Nach rechter Morddrohung: Erneut Haustür beschmiert – Säureattacke auf Briefkasten

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Foto: David Janzen

Gestern Abend wurde die Tür des Hauses, in dem der Sprecher des Braunschweiger Bündnis gegen Rechts, David Janzen, mit seiner Familie wohnt, mit einer roten, zähflüssigen Substanz beschmiert. In den Briefkasten wurde zudem eine stark säurehaltige Flüssigkeit geschüttet, die Augen-, Haut und Atemwegsreizungen hervorrief.

Foto: David Janzen

Bereits in der Nacht auf Montag hatte eine Polizeistreife festgestellt, dass die Wohnungstür mit neonazistischen Aufklebern beklebt wurde. Inder Nacht auf Mittwoch und am Mittwoch Abend wurden dann erneut rechte Aufkleber auf die Haustür und rund um das Wohnhaus verklebt, darunter auch Aufkleber der vorgeblich aufgelösten „Sport- und Kampfgemeinschaft Adrenalin Braunschweig“ mit dem Symbol eines Schlagrings, sowie Aufkleber mit der Aufschrift „Support Frontgermane. Mut – Heimat – Disziplin“. Die Selbstbezeichnung als „Frontgermane“ und das dort abgebildete Symbol eines Wikingerhelms benutzt der Neonazi Pierre B. als Logo auf seinem Youtube-Kanal. Dort veröffentlicht er u.a. mit Rechtsrock unterlegte Kampfsportvideos. Pierre B., der immer wieder an Aktionen der NPD teilnimmt, stand bereits mehrmals wegen Körperverletzungsdelikten vor Gericht. So hatte er Anfang 2016 zwei Schüler eines Braunschweiger Gymnasium attackiert und einem der beiden den Kiefer gebrochen.

Ende Juni war an die Wohnungstür des Sprechers des Bündnis gegen Rechts Braunschweig, der seit Jahren auch als Fachjournalist zur rechten Szene recherchiert und veröffentlicht, die Drohung „Wir töten dich! Janzen“ geschrieben und Aufkleber von „Adrenalin Braunschweig“ verklebt worden. Wenige Tage davor hatte der Neonazi, Lasse R., von „Adrenalin Braunschweig“ in einem Instagram Video in Anspielung an den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gedroht: „Heute Walter, morgen Janzen“. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat das Ermittlungsverfahren wegen dieser Drohung in der vorletzten Woche eingestellt.

Die NPD-Jugend „Junge Nationalisten“ hatte zudem Anfang Juni dutzende Plakate mit einem Fotos von David Janzen und Verunglimpfungen seiner Person in Braunschweig verklebt. Anfang September tauchten dann hunderte Aufkleber mit demselben Motiv und der Aufschrift „Anti-Antifa Braunschweig“ in der Stadt auf.

Für den 23.11.2019 kündigt die NPD nun einen Aufmarsch in Hannover an, der sich auch direkt gegen David Janzen richtet. Im Aufruf wird dieser zusammen mit dem Journalisten, Julian Feldmann, (NDR/Panorama3) als Beispiel für „Linksextremisten“ benannt, die „eine Bühne oder sogar Anstellungen und Aufträge vom öffentlichen Rundfunk“ bekommen würden.

David Janzen zu der erneuten Attacke gegen ihn:

„Kaum hat die Polizei ihre Schutzmaßnahmen heruntergefahren und die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen der Bedrohung eingestellt, fühlen die Neonazis sich ermuntert, ihre Attacken gegen mich fortzuführen. Sie gehen nun noch einen Schritt weiter: Die Säure hat beim Öffnen des Briefkasten bei mir, aber auch bei den ermittelnden Beamt/-innen zu Augen-, Haut und Atemreizungen geführt. Ich frage mich: Was kommt als nächstes? Die erneuten Vorfälle zeigen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in Braunschweig offensichtlich nicht konsequent genug gegen die anhaltenden Bedrohungen der Neonazis vorgehen. Es ist wohl auch kein Zufall, das dieser Säureangriff auf meinen Briefkasten genau an dem Tag passiert, an dem die NPD einen Aufruf zu einer Demonstration in Hannover veröffentlicht, der sich persönlich gegen mich und einen Journalisten vom NDR richtet.“

Foto: David Janzen

In einer Pressemitteilung verurteilt auch Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Niedersachsen die rechte Attacke scharf. Julia Willie Hamburg, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus:

„Die Übergriffe gegen David Janzen und das Bündnis gegen Rechts in Braunschweig bedrohen die Zivilgesellschaft, nicht nur in Braunschweig, sondern auch darüber hinaus. Justiz und Polizei müssen dem rechten Treiben und der Bedrohung von Janzen und seiner Familie entschlossen entgegentreten, die Täter dingfest machen und unverzüglich und konsequent bestrafen. Das bisherige Vorgehen der Sicherheitsbehörden war offenkundig nicht dazu geeignet, den rechtsextremen Umtrieben Einhalt zu gebieten. In Braunschweig geht es mittlerweile um konkrete Morddrohungen und Psychoterror. Die Gewalteskalation durch Rechtsextreme muss gestoppt werden. Was soll noch passieren?“

In der Stellungnahme heißt es weiter:

Viel zu lange wurde bei rechtsextrem motivierten Taten Nachsicht geübt oder gar auf Einsicht gehofft. Diese Strategie funktioniert nicht. Das wird auch bei Angriffen auf Synagogen immer wieder sichtbar. Die Nazis für ihr verfassungsfeindliches und menschenverachtendes Verhalten nicht in die Schranken zu weisen, ermutigt Täter und deren Umfeld, noch einen drauf zu setzen. Das darf sich eine wehrhafte Demokratie nicht gefallen lassen – Justiz und Sicherheitsbehörden müssen gerade in Zeiten zunehmender Gewaltbereitschaft und Enthemmung der rechtsextremen Szene konsequent solche Straftaten verfolgen und unnachgiebig ahnden.

Dass es gerade Journalist*innen und die Zivilgesellschaft trifft, verwundert nicht. Mit ihrer Recherchearbeit und unermüdlichen Aufklärung sind sie eine reale Bedrohung für rechtsextreme Strukturen und Einzelpersonen. Umso wichtiger ist es, dass diese Menschen konsequent und dauerhaft geschützt werden. Viele Menschen erfahren zunehmende Bedrohung durch Rechtsextremisten. ´Wehret den Anfängen´ ist die einzige Antwort darauf, diese verheerende Entwicklung zu stoppen. Die wehrhafte Demokratie ist gefragter denn je – hier muss insbesondere der Innenminister umgehend deutliche Antworten geben.“

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