Von Ratsfraktionen SPD und Grüne
Bastian Swalve und Gordon Schnepel: „Nur so können wir den Bürgerinnen und Bürgern die Gründe verständlich machen, aus denen die Zusammenlegung der Schulstandorte sinnvoll ist.“
Braunschweig. Die katholische Grundschule St. Josef im Westlichen Ringgebiet soll im Zuge einer geplanten Zusammenlegung mit der Grundschule Hinter der Masch geschlossen werden – dieser Vorstoß der Stadtverwaltung sorgt bereits seit einigen Wochen für hitzige Diskussionen in der Stadtgesellschaft.
Die Ratsfraktionen von SPD und Grünen setzen sich deshalb dafür ein, die Schulschließung auf die Agenda der Ratssitzung am 16. Mai zu setzen, obwohl sie eigentlich nur im Verwaltungsausschuss beraten und beschlossen werden müsste. „Wir wollen dafür sorgen, dass die geplante Schließung von St. Josef für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar ist“, sagt Bastian Swalve, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Dafür ist es wichtig, dass eine öffentliche Debatte im Rat stattfindet, in deren Rahmen alle Argumente dargelegt werden und wir auch auf gegenteilige Meinungen eingehen können.“
Die Zusammenlegung der Schulen ist notwendig, da die Anzahl katholischer Schülerinnen und Schüler in den letzten sieben Jahren stark rückläufig ist, obwohl die maximal erlaubten 30 Prozent Schülerinnen und Schüler ohne katholisches Bekenntnis an den drei Schulen beschult werden. Es werden auch nach der Schließung von St. Josef genug Schulplätze für katholische Schülerinnen und Schüler vorhanden sein. Auch die Schulkindbetreuung ist bis zum Ende der Grundschule St. Josef gesichert.
Weiterhin soll eine gute Erreichbarkeit der Grundschule Hinter der Masch mit dem öffentlichen Nahverkehr sichergestellt werden. „Für die Zusammenlegung haben auch Stadtschülerrat und Stadtelternrat plädiert“, erklärt Gordon Schnepel, schulpolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion. „Dennoch soll für Schülerinnen und Schüler aus der Weststadt, die eine katholische Bekenntnisgrundschule besuchen möchten, kein Nachteil entstehen. Es ist in Planung, dass die Buslinie zukünftig bis Hinter der Masch erweitert wird.“
Puh, was für eine überhebliche Pressemitteilung! Grüne & SPD sind so „freundlich“, die Entscheidung in den Rat zu bringen, um den Betroffenen ihre Entscheidung „darzulegen“, gleichzeitig wird nicht einmal erwähnt, dass der Schulelternrat der GS St. Josef sich geschlossen und explizit gegen die Schließung ausgesprochen hat, und hier eine Entscheidung von Nicht-Betroffenen gegen den ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen gefällt wird.
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Dazu hier der Vollständigkeit halber die Stellungnahme des Schulelternrates St. Josef:
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Stellungnahme des Schulelternrats der Grundschule St. Josef zu dem Vorschlag der Verwaltung:
Schließung der Grundschule St. Josef, Beschlussvorlage 23-20829
Der Schulelternrat begrüßt es sehr, dass nunmehr auch den Eltern als unmittelbar Betroffenen des o. g. Vorhabens die Möglichkeit einer offiziellen Stellungnahme eingeräumt wird. Für diese Möglichkeit möchten wir uns ausdrücklich bedanken. Die Kommunikaton der Stadt Braunschweig wurde in der Elternschaf als völlig unzureichend wahrgenommen. Trotz frühzeitger Bite auf Informatonen und Einbindung in den Entscheidungsprozess erfolgte die erste Miteilung der Stadtverwaltung in der Schulvorstandssitzung am 22.03.2023. Dort wurde jedoch lediglich der nun vorliegende Vorschlag präsentiert, ohne noch irgendeine Möglichkeit der Einflussnahme einzuräumen. Die Information der Elternschaft zur geplanten Schließung erfolgte sodann in einem Brief der Schulleitung am letzten Tag vor den Osterferien. Anschließend waren Verantwortliche nicht mehr erreichbar. Das gesamte Vorgehen erscheint als wenig bis gar nicht transparent und lässt viele Fragen offen. In den letzten Wochen sind daher sehr viele besorgte und verärgerte Eltern mit ihren Fragen an die Vertreter des Schulelternrats herangetreten. Als Ergebnis dieser Gespräche soll wie folgt Stellung genommen werden:
Wir lehnen den Vorschlag der Verwaltung ab.
Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass bereits die Bezeichnung der „Zusammenlegung der Bekenntnis Grundschulen St. Josef und Hinter der Masch“ irreführend ist. Tatsächlich läuft der Vorschlag der Verwaltung auf eine vollständige Schließung der Grundschule St. Josef hinaus. Die GS St. Josef wurde in den letzten Jahren fast durchgängig zweizügig betrieben, während die GS Hinter der Masch im wesentlichen einzügig (in jeweils einem Jahrgang alle vier Jahre zweizügig) organisiert ist. Nach der so genannten Zusammenlegung soll es aber nur noch einen Zug an der GS Hinter der Masch geben. Von der GS St. Josef werden nach den Planungen also weder der Standort, noch der Name oder die Lehrkräfte verbleiben. Von aktuell insgesamt 12 Klassen an beiden Grundschulen (7 an der GS St. Josef und 5 an den GS Hinter der Masch) würden nur insgesamt 5 übrigbleiben am Standort Hinter der Masch, da der Standort Hinter der Masch nur räumliche Kapazitäten für 5 Klassen hat (siehe auch Anlage 1).
Für uns ist grundsätzlich unverständlich, warum die Stadt ausgerechnet in der aktuellen Situaton Grundschulplätze verringert, die bekanntermaßen dringend benötgt werden, insbesondere auch in den hauptsächlichen Einzugsgebieten der GS St. Josef wie z.B. der Weststadt und dem Westl. Ringgebiet.
Die von der Stadtverwaltung vorgetragenen Gründe begründen aus unserer Sicht die vollständige Schließung einer beliebten und gut funktonierenden Grundschule nicht.
1. Sinkende Schülerzahlen
Fakt ist, dass die Schülerzahlen an den drei Bekenntnisgrundschulen in den letzten zehn Jahren um circa 18 % zurückgegangen sind. Wie sich aus der von der Stadtverwaltung vorgelegten Statistik allerdings auch ergibt, gilt dies nicht für die Grundschule St. Josef. Hier waren die Schülerzahlen insgesamt konstant, noch in den Jahren 2020/2021/2022 war die Grundschule St. Josef sogar die größte der drei Bekenntnisgrundschulen.
Unabhängig davon rechtfertigt der festgestellte Rückgang an Schülerzahlen nicht die nun vorgeschlagene Reduzierung an Schulplätzen für die Bekenntnisgrundschulen. Stat der bislang 5 bzw. sogar 6 vorgehaltenen Züge (zwei Züge an der GS St. Josef, ein Zug an der GS Hinter der Masch und zwei Züge an der GS Edith Stein) an drei Bekenntnisgrundschulen soll es nach den Planungen zukünftig nur noch drei Züge (zwei Züge an der Grundschule Edith Stein und ein Zug an der GS Hinter der Masch) geben. Dies stellt einen massiven Einschnitt in die Kapazitäten der Bekenntnisgrundschulen von deutlich über 18 % dar, der sich durch den festgestellten Rückgang nicht rechtfertigen lässt.
Aus unserer Sicht kommt hinzu, dass der Rückgang der Anmeldezahlen auch mit der CoronaPandemie zusammenhängen dürfe. Während der Dauer der Pandemie fanden keine Tage der offenen Tür statt und die Eltern katholischer Vorschulkinder wurden nicht wie in den Vorjahren angeschrieben und über das Angebot unserer Schule informiert. Letztlich wurde uns von den katholischen Kirchengemeinden auch bestätigt, dass während der Pandemie deutlich weniger Taufen (nur Nottaufen auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern) stattgefunden haben.
Letztlich wäre auch denkbar, die GS St. Josef nur noch einzügig (bzw. in 1-2 Jahrgängen zweizügig) weiter zu betreiben. Dies wäre in dem Hauptgebäude der GS St. Josef möglich, so dass die derzeit genutzten Räume in der GS Hohestieg zurückgegeben werden könnten und dem dortgen Ausbau zur Dreizügigkeit nichts im Wege stünde. Diese Reduktion würde auch eher den Rückgang der Schülerzahlen um 18 % widerspiegeln.
2. Fehlende Schulleitung
Als Grund für die Standortschließung wird des Weiteren die fehlende Schulleitung der Grundschule St. Josef „trotz mehrfacher Ausschreibung“ angeführt. Tatsächlich wurde die Stelle lediglich zweimal, erstmals in 07/20 und zuletzt in 11/2021, im Schulverwaltungsblatt ausgeschrieben. Weitere Ausschreibungen erfolgten nicht, obwohl zwischenzeitlich bereits vor mehreren Monaten eine Lehrkraft des aktuellen Kollegiums ihr Interesse an der Schulleiterstelle gegenüber dem regionalen Landesamt für Schule und Bildung, Braunschweig bekundet hat.
