Bürger – Ehrenbürger

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Angesichts der morgigen Ernennung Gerhard Glogowskis zum Ehrenbürger der Stadt referierte Marion Korth in der Neuen Braunschweiger Zeitung von heute eine Einlassung Gerd Biegels zu Braunschweiger Ehrenbürgern. Wir vernehmen da eine doch etwas seltsame Theorie über die Entstehung der Institution in Braunschweig:

In der „knallharten Rivalität“ der Messestädte Leipzig und Braunschweig habe man (zuerst 1838 Abraham Grah aus Solingen) wie Leipzig Kaufleute und Fabrikanten zu Ehrenbürgern gemacht, wenn sie ihre Waren mindestens 100 mal auf Braunschweiger Messen angeboten hätten. Später, nachdem Braunschweig gegenüber Leipzig als Messestadt klar den Kürzeren gezogen habe, seien es dann oft auch Politiker gewesen, die zu Ehrenbürgern der Stadt gemacht wurden.

Auch wenn wir hier eben auf die Schnelle nicht alles überprüfen können, haben wir doch eine etwas andere Sicht.

Bemerkenswert ist doch vor allem, dass die ersten Ehrenbürger allesamt aus fremden Städten kamen. Es ging denn auch anfangs weniger um eine symbolische Ehrenbezeigung. Nichtbürger, Fremde wurden mittels des verliehenen Rechtes zu Bürgern gemacht, übernahmen die Rechte, grundsätzlich ging es um reale Bürgerrechte. Die Verleihung rein symbolischer Ehrenbezeigungen war gemäß Landschaftsordnung des Herzogtums Braunschweigs (1832) den Fürsten vorbehalten: „Der Landesfürst hat allein das Recht, Titel, Rang, Würden, gesetzlich zulässige Privilegien, Standeserhöhungen und Ehrenzeichen zu verleihen.“ – hieß es in § 10 der Ordnung.

So wurden in den ersten Jahrzehnten, bis 1879 mit Heinrich Caspari ein langjähriger Braunschweiger Oberbürgermeister zum Ehrenbürger wurde, allein Auswärtige zu Bürgern der Stadt ehrenhalber gemacht, mit einer Ausnahme: die Braunschweigerin Luise Löbbecke wurde 1861 aufgrund ihrer wohltätigen Aktivitäten ebenfalls Ehrenbürgerin. Es ist davon auszugehen, dass sie – als Frau – ebensowenig die Braunschweiger Bürgerrechte hatte wie Fremde. Das dürfte sich dann für sie geändert haben, nachdem sie aufgrund ihrer besonderen Verdienste um die Wohlfahrtspflege zur Bürgerin ehrenhalber befördert worden war.

Bis 1935 hatten allein Städte das Recht, Ehrenbürgerwürden zu verleihen. Nach der Machtübernahme des Nationalsozialismus wurde es mit Einführung einer einheitlichen Deutschen Gemeindeordnung ein Recht aller deutschen Gemeinden. In einer ersten Ausführungsanweisung vom 22.05.1935 heißt es: „Es entspricht den wiederholten Bekundungen der führenden Persönlichkeiten des neuen Staates, dass die Gemeinden von der Befugnis, Ehrenbürgerrechte zu verleihen, nur in ganz besonderen Fällen Gebrauch machen, damit die Bedeutung des Ehrenbürgerrechts … nicht beeinträchtigt wird.“ (So wurde die Anweisung ausgeführt: Hitler wurde in ca. 4000 Gemeinden Ehrenbürger).

Mit der Gemeindeordnung für das britische Kontrollgebiet vom 1. April 1946 war dann erst einmal Schluss mit den Ehrungen. In § 23 der vorläufigen Gemeindeordnung hieß es: „Niemand darf zum Einwohner einer Gemeinde ehrenhalber ernannt werden und niemand darf als Einwohner einer Gemeinde angesehen werden sofern er nicht dort wohnt oder Gemeindeabgaben zahlt.“ Aber die erste Niedersächsische Gemeindeordnung vom 4.März 1955 führte das Recht, Ehrenbürgerwürden zu verleihen, wieder ein. Wieder hieß es in einer ersten Ausführungsbestimmung: „Um den Wert des Ehrenbürgerrechts und von Ehrenbezeichnungen zu erhalten, sollte von den Gemeinden bei deren Verleihung Zurückhaltung geübt werden.“

Ehrenbürger einer Gemeinde mögen werden:
– „die sich um sie besonders verdient gemacht“ (Sandfuchs/Ihnen),
– die sich „Verdienste im kommunalen Bereich“, „in Bezug auf die Gemeinde“ (Bernsdorff) erworben haben.
– „Der Zweck von Ehrungen besteht vor allem in der Belohnung und Anerkennung der auszuzeichnenden Person. Daneben können Ehrungen einen Ansporn für andere bilden.“ (Behrens)

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