flüchtlinge ins Leben zu rufen, sind bisher weitgehend gescheitert. Viele Menschen, Initiativen und auch die Stadtverwaltung engagieren sich für eine tolerante und vielfältige Gesellschaft und dafür, dass geflüchtete Menschen hier eine neue, sichere Heimat finden und gut aufgenommen werden. „Dies sollte aber nicht zu der Illusion führen, dass es in Braunschweig kein Problem mit einem Erstarken von extrem rechte Positionen und rassistische Einstellungen auch in der Mitte der Gesellschaft gibt“, warnt der Sprecher des Bündnis gegen Rechts.

Die organisierte rechte Szene in der Stadt ist nach seiner Einschätzungen zwar noch relativ klein und marginal. „Wir bemerken aber seit einiger Zeit ein deutlich selbstbewußteres und gleichzeitig aggressiveres Auftreten der Neonazis“, so David Janzen: „Parolen, die man früher eher nur auf Nazi-Aufmärschen gehört hat oder hinter vorgehaltener Hand am Stammtisch, werden durch PEGIDA, die AfD und in der Flüchtlingsdebatte inzwischen wieder öffentlich geäußert. Die Neonazis fühlen sich dadurch ermuntert. Es gab in diesem Jahr in Braunschweig bereits mehrere Gewalttaten, wie z.B. an der Neuen Oberschule, wo zwei Schüler von einem Neonazi brutal angegriffen wurden. Dazu kommt der bedrohliche Auftritt militanter Neonazis bei einer Demonstration gegen rechte Gewalt im letzten Monat und die anhaltende Serie von Hakenkreuzschmierereien. In der letzten Woche wurden in einem Bus vier Menschen, darunter auch ein Kind, wegen ihrer Hautfarbe von mehreren Männer rassistisch beleidigt und attackiert. Es ist beschämend, dass der Aufschrei und die öffentliche Empörung darüber in unserer Stadt bisher eher klein geblieben sind.“

Hinter den meisten der aktuellen Vorfälle steckt nach Einschätzungen des Bündnis gegen Rechts eine Gruppe von Anhängern der „Jungen Nationaldemokraten“. Diese versuchen zum einen an Schulen und im Internet gezielt Jugendliche anzusprechen und zu ködern, zum anderen setzen sie darauf mit Drohungen und Gewalttaten Menschen einzuschüchtern. „Das Vorgehen der Neonazis folgt dabei durchaus einer bekannten Strategie“, so David Janzen: „Sie versuchen mit entsprechenden Schmierereien und Aufklebern bestimmte Stadtviertel zu ihrem Gebiet, zu ihrem „Nazi Kiez“ zu erklären. So wollen sie regelrechte Angstzonen schaffen. Die gefährlichen Folgen einer solchen Raumaneignungsstrategie kennen wir aus anderen Städten, wie z.B. aus Dortmund-Dorstfeld. Die Erfahrungen dort zeigen, dass dieser schon frühzeitig und konsequent begegnet werden muss. Hier sind zivilgesellschaftliche Initiativen, aber auch ein deutliches Handeln von Politik, Stadt und Behörden nötig. Bisher haben wir aber den Eindruck, dass es da in Braunschweig noch an Problembewusstsein mangelt.“

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