Ärger mit der Reiserücktrittsversicherung: ERGO nutzt Pandemie, um Kostenerstattung zu verweigern. Update 29.4.: Stellungnahme der ERGO-Versicherung

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  • Verbraucherin wird Erstattung der Stornokosten verweigert
  • Versicherung gilt, wenn Reise aufgrund anderer Erkrankungen storniert wurde
  • Kein Anspruch auf Erstattung der Versicherungsprämie, wenn Reise ausfällt

Hannover, 23.04.2020 Schäden infolge von Pandemien sind in vielen Stornokosten- und Reiseabbruch-Versicherungen grundsätzlich ausgeschlossen. Die ERGO Reiseversicherung AG verweigert die Kostenerstattung jedoch auch für eine Buchung, die nachweislich aufgrund einer anderen Erkrankung abgesagt wurde.
Begründung: Die Reise hätte später vom Veranstalter ohnehin absagt werden müssen, da zum Zeitpunkt der Einreise eine Reisewarnung für das Zielland bestand. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen kann diese Argumentation nicht nachvollziehen und sieht den Versicherer verpflichtet, entstandene Stornokosten vertragsgemäß zu erstatten.

Eine Reiserücktrittskostenversicherung soll das Risiko absichern, dass eine geplante Reise aufgrund einer unerwarteten, schweren Erkrankung nicht angetreten werden kann. Versichert sind die Stornokosten, die Verträge schließen jedoch Schäden durch Erkrankungen oder Tod infolge von Pandemien aus. Das versucht die ERGO Reiseversicherung AG aktuell auszunutzen. In einem der Verbraucherzentrale Niedersachsen vorliegenden Fall verweigert sie die Zahlung, obwohl weder Erkrankung noch Absage der Reise im Zusammenhang mit der Pandemie stehen.

Der Fall: Eine Verbraucherin hatte nachweislich eine schwere Bronchitis und konnte den geplanten Wanderurlaub auf Mallorca nicht antreten. Die Stornierung erfolgte am 12. März, die Reise sollte am 22. März starten. Die Versicherung lehnt die Zahlung nun ab, da zum Zeitpunkt der Einreise für das Zielland eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts vorlag. Diese wurde jedoch erst am 17. März ausgesprochen – fünf Tage nach der Stornierung. „Zu argumentieren, die Reise hätte später vom Veranstalter ohnehin abgesagt werden müssen, ist absurd und für den Versicherungsschutz völlig unerheblich“, erklärt Andreas Gernt, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Entscheidend sei vielmehr, dass ein versichertes Ereignis vorgelegen habe und die gebuchte Reise deshalb abgesagt werden musste. „Schließlich musste die Verbraucherin die Stornokosten bereits bezahlen. Wir sehen die ERGO Reiseversicherung daher verpflichtet, den Vertrag zu erfüllen und die nachgewiesenen Stornokosten zu erstatten.“

Beiträge für die Reiserücktrittsversicherung

Viele Kunden fragen sich, ob sie die gezahlte Versicherungsprämie für die Reiserücktrittsversicherung erstattet bekommen, wenn die Reise vom Veranstalter abgesagt wurde. Dies ist jedoch leider nicht der Fall, da der Versicherungsschutz bis zur Absage bestand – umso ärgerlicher ist es, wenn Versicherer den Vertrag jetzt nicht erfüllen.

Bei Fragen hilft die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Bei komplexeren Rechtsfragen zu Versicherungsschäden und -leistungsfällen ist eine telefonische Beratung durch
einen Anwalt möglich. Informationen und Preise unter
www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/telefonberatung

Stellungnahme der ERGO Reiseversicherung zu Pressemeldung der Verbraucherzentrale Niedersachen „Ärger mit der Reiserücktrittsversicherung“, 23. April 2020

Die Kundin hat am 12. März 2020 einen Schadensfall in der Reiserücktritts-Versicherung bei uns eingereicht. Die stornierte Reise sollte am 22. März 2020 starten. Am 17. März 2020 wurde vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland für den Zeitraum vom 17. März 2020 bis zunächst 30. April 2020 (mittlerweile 3. Mai 2020) eine weltweite
Reisewarnung für touristische Reisen ausgesprochen.
Laut unserer Versicherungsbedingungen sind Reisen in ein Land, für das eine Reisewarnung
des Auswärtigen Amts besteht, vom Versicherungsschutz ausgenommen.
§7.2 (bzw. §10.2 in der Jahresversicherung) Allgemeinen Bestimmungen:
Sie reisen in ein Gebiet, für das zum Zeitpunkt Ihrer Einreise eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen ist? Dann haben Sie keinen Versicherungsschutz.
Touristische Leistungsträger, wie Reiseveranstalter oder Fluggesellschaften, können in der Folge keine Reisen durchführen. Bestehende Buchungen werden storniert und der Gast erhält von seinem jeweiligen touristischen Anbieter eine Erstattung oder einen entsprechenden Ausgleich der bereits bezahlten Leistungen. Da die Reise nicht stattfindet,
ist demnach kein Schaden entstanden, der in der Reiserücktritts-Versicherung abgesichert ist. Die Leistungspflicht der ERGO Reiseversicherung entfällt deshalb. Wir bitten unsere Kunden in diesen Fällen, sich für eine Erstattung des Reisepreises an ihren Reiseveranstalter, ihre Fluggesellschaft oder ihr Hotel zu wenden. Wir haben den Fall der Kundin nochmals überprüft und übernehmen die Stornokosten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Wir bitten sie im Gegenzug um eine schriftliche Abtretungserklärung. Diese ermöglicht uns, die Leistungspflicht mit dem touristischen Leistungsträger direkt zu klären. Die Kundin erhält ihr Geld, alles Weitere wird zwischen uns und dem Touristikunternehmen direkt geklärt.
München, 28. April 2020

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