Juso-Vorsitzende Uekermann und Gabriel: Lücken zwischen Reden und Tun

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Überhaupt: Widersprüche und Klüfte zwischen Reden und Tun.

Auszug aus einer Stellungnahme von Albrecht Müller zur Rede Sigmar Gabriels auf dem SPD-Parteitag

Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann hat beim Parteitag den Parteivorsitzenden nach dessen Rede kritisch hinterfragt und ihm vorgeworfen, es gebe viele Lücken zwischen Reden und Tun. Er hat sich anschließend dagegen verwahrt. Und Johanna Ueckermann ist auch von anderen darob heftig kritisiert worden. Mir war beim Zuhören und beim Nachlesen des Textes gleich aufgefallen, dass diese Rede voller Widersprüche ist. Ein paar Beispiele seien genannt:

  • Gabriel beklagte die hohe Arbeitslosigkeit in anderen Ländern, vor allem im Süden und in Frankreich und nennt auch die Austeritätspolitik, ja er weist sogar darauf hin, dass die Union mit dieser Politik mitverantwortlich sei für das gute Abschneiden der Rechten in Frankreich. – Ich dachte, ich höre nicht recht: Ist die Austeritätspolitik nur die Politik von Herrn Schäuble und Frau Merkel? Waren der Wirtschaftsminister Gabriel und der Außenminister Steinmeier dagegen? Und der frühere Finanzminister Steinbrück, der diesen Wahnsinn wesentlich mit betrieben hat, der gehört wohl zu einer anderen Partei?
  • Der SPD-Vorsitzende beklagt das Auseinanderklaffen der Einkommen, der Löhne und der Spitzeneinkommen, und insgesamt sieht er Defizite bei der Verteilungsgerechtigkeit. Und dann lobt er die Agenda 2010. Hat Gabriel gar nicht mitbekommen, dass der frühere Bundeskanzler Schröder (SPD) sich der Schaffung des „besten Niedriglohnsektors“ gerühmt hat? Damit wurde die Einkommensverteilung im Sinne der beklagten Spaltung unserer Gesellschaft verschlechtert und es wurde auch die Wettbewerbsfähigkeit der südlichen Länder, unserer Partner, beeinträchtigt.
  • Gabriel behauptet auf Seite 3 seiner Rede, es hätte bei uns in Sachen Krieg und Frieden „Nachdenklichkeit und Besonnenheit“ gegeben. Soll der Einsatz in Syrien nachdenklich und besonnen beschlossen worden sein? Dazu reichte ja nicht einmal die dafür bereitgestellte Beratungszeit.
  • Gabriel wirbt auf der gleichen Seite für einen respektvollen Austausch unterschiedlicher Auffassungen, „Respekt in der Wortwahl, Respekt durch zuhören, Respekt vor dem Argument des anderen“. Wenn der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister dann bei anderer Gelegenheit von „Pack“ redet, oder jene, die den Kriegseinsatz in Syrien für falsch halten, „Linkspopulisten“ nennt, dann zeigt das, dass er von seiner eigenen Warnung vor der falschen Wortwahl nichts hält.
    Die Bezeichnung „Pack“ liegt ja auch schon im Widerspruch zu anderen Äußerungen, die durchaus zu würdigen sind. Gabriel meint zum Beispiel, wir sollten auf Menschen, die sich nicht mehr vertreten fühlen, nicht einfach arrogant und abweisend reagieren. Wir sollten uns mit den Motiven dieser wachsenden Entfernung beschäftigen. Das ist richtig. Aber dann sollte er die anderen Sprüche bitte auch vermeiden.
  • Gabriel polemisiert mit Recht dagegen, wir hätten Milliarden mobilisiert, um mit Rettungskrediten das europäische Finanzsystem zu stabilisieren. Und wir seien unfähig, einer ganzen jungen Generation in den Krisenländern zu helfen, damit würde auch deren europäischer Traum gestrichen. Denn diese jungen Leute sehen nur sinkende Löhnen und Renten bei ihren Eltern und Chancenlosigkeit bei sich selbst. – Ja mei, da muss man sich doch fragen, wer uns in der Zeit der aufbrechenden Finanzkrise 2007-2009 regiert bzw. auf jeden Fall mit regiert hat und wer den Finanzminister gestellt hat und den Vizekanzler und Außenminister: die SPD.

    Wenn man sich daran erinnert und dann von Gabriel hört:

    „Diese soziale Frage ist der Sprengsatz, der das europäische Haus in Stücke fliegen lässt“

    dann muss man der Juso-Vorsitzenden Recht geben. Reden und Tat haben wenig miteinander gemein.

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