Hochtief Schulen – Kritik an Hoffmann und BZ

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Am 6. Mai 2011 führte der Oberbürgermeister Dr. Hoffmann ein Interview mit dem Redakteur Marc Rothermund von der Braunschweiger Zeitung zur geplanten Privatisierung (PPP-Modell) der Sanierungsleistungen und des Gebäudemanagements durch Hochtief an neun Braunschweiger Schulen, drei Kitas und zwei Turnhallen. Zu diesem Privatisierungsvorhaben, den Antworten von Hoffmann und der Interview-Leistung des Redakteurs, lesen Sie hier eine Kritik.

Kernfrage der gegenwärtigen Politik des OB wie des Interviews ist das geplante PPP-Projekt mit der Firma Hochtief zur Sanierung von neun Schulen. Um den Wert des Interviews beurteilen zu können, muss man sich zunächst noch einmal die kritischen Aspekte des PPP-Projekts vor Augen halten:
1. Braunschweig weiß gar nicht, mit welchem Partner es 25 Jahre lang zu tun haben würde. Denn Hochtief wird gerade von dem hoch verschuldeten spanischen Konzern ACS übernommen. Darüber hinaus steht die Tochterfirma, die für das PPP-Projekt zuständig sein soll, gerade sowieso zum Verkauf. Da ist nichts auszuschließen, auch nicht der Verkauf an einen der berüchtigten „Finanzinvestoren“.

2. Hochtief hat entgegen der nun wirklich plumpen Behauptung von Herrn Stegemann recht schlechte Referenzen, was viele schon begonnene PPP-Projekte betrifft. Nicht nur das Desaster bei der Hamburger Elbphilharmonie belegt das aufs Drastischste, auch viele PPP-Projekte zur Schulsanierung.

3. Die PPP-Verträge umfassen viele hundert oder tausend Seiten, sie werden aber nicht veröffentlicht. In der Regel wird der Inhalt der Verträge in einer Ratsvorlage von wenigen Seiten „vorgestellt“. Die Ratsmitglieder entscheiden also über etwas, das sie nicht kennen. Das haben sie auch schon bei dem Cross-border-leasing-Geschäft mit den Braunschweiger Straßenbahnen, bei dem SWAP-Zinsgeschäft
oder bei den Abwasserverträgen mit Veolia getan, mit den bekannten Folgen. Dabei gilt spätestens seit der Finanzkrise, dass man nur etwas unterschreiben soll, was man auch restlos versteht.

4. PPP-Projekte fallen zumeist unter die Rubrik „graue Verschuldung“. Alle Rechnungshöfe des Bundes und der Länder warnen seit Längerem davor und betonen, dass dabei die Finanzierungslast in die Zukunft verschoben werde (ganz eindringlich schon in ihrer Pressemitteilung vom 5. Mai 2006) . Sie weisen besonders darauf hin, dass fehlerhafte Verträge sofort Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit eines Projektes haben. Das heißt, eine kleine Klausel, in einem Unterabsatz versteckt, kann verheerende Folgen haben und die Stadt viel Geld kosten. Die Verträge sind aber von ausgefuchsten Rechtsanwälten der Hochtief verhandelt und mitformuliert worden.

5. Die Zahl der Projekte, bei denen die erwarteten Wirtschaftlichkeitsvorteile nicht oder nicht in der erwarteten Höhe eintraten, ist schon jetzt beachtlich, obwohl doch die meisten Projekte noch gar nicht ihre 15, 20 oder 25 Jahre durchlaufen haben. Es gibt sogar Fälle, in denen schon jetzt PPP nachweislich teurer ist als die Durchführung durch die Kommune. In allen diesen Fällen wurden aber vorher ausführliche Vergleichsuntersuchungen durchgeführt, in allen Fällen haben die Verantwortlichen „ihre Hand dafür ins Feuer gelegt“, dass das ein gutes Geschäft für die Stadt werden würde. So wie es jetzt Herr Hoffmann, die CDU und die FDP auch bei uns tun.

Diese Liste der kritischen Aspekte ist keinesfalls vollständig. Es sind im Wesentlichen Punkte, die in der bundesweiten Öffentlichkeit und in vielen Medien schon ziemlich oft und intensiv behandelt wurden.

Schauen wir uns nun das Interview in der Braunschweiger Zeitung an.

Das deprimierende Ergebnis lautet: kein einziger der oben aufgeführten fünf Punkte wird direkt angesprochen, wirklich kein einziger!

Lediglich zwei kritisch wirkende Fragen werden Dr. Hoffmann zum Thema PPP vorgelegt. Zum einen die, ob er angesichts der langen Laufzeit der PPP-Verträge von 25 Jahren „besonders starke Bauchschmerzen“ habe. Als der verneint und eine recht schlichte Begründung hinterher
schickt, die nicht im Mindesten auf mögliche Probleme eingeht, wird nicht nachgehakt.

Zum andern wird der OB darauf angesprochen, dass die Grünen darauf hingewiesen hätten, dass selbst CDU-Finanzminister Möllring vor PPP-Modellen warne. Der reagiert mit einer zweiten Propagandasalve. Und auch die lässt der Interviewer über sich niederprasseln, ohne Gegenwehr. Keinen einzigen konkreten Kritikpunkt der Grünen (oder auch Möllrings) hält er Hoffmann vor. Hoffmann kennt diese konkreten Punkte natürlich sehr gut – aber warum soll er sich abmühen und dabei in Widersprüche verwickeln, wenn es doch anders so einfach geht?

Also: zumindest Chance vertan!

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