3. Bauliche Erweiterung für Ganztagsbetrieb
Als weiteres Argument für die Schließung der Grundschule St. Josef wird angeführt, dass die baulich notwendigen Erweiterungen für einen Ganztagsbetrieb auf dem Schulgelände nicht möglich seien. Auch dies ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Die Stadtverwaltung hat insoweit offenbar lediglich die Möglichkeiten einer baulichen Erweiterung durch Anbau auf dem Schulhof geprüft und trotz entsprechender Anfrage das Ergebnis dieser Prüfung nicht offen gelegt. Die wesentlich günstigere Möglichkeit der Nutzung vorhandener Räumlichkeiten wurde offenbar gar nicht in Betracht gezogen. In diesem Zusammenhang bleibt unverständlich, weshalb die Nutzung des an den Schulhof grenzenden und von dort zugänglichen Gemeindehauses für den Ganztagsbetrieb zu keinem Zeitpunkt geprüft wurde. In dem Gemeindehaus der katholischen Kirche St. Joseph ist bereits in der Vergangenheit eine Nachmittagsgruppe der Schulkindbetreuung St. Kjeld betreut worden. Aktuell wird das Gebäude kaum genutzt, und uns wurde von Verantwortlichen der Kirchengemeinde signalisiert, dass sie keine Bedenken gegen eine solche Nutzung hätten. Zudem gibt es das ehemals als Hausmeister-Wohnung genutzte Dachgeschoss, welches – auch wenn wie mitgeteilt die Geschosshöhe für Klassenräume nicht ausreichend sein sollte – nach entsprechendem Umbau zumindest für Funktionsräume, Sekretariat, Lehrerzimmer oder Ähnliches. nutzbar sein dürfe.
Schließlich existieren die Räumlichkeiten der Schulkindbetreuung des BDKJ, in der aktuell bereits circa 72 Kinder nachmittags betreut werden. Auch wenn diese Räumlichkeiten offenbar nicht das bauliche Anforderungsprofil für eine kooperative Ganztagsgrundschule erfüllen, so stellt sich doch die Frage, weshalb eine beliebte und bewährte Grundschule gleich vollständig geschlossen werden soll, nur weil diese starren Vorgaben existieren. Das Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG), durch das der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung eingeführt wurde, schreibt nicht einmal vor, dass alle Grundschulen zu kooperativen Ganztagsschulen ausgebaut werden müssen. Vielmehr ist es auch weiterhin möglich, den Anspruch auf Ganztagsbetreuung durch flexible Lösungen (Hort, Schulkindbetreuung oder Ganztagsbetreuung an einem Standort für mehrere Schulen) zu erfüllen.
Der Rat der Stadt Braunschweig müsste sich insofern lediglich von seinem Beschluss lösen, ausnahmslos alle Grundschulen in Braunschweig zu kooperativen Grundschulen auszubauen. Abschließend sei angemerkt, dass die Grundschule St. Josef seit ca. 100 Jahren im Westlichen Ringgebiet fest verankert ist und mit verschiedenen Kooperationen mit benachbarten Kindergärten und Durchführung von Festen, Laternenumzügen etc. den Stadtteil bereichert. Zudem existiert seit Jahrzehnten der Schulbustransfer aus der Weststadt. Unsere Schule ist gerade auch für ihre hervorragende Integrationsleistung bekannt und beliebt.
Zusammengefasst können wir den Vorschlag der Stadt Braunschweig zur Schließung der Grundschule St. Josef nicht nachvollziehen und halten diesen für übereilt. Auch die kurzen Zeiträume und Fristen empören uns – so wurde dem SER und dem SSR so kurze Fristen im Osterferienzeitraum für ihre Stellungnahme gesetzt, dass kein Austausch mit uns als Elternvertretung stattfinden konnte. Die Argumente für die Schließung des Standortes GS St. Josef sind aus den vorgetragenen Gründen nicht stichhaltig. Wir schlagen deshalb vor, die Entscheidung zur weiteren Entwicklung der katholischen Bekenntnisgrundschulen zunächst zurückzustellen, die Anmeldezahlen weiter zu beobachten und letztlich unter Beteiligung aller Betroffenen eine sachgerechte Lösung zu finden.
Um es deutlicher zu formulieren:
Warum wird die nicht zurücknehmbare Entscheidung der Schließung einer beliebten Traditionsschule derart übers Knie gebrochen?
Der Beschluss zur Schließung der St.Josef-Schule durch SPD und Grüne erscheint mir ziemlich fragwürdig. Nach der Schließung der Astrid Lindgren Schule wird hier eine zweite kleine, gut funktionierende Schule geschlossen. Man kann sich die Frage nach der Kompetenz der Mitglieder von SPD und Grünen in Braunschweig zur Bildungspolitik stellen. In Finnland, dem einstigen Pisa-Vorzeigeland gab es immer kleine gute Schulen.
Dass das hier in Braunschweig anders läuft, ist schade für Schüler*innen und Eltern.
Mir tun die Eltern und Schüler und Schülerinnen der betreffenden Schulen leid, die sich so für ihre Schulen eingesetzt haben.