Kaiserjahr 2009? Otto – find ich nun nicht so gut

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„Otto IV – Ideen sind gefragt – Stadtmarketing fordert zum Mitmachen auf …“ titelt das „neue“ Braunschweiger Zweitmedium (nb-Online)

Tja, Ideen sind wahrhaftig gefragt – und ob! Hierin möchte ich Frau Obi-Preuß in ihrer Headline mal ausdrücklich zustimmen. Was hat sich wohl das Stadtmarketing da einfallen lassen? Eher was Zweitklassiges, wie ich meine. Es wirkt geradezu so, als hätte man sich vergeblich bemüht – über diverse historische Werke gebeugt – irgendeinen vermarketingbaren Knilch aus der Historie zu ziehen, mit dem es Furore und reichlich Geld zu machen gäbe.

Was kam dabei raus? Ein Otto! – Nicht der Komiker ist gemeint, aber ähnlich komisch wirkt die Auswahl gerade dieses Kandidaten, der den Braunschweigern ihr eigenes „Kaiserjahr 2009“ einläuten soll.

Wieso eigentlich bedürfen wir eines „Kaiserjahres“?
Nach den beiden Fußball-Sommer-„Märchen“, die nicht so ganz wahr wurden, müsste längst klar sein, dass man mit Fähnchenschwnigenden deutschen Fans noch längst keine Nation und damit auch kein Nationalgefühl rekrutieren lässt.

Vielleicht denkt man hier im Stadtrat, weltweit Ruhm mit Historie und Kaiserwürden zu ernten? Mitnichten – das Ganze kommuniziert man schon recht marktstrategisch:

Dabei soll wiederum ein deutlicher kultureller und touristischer Impuls für die Stadt Braunschweig gesetzt werden.

 

(lt. Haushaltsplan der Stadt – Produkt Nr. 1.25.2521.04) und von einem „überregional, bundesweit greifenden Kulturevent“ ist die Rede. Bei näherer Betrachtung bin ich mir nicht so sicher, ob man sich hier auch den richtigen Kandidaten erwählt hat. Kultur des Geldmachens nach dem sogenannten ökonomischen Prinzip?* – Falls es das ist, dann haben sie bei der Ottowahl sicherlich den Einsatz möglichst gering gehalten, alle Achtung!
(Anmerkung: * sinngemäß: „Mit möglichst geringem Einsatz das größtmögliche herausholen!“

Zum Otto persönlich – ein „Oskar“ wird’s eben nicht!
Irgendein Bezug zu Braunschweig? Angeblich ja, wird doch fälschlicherweise stets Braunschweig als Geburtsort angegeben (> siehe Wikipedia!) – dabei ist unser Otto ein in der Normandie geborener Nachfahre (jüngster Sohn) Heinrichs des Löwen. Von daher könnte man einen reichlich bemühten Bezug zu Braunschweig herleiten, sicher!

Gerade unter Kulturwissenden und Historikern gilt dieser Otto eher – um es mal vorsichtig auszudrücken – eher als Lusche, deshalb auch gelegentlich als „der vergessene…“ literarisch behandelt. Wer soll hier eigentlich geehrt werden? Schwerpunkt auf „Falscher oder Spenden-König“, Lückenbüßer, Hasenfuß oder eher der Eidbrecher?

Otto – ist zwar ein Nachkömmling (jüngster Sohn) von Heinrich dem Löwen. Das machte ihn jedoch nicht automatisch zum König – denn legitime Nachfolger waren stets die Erstgeborenen, nicht die jüngsten.
Otto ist zudem gar kein Braunschweiger, sondern in der Normandie geboren – nicht in Braunschweig, wie behauptet wird. Demzufolge könnten die Franzosen ebenfalls Feiern ansetzen.

Denen ist er aber offensichtlich nicht so arg wichtig, weil Otto eher einer ohne „Profil“ war und es genügend andere Persönlichkeiten gibt, die mehr für die Nation getan haben, als dieser Otto.

Gestorben ist er auch nicht in BS, sondern in Bad Harzburg. Sein Leichnam liegt jedoch im Dom. Erst spät wurden seine überreste von Bad Harzburg nach Braunschweig verbracht. Warum? Das hat man früher gerne gemacht, um eine solche „Relique“ politisch besser nutzen zu können.

Im Exil befindlich – mit einer falschen Krone gekrönt als Gegenkönig aufgestellt und von einigen Protégés (Bspw. Kölner Klüngelwirtschaft – schon damals!) finanziell sozusagen in „Sattel“ gehoben, damit er überhaupt als „König“ (Wahlkampfmäßig!) gegen die Staufer in Betrachtung kommen konnte.

