Der Ukraine/Russland-Krieg und die gespaltene Ev. Kirche

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Der Krieg gegen die Ukraine sorgt weiter für friedensethische Diskussionen in der evangelischen Kirche. Eine Minderheit spricht sich für Pazifismus aus. So auch ein Vertreter der pazifistisch geprägten Initiative „Sicherheit neu denken“. Sie wollen De-Eskalation und gewaltfreies Handeln in der Ukraine – also auch keine Waffenlieferungen. Jörgen Klußmann von der Evangelischen Akademie im Rheinland kritisiert hingegen diese Position und die jüngste Stellungnahme der Initiative. Dabei bringt er seine Erfahrungen als ziviler Konfliktberater in Krisenregionen ein.

Im Rahmen der Ev. Akademie Abt Jerusalem diskutierten der EKD-Friedensbeauftragte, Friedrich Kramer, der zudem Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ist, mit Bischof Meyns über den Ukraine-Krieg. Landesbischof Meyns sprach sich gegen den „radikalen Pazifismus“ aus, während Bischof Kramer fragte: „Ist Pazifismus naiv?“ und eine Gegenposition vertrat.

Das Thema Frieden war seit 2017 ein Schwerpunktthema in der Ev. Akademie in Braunschweig. Zahlreiche Referenten aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kreisen und mit unterschiedlichen Zugängen zu Kirche und Bundeswehr kamen zu Wort: vom Offizier und Kriegsdienstverweigerer Major Pfaff, Staatssekretär a.D. im Verteidigungministerium Willi Wimmer, SPD-Bundestagsabgeordneter Gernot Erler, hochrangige Militärseelsorger, Schriftsteller wie Wolfgang Bittner und weitere wehrpolitisch engagierte Bürger. Auch der Militärbischof wollte im Mai 2020 in die braunschweiger Akademie kommen, doch Corona kam dazwischen.

Im Rahmen dieser Friedensgespräche trat auch der friedenspolitische Koordinator der Ev. Landeskirche Baden, Ralf Becker in der Ev. Akademie Abt Jerusalem zu Braunschweig auf und stellte am 7. November 2019 das Friedenskonzept der Badischen Landeskirche vor.

Gegen dieses Friedensprojekt „Sicherheit neu denken“ schreibt der Theologe und erfahrener Konfliktberater Jörgen Klußmann. Er ist Studienleiter für „Politik des Dialogs und der Vielfalt“ an der Evangelischen Akademie im Rheinland. Er schreibt als Resümee seines Artikels:

Recht schaffende Gewalt als Option

„Eine Kritik der kirchlichen Initiative „Sicherheit neu denken“ in der Zeitschrift „Zeitzeichen“.

Doch aus Erfahrung weiß ich, dass zivile Konfliktlösungen erst dann wirksam greifen können, wenn die Waffen schweigen. Doch an diesem Punkt sind wir jedoch leider (in der Ukraine, red.) noch nicht. Bis dahin müssen wir uns fragen, welche ernsthaften Optionen wir haben. Ein Nachdenken über eine zukünftige regelbasierte Friedens- und Sicherheitsordnung kann und darf jedoch Recht erhaltende und Recht schaffende Gewalt nicht ausblenden, auch wenn das Primat der Gewaltfreiheit weiterhin gilt.“

3 Kommentare

  1. die momentane Stimmung in den „Mainstreammedien“ erscheint mir als klassische Kriegspropaganda, die uns schon vor über 100 Jahren in eine furchtbare Entwirklung entgegend dem Rat von Bertha von Suttner mit der Folge des ersten und zweiten Weltkriegs getrieben hat. Wir sollten versuchen, diesen Krieg durch erst mal einen Waffenstillstand und Trennung der Konfliktparteien durch eine Art Blauhelme zu beenden. Kosten spielen dafür keine Rolle, da wir viel mehr Geld im Moment für die Kriegsfolgen verpulvern. Dann sollten Verhandlungen ohne Zeitdruck stattfinden. Der Westen und die Ukraine sind nicht unschuldig. Die Natoosterweiterung und Aufrüstung der Ukraine hat den Russen m.E. berechtigte Angst gemacht und die Erklärung der Ukraine zur militärischen Wiedereroberung der Ostprovinzen und der Krim 2021 war eine Art Kriegserklärung gegenüber Russland…

  2. Nach der Käss´schen Theorie der Kriegserklärung von 2021 fällt mir ein Zitat von Hitler ein, das ich etwas verändert hier für Putin erwähne : „Seit dem 24. Februar 2022 wird zurückgeschossen!“

  3. Leider hat die OSZE tatsächlich eine Zunahme des Kiewer Artilleriefeuers auf den Donbass in den zwei Tagen vor dem russischen Einmarsch gemeldet. Die russische Duma hat Putin, der lange still gehalten hatte, aufgefordert etwas zu unternehmen zum Schutz der Bevölkerung.
    Schon Jahre davor war zB Mariupol beschossen worden und Lawrow hatte humanitaere Koridore fuer Zivilisten gefordert!

    Über diesen Krieg Kiews gegen die Zivilbevoelkerung ist im Detschland nur in telepolis, jungeWelt und anderen Oppositions-Medien berichtet worden, in Amerika immerhin in der NYT oder Foreign Policy.

    Wie in den Golfkriegen: „Weapons of Mass deception – Massenbetrugswaffen“. Der deutsche Michel kriegt nicht sehr viel mit, aber da liegt Käss nicht falsch.
    Und wenn man die schwachsinnigen Putin-Hitler-Vergleiche weiterbastelt: Was hatte das Reich 1945 gemacht, wenn sie Atomwaffen gehabt hätten?

    Wollen wir das? Politik als russisches Roulette – wollen wir das?

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