Plastikbäume am Bohlweg

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Die Bäume am Bohlweg bereiten Sorge. Die Blätter werden sei Jahren braun, Äste verkahlen – sie genügen unseren ästhetischen Ansprüchen nicht. Niemand hat Freude daran seinen Latte unter braunen Blättern zu schlürfen. Braune Blätter im Sommer erinnern eher an den Tod, sie behindern positives Lebensgefühl. Zu einer Allee sollen sich die Linden mit dem Bohlweg entwickeln. Sie sollen nicht nur das Stadtbild verschönern, sondern das Shoppen unter Bäumen zu einem Vergnügen werden lassen. Es stellt sich die Frage: Warum nutzen wir keine Plastikbäume, wenn die Natur nicht so spurt, wir wir Menschen es wollen?

Die Idee mit Plastikkastanien und einer Bohlweg-Allee mit Plastiklinden muss ernsthaft erwogen werden. Wäre doch Grün über viele Jahre gewährleistet. Kein braunes Blättchen, kein Falllaub, keine Pflege, keine Beschwerde würde stören und gar Kosten verursachen. Und keine Bürgerinitiative würde sich beim Fällen beschweren und Salz dürfte ohne Bedenken gestreut werden. Im Frühjahr könnte im Rahmen der großen Säuberungswelle der Staub abgespritzt werden und alles wäre wieder grün, sauber, ordentlich, so wie wir es gerne haben. Ein Foto in der Zeitung mit dem OB Dr. Hoffmann (nein, jetzt muss ja wie beim Hundekot Herr Stegemann ran) würde deutlich machen, wer sich um die Sauberkeit in der Stadt redlich bemüht. Und vor allem, es belastet kaum den Haushalt.

Es soll Menschen geben, die diese Idee für absurd halten. Fragt man sie warum, kommt keine schlüssige Antwort, im Grunde gar keine. Es ist eher so eine unbestimmte Gefühlsduselei, die rüber kommt – es muss schon irgendwie was Echtes sein.  Und wie wäre es mit echten Plastikbäumen?

Nicht nur wirtschaftliche Vorteile und Schadensfreiheit würden Plastikbäume gewährleisten, sie würden sich auch in das Stadtbild hervorragend passen. Sind sie doch genau so künstlich wie die Umgebung. Beton, Asphalt, Glas, Kunstwelt im ECE-Kaufhaus, künstlicher Thron “saal“, jedoch kein künstliches Schloss (nämlich gar keins). Das einzige Echte ist die Schlossfassade. Da passen doch Plastikbäume hin. Was stört da noch?

Im Grunde nichts, denn der Plastikbaum erfüllt den erwünschten Zweck und ist zudem praktisch. Aber nur im Grunde: Was uns abstößt ist das Tote am Plastik. Wir Menschen fühlen uns zum Leben hingezogen. Vielleicht erkennen wir uns im Lebewesen und in seiner Entwicklung wieder, weil auch wir leben.

Unsere Arroganz in dem Glauben das Leben beherrschen zu können, verleitet uns zu einer reduzierten Betrachtung des Lebewesens Baum. Er wird reduziert auf seine Funktion für den Menschen. Das Konzept von Leben und Natur, das dem Baum innewohnt, haben auch wir Menschen in uns – es ist unverzichtbar. Unsere reduzierte Sichtweise auf Lebewesen als ein technisches Mittel, bei dem nur die Leistungsfähigkeit wie Schattenspender, innerstädtisches Klima und Schönheit einer Allee zählt, ist eine existenzielle Frage, weil diese schmale Sichtweise nicht ausreicht. Lebewesen haben einen Wert in sich und wir sind rechenschaftspflichtig, wenn wir ihnen nach dem Leben trachten.

Der Respekt gegenüber Lebewesen, auch gegenüber den Bäumen am Bohlweg, gilt der in ihnen dargestellten Natur. Lebewesen (Bohlwegbäume) dürfen sich zurückziehen, sie dürfen krank werden, sterben und unsere Bedürfnisse nicht erfüllen. Als ihre Verwandten im Schlosspark zerhäxelt wurden, um lebensfeindliche Bedingungen zu schaffen, waren es nur 2000 Bürger dieser Stadt, die Respekt vor dem Leben der Bäume zeigten und den Schlosspark umzingelten. Warum sollte der klägliche Rest an Bäumen überleben (wollen)?

 

 


Kommentare   

 
0 #2 Julia 2011-07-23 08:25
@Wilma Richtig, Jammern bringt den Schlosspark nicht zurück. Aber ein Erinnern an die eiskalte Abholzung dieses Parks setzt möglicherweise bei dem Einen oder der Anderen Denkprozesse in Gang, so dass es bei der nächsten schwachsinnigen Aktion eben nicht nur 2.000 sind, die ihre Ablehnung demonstrieren?

Die Idee der Innenstadt-Begrünung finde ich im Übrigen toll. Vielleicht sollte man noch ein paar Jahre damit warten. Dann ist dort vermutlich der letzte Einzelhandel verschwunden & die Planzen haben wieder richtig viel Platz. Im Ergebnis hätten dann die Läden und der Park nur Plätze getauscht…
 
 
 
0 #1 Wilma 2011-07-22 23:03
Warum immer nur in die Vergangenheit zurückschauen?
Den Schlosspark gibt es nicht mehr- die Bäume sind längst verarbeitet, der Park mit Beton überdeckt.
Es ist so wie es ist- man sollte das beste draus machen!
Kein Jammern wird den Schlosspark wieder herbeizaubern!
Wie wäre es mal mit neuen Konzepten, um die Innenstädte zu begrünen?
Die Idee von Patrick Blanc z.B mit seinen vertikalen Gärten?
http://www.verticalgardenpatrickblanc.com/upload/pdf/8b3f9265f7cf5e219fde08aef2e6e84f.pdf

 

 
 
 

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