Eine humane Migrations- und Flüchtlingspolitik?

0

Zwei Abendveranstaltungen in der Ev. Akademie Abt Jerusalem

Die aktuellen Probleme von Flucht und Migration standen am 16. und 23. April 2015 im Mittelpunkt der Abendveransstaltungen der Akademie. Bei der ersten berichtete Zuber Rugigana aus Ruanda über die Hintergründe seiner Flucht aus seiner Heimat. Ohne die unterstützende Traumabegleitung durch Dr. Helmut Blöhbaum und den Verein „Willkommen in Lehre“ hätte er seine seelische Krise nicht überwinden können. Die Zuhörer konnten an seinem persönlichen Schicksal wahrnehmen, welche Schwierigkeiten politisch Verfolgte durchleben, wenn sie in Europa Asyl beantragen.

 

Der zweite Abend stellte die politischen Perspektiven in den Vordergrund. Aktuelles Motto: „Wir wollen nicht, dass sie ertrinken. Wir wollen nicht, dass sie kommen. Was wollen wir tun?“ (DIE ZEIT). Sophia Wirsching, Expertin für Migration und Entwicklung von „Brot für die Welt“ aus Berlin, rief dazu auf, Fluchtursachen entgegenzuwirken und Armut weltweit zu überwinden. Dabei hätten Flüchtlinge in Konfliktsituation Anspruch auf Schutz und Unterstützung. Sie stellte auch die Arbeit von Diakonie und Diakonie Katastrophenhilfe und ein Projekt von Brot für die Welt in Kenia vor, die diese Zielsetzung haben. Sie sprach sich gegen „Empfangszentren für Asylbewerber“ in Nordafrika aus.

Dr. Christos Pantazis, Facharzt für Neurologie und SPD MdL aus Braunschweig, ist Sprecher seiner Fraktion zu Flüchtlingsfragen im niedersächsischen Landtag. Er wuchs in einer griechischen Gastarbeiterfamilie auf. Er konnte aus seinen eigenen Erfahrungen als Jugendlicher „mit Migrationshintergrund“ berichten. Eine Differenzierung zwischen den Begriffen Flüchtlinge und Migranten lehnt er ab, da sie nur zur Verwirrung und nicht zu einem wirksamen Schutz der Betroffenen beitrügen. Die rotgrüne Landesregierung habe in der letzten Zeit entscheidende Erleichterungen für Flüchtlinge durchsetzen können. Allerdings sei sie für die bundesgesetzlichen Regelungen nicht zuständig. Wichtig sei ihm die Schaffung von zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Landes, eine verbesserte gesundheitliche Versorgung und eine schnelle Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge. Pantazis unterstrich, dass Migration für unser Land wesentlich mehr Vor- als Nachteile bedeute und eine Willkommenskultur ausgebaut werden müsse.

In der Diskussion legten Vertreter einer Flüchtlingseinrichtung in Hannover die Schwierigkeiten dar, mit denen sie als Verantwortliche bei der Umsetzung der behördlichen Richtlinien kämpfen müssen. Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge stünden weitgehend auf dem Papier, die gesundheitliche Versorgung müsse verbessert werden.

Resümee: Eine humane Flüchtlingspolitik heißt: mehr Sprachkurse, mehr hauptamtliche Fachleute, kurz: mehr Finanzen zur Verfügung stellen. Das können weder Kommunen noch Land allein. Die Bundesregierung muss mehr Mittel bereitstellen. Denn eine Willkommenskultur wird sich langfristig positiv auf unsere Gesellschaft auswirken. Aber das heißt auch: dicke Bretter bohren, wie Christos Pantazis betonte.
Der Ev. Akademie Abt Jerusalem ist zu danken, dass sie dieses brisante Thema Flucht und Migration aufgegriffen hat.

 


Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.