[…] Der erst im Juni von der Welfenpartei gewählte Otto von Braunschweig, Sohn Heinrichs des Löwen, wurde am 12. Juli in Aachen vom Kölner Erzbischof Adolf von Altena gekrönt – allerdings nur mit einer nachgemachten Reichskrone.[…] Quelle: Wikipedia

[…]Er hatte zwar nur die Minderheit hinter sich, doch konnte er aber am rechten Ort, im Aachener Münster, und von dem dazu legitimierten Erzbischof Adolf von Köln, zum König erhoben werden. […]Es war wohl die Kölner Hochfinanz, die einen „englischen Welfen“ zum König bestimmten. Sie griffen dabei dem verschuldeten Erzbischof Adolf von Köln finanziell unter die Arme. Die rheinischen Geschäftsleute erhofften sich mit der Wahl des Welfen neue vorteilhafte Wirtschaftsbeziehungen im angelsächsischen Raum.

Nachdem Otto 1209 in Rom zum Kaiser gekrönt wurde, konnte er sich aber schlussendlich nicht gegen die Staufer und den Papst durchsetzen. Nach 1215 blieb sein Einfluss nur noch auf sein norddeutsches Erbe beschränkt. Am 21. Juni 1218 ist der einzige römische Kaiser aus dem Welfenhaus kinderlos in Harzburg gestorben. […] Quelle: welfen.de

Kaiser wurde er also nur, weil der vorgesehene Kandidat Phillip von Schwaben abgemurkst wurde. Da hat man ihn genommen und die Tochter (damals 14 Jahre alt – ein Kind!) des Ermordeten flugs geheiratet. Die Krönung zum Kaiser fand in Aachen, nicht in Braunschweig statt.

[…] sein Vorstoß in das dem Papst Innozenz III. unterstehende Königreich Sizilien führte zu seinem Bann (1210) und 1212 zur Erhebung des Sohnes von Heinrich VI., dem er am 27. Juli 1214 in der Schlacht bei Bouvines endgültig unterlag. Quelle: eckhart.de

Sehr oft auf der Flucht, im Exil, auf Tour (Normandie / Apulien / Mainz / Bouvines / Kalbrien / Sizilien / Sachsen / Dänemakr / England) und sogar dann wieder gebannt von Papst Innozenz III, hielt er sich vorwiegend woanders – nicht jedoch in Braunschweig – auf.

Was hat er also für Braunschweig getan?
Hierzu die Einschätzung: Stichwort Imperium – der herrschaftliche Gedanke, den es zu wahren galt. Das macht Ottos einzigen historischen Glanzpunkt aus – und zudem noch einige literarischen Beiträge zu Ehren Deutschlands, wenn man hier überhaupt eine historische Bedeutsamkeit herbei reden möchte…

OTTO IV. begriff wahrscheinlich das Kaisertum und das Imperium als transpersonale Größen, deren Interessen es zu wahren galt. Er setzte sich über den Neußer Eid hinweg […] Während sich OTTO IV. zunächst nach Köln, dann nach Sachsen zurückziehen mußte und er sich schließlich nach Dänemark und England begab, wurde FRIEDRICH II. am 5. Dezember 1212 von der Mehrheit der Fürsten erneut zum König gewählt und vier Tage später in Mainz gekrönt. Quelle: genealogie-mittelalter

Bleibt mir persönlich, nach den historischen Quellen, mich den Worten des zeitgenössischen Chronisten Burchhard von Ursberg anzuschließen, der Heinrich den Löwen lobte, den Otto aber charakterlich wie historisch mit folgendem Zitat einstufte:

superbus et stultus, sed fortis!
(Für die Nichtlateiner: überheblich und dumm, aber hart!)

Ob sich das stadtmarketinglich wie vorgesehen „deutlich kulturell und touristisch“ für die Stadt Braunschweig und zudem noch als ein „überregional, bundesweit greifenden Kulturevent“ verwerten lässt, bleibt letztendlich die Frage, denn es werden ja auch bundes- und weltweit Kenner davon Kenntnis erhalten und sich sicherlich fragen, warum es ausgerechnet dieser Otto sein muss?

In diesem Sinne – ist es schon sehr hart, wenn jemand als dumm und überheblich gilt. Otto IV. – wohl eher ein Otto als ein Löwe … meint Ulenspiegel

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Rosa Sommerblüten
(Haiku des Tages)

Schwester Rosa am Burgplatz! –
Bringt das OB’s gar noch in
Schwulitäten?

 

 

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