Die siebten Braunschweiger Gramsci-Tage (25./26. 10. 2013)

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Die von der BIAP (Braunschweiger Initiative für einen Politikwechsel) veranstalteten Gramsci-Tage im Oktober sind nun schon eine Braunschweiger Tradition. Dieses Jahr standen sie unter dem Motto „Gute Arbeit und/oder gutes Leben. Gesellschaftliche Herausforderungen und gewerkschaftliche Strategien“

Den Auftakt bildete Bernd Röttger, der an seinen vor wenigen Monaten verstorbenen Lehrer, den Braunschweiger Professor Gilbert Ziebura, erinnerte. Was dessen Schüler als erstes gelernt hätten, sei der gesamtgesellschaftliche Ansatz der politischen Ökonomie gewesen. In diesem Zusammenhang habe er die Frage gestellt, warum politische Alternativen „abgemordet“ würden. Bestimmend sei hier nicht nur der Widerstand der Herrschenden, sondern auch die Strukturen, die durch den Weltmarkt gezogen würden. Röttger charakterisierte Ziebura als einen, der ´durch seine „große Methode“ Marx ´vollendet´ habe.

Wie schon Röttger ging auch der nächste Referent,  der  Marburger Emeritus Frank Deppe, auf die „Große Transformation“, die Umwandelung der Produktionsgesellschaft in die High-Tec- und Finanzkapitalgesellschaft.ein. Es war ein Erdrutsch-Sieg des Neoliberalismus, der den Wohlfahrtsstaat von 1980 an aushöhlte, die Demokratie zerstörte und die Gewerkschaften entscheidend schwächte. Detailliert beschrieb Deppe die für Deutschland positiven Konsequenzen der Euro-Einführung, insbesondere die deutsche Hegemonie in Europa, ein Er kritisierte die „sekundäre Ausbeutung“ der Arbeitnehmer, die nicht nur durch Lohnverzicht, sondern auch durch erhöhte Mieten, Preise, Versicherungen usw. betroffen sind.

Aber auch dieses Regime zeigt innere Widersprüche. Seit 2008/2009 ist der Neoliberalismus offenkundig gescheitert. Nun stellt sich die  Frage nach einer Renaissance der Gewerkschaften. Die Antwort ist laut Deppe ambivalent: Einige Gewerkschaften, vor allem im Osten Deutschlands, verzeichnen Mitgliederzuwächse. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass meist, vor allem bei der IGM, Besitzstandwahrung und Korporatismus vorherrschen.

Dennoch glaubte Deppe mit Blick auf die weltweiten Protestbewegungen eine Vorahnung von 1848 oder 1968 zu spüren. Er schloss mit dem Motto Antonio Gramscis: Motto: „Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens“.

Am Samstagmorgen nahmen die Gramsci-Tage mit „Talk“ moderne Formen an: Vier Referent/in/en  stellten kurz ihren Standpunkt dar und diskutierten darüber unter einander und mit dem Publikum. Während Stephan Krull die Arbeitszeitverkürzung als das einziges Mittel verteidigte, mit der Fehlverteilung der Arbeit fertig zu werden, plädierte Karin Zennig, die mit der Gewerkschaftshierarchie schlechte Erfahrungen gemacht hatte, für die Einbeziehung von externen Bewegungen, z.B. Blockupy. Sorgearbeit spielte in der feministischen Perspektive der Kollegin Christine Raymann eine große Rolle, sie werde von den noch immer tonangebenden Männern oft vernachlässigt. Frank Deppe überlegte, wie man die Menschen dazu bringen könnte, ihre „wirklichen“ Interessen zu vertreten. Einig war man sich, dass es eine neue Unterklasse gebe, sie sei überwiegend farbig. Doch es fehle der neue „Fürst“, der die Interessen bündeln könne.

Der Nachmittag schloss mit drei vertiefenden Seminaren.

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