Die Kurden gehen wieder einmal leer aus

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Die Kurden sind eines der ältesten und größten Völker Vorderasiens, aber die Weltgemeinschaft verweigert ihnen einen eigenen Staat. Am Ende des Ersten Weltkrieges hatte der amerikanische Präsident Wilson allen Völkern Souveränität versprochen, aber auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 wurden die Kurden übergangen. Die Türkei, der Irak, der Iran und Syrien teilten sich später die kurdischen Siedlungsgebiete auf. Als Minderheit, die von den traditionellen Riten des Islam in vielem abweicht, wurden die Kurden diskriminiert.

Ein weitreichender Autonomiestatus für die türkischen Kurden schien während des „Tauwetters“ zu Beginn der Regierung Erdogan möglich, wurde aber wieder ins Gegenteil gewendet, als Erdogan im Syrienkrieg größeren Einfluss in Syrien und im ganzen Nahen Osten gewinnen wollte. Dagegen gelang es den irakischen Kurden im erdölreichen Nordirak eine weitgehend autonome Provinz zu errichten. Auslöser dafür war der 2014 einsetzende Kampf gegen den IS, in dem die kurdischen Peschmerga als „Bodentruppen“ der USA gute Dienste leisteten. Auch für die syrische YPG wuchs die Hoffnung auf Autonomie für ihre an der türkischen Grenze angelegten Schutzzonen, darunter Ardil, die sich durch leidlich demokratische Strukturen auszeichnen.

Nachdem nun aber der IS zum guten Teil territorial besiegt ist, lässt man die Kurden fallen. Waren sie bisher sowohl den Russen wie auch den USA als tapfere Kampfgefährten willkommen gewesen, so ziehen jetzt die Russen als potenzielle Schutzmacht ihre Soldaten ab, als Entgegenkommen an Assad, von dem sie sich einen Weiterbestand ihres Mittelmeer-Stützpunkts bei Latakia erhoffen. Und die USA, Deutschland und Europa möchten es mit NATO-Partner Erdogan nicht ganz verderben. So erhält dieser freie Hand, wenn er mit den Kurdenrepubliken entlang der türkischen Grenze „aufräumen“ möchte.

Das Kurdenproblem wird wieder einmal unter den Teppich gefegt. Aber es ist ein Schwelbrand, der nicht erlöschen wird. Militärisch, wie die Türkei es möchte, wird er nicht zu beenden sein. Es bedarf einer politischen Lösung, zu der nur eine umfassende Nahostkonferenz in der Lage wäre.

2 Kommentare

  1. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.“ (Friedrich Schiller)

    Nur Naivlinge, zu denen Frau Gerlach nicht gehört, konnten annehmen, dass die Kurden, nachdem sie mit den US-Amerikanern den IS vertrieben hatte, nun ihren Kurdenstaat erhalten werden.

    Bündnisse hielten schon immer nur so lange wie sie nützlich sind.

    Unsere Genehmigungen für Waffenexporte an alle Kriegsparteien, sind daher auch nur von geringer Halbwertzeit. Nun schießen „deutsche Leos“ auf „deutsche Milan“ und umgekehrt. Das ist gelebte deutsche Waffenexportpolitik. Mal sehen, was im Koalitionsvertrag steht.

  2. Erdogan mobilisiert sehr intelligent und manipulativ einen tief sitzenden Kurdenhass im überwiegend prowestlichen „Staatsvolk“, dass bis heute allen Minderheiten die Schuld am Untergang des Osmanischen Großreichs geben möchte (s. Armenier).

    Nach der Besetzung Istanbuls 1918 und dem Aufstieg von Mustafa Kemal („Atatürk“) benötigt die überwiegend gering gebildete Bevölkerung einen Sündenbock für ihre andauernde Jämmerlichkeit. Das „Kurdenproblem“, das kein Problem ist, kann nur gelöst werden, wenn man eine gebildete, türkische und kurdische Intelligenz frei von Dogmen erzieht. Leider wirkt das Erdogan-Regime aus Gründen des Machterhalts dieser Vernunft widerlich entgegen.

    Schon vor 30 Jahren hat mein in Hamburg sozialisierter türkischer Freund fest und tief daran geglaubt, dass alle „Bergtürken“ (Kurden) von Natur aus „Terroristen“ seien. Das wurde ihm als 17-Jährigen schon damals im türkischen Armeedienst 2 Jahre lang eingebleut.
    „Die Kurden“ sind für Erdogan das, was für Hitler „die Juden“ waren – die Anti-Apotheose (besser: Sataneose) einer Volksgruppe, um hinter sich eine diktatorische Einheit zu schmieden. Es geht nicht um ein paar Panzer oder Amerikaner. Es geht um einen völlig ideologiefreien, geschickten Diktator, der für seinen privaten Machterhalt halt Völker ermorden lässt.

    Dass ausgerechnet der Genosse Siggi Pop aus Goslar dem psychisch kranken Mann vom Bosporus die Hand darreicht, ist natürlich schändlich, unverzeihlich und infam. Er sollte sich überlegen, ob er die Türkei als billige Werkbank und Aussenhandelsabsatzgebiet mit seiner sozialdemokratischen Seele vereinbaren kann. Für die christliche Kanzlerin gilt dasselbe.

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