5. IGS – mit Bürgerbefragung Elternwille verhindern

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Seit Beginn der Sommerferien ist klar, die IGS ist bei den Braunschweiger Eltern der jetzigen, neuen Fünftklässler die begehrteste Schulform. Knapp über 50% haben ihr Kind an einer IGS angemeldet, damit es dort beschult werden soll. Da aber die Kapazitäten der vier Braunschweiger Gesamtschulen für diesen Andrang bei weitem nicht ausreichen, gab es einen neuen Höchststand an Ablehnungen.

Für alle Parteien ist klar, wir brauchen eine weitere, eine 5. IGS und nach einer weiteren, sehr gründlichen Schulentwicklungsplanung wohl auch noch eine 6. IGS. Klar für alle Parteien, nur nicht für die Mehrheitsfraktionen im Rat, für CDU und FDP. Gestern ließ die CDU mit einer Pressemitteilung und auf einer Podiumsdiskussion von GEW, Stadtelternrat und Stadtelternrat der KiTas die nächste Wahlkampfkatze aus dem Sack: Über eine 5. IGS soll in einer Bürgerbefragung entschieden werden. Die Begründung ist, die Errichtung einer 5. IGS würde sehr viel Geld kosten und man würde schon viel Geld in den Ausbau der 4. IGS und den Neubau der maroden IGS Wilhelm-Bracke in der Weststadt investieren.

Diese Begründung ruft bei mir vielfachen Widerspruch hervor.

Sobald man diesen CDU-Vorschlag ablehnt, gerät man natürlich in den Verdacht, ein Gegner von mehr Bürgerbeteiligung zu sein, so wie die Leute, die sich gegen die geplante 380kV Trasse wehren, plötzlich als Gegner der erneuerbaren Energien diffamiert werden. Ich halte der CDU entgegen, dass sie die Bürgerbefragung nur und immer dann einsetzt, wenn sie etwas verhindern will (5.IGS), oder sich nicht traut, eine Entscheidung zu treffen, weil es so- oder andersrum unbequem werden könnte (Stadion-Ausbau). Wenn die Ratsfrauen und -herren der CDU sich nicht in der Lage sehen, über die Gelder der Stadt zu entscheiden, dann sollen sie zurücktreten oder, noch besser, den kompletten Haushalt der Stadt jährlich in einer Bürgerbefragung verabschieden lassen.

Außerdem, wo war die Bürgerbefragung bei der Planung des Spaßbades, bei der Entscheidung der Stadt zur Schulsanierung per PPP, beim Bau des ECC-Centers im Schlosspark, beim Verkauf der Stadtwerke, des Abwassersystems, der Ampeln, den jährlichen, auf unbegrenzte Zeit laufenden Zuschüssen zum Schlossmuseum? Null, und die Liste ließe sich noch beliebig verlängern.

Und jetzt, bei der Planung einer 5. IGS, wird dieses Mittel auf einmal wieder hervorgezaubert und als letzte Hoffnung missbraucht, die ungeliebte IGS doch noch verhindern zu können.

Dabei ist gerade die Neugründung einer Schule im Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG) in § 106 (Fassung vom 29.06.2011) haarklein geregelt.

Absatz 1 verpflichtet den Schulträger, Schulen zu errichten, …, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dieserfordert.

Die Prognose der Stadt Braunschweig über eine Steigerung der Einwohnerzahl Braunschweigs lässt nicht auf einen weiteren Rückgang der Schülerzahlen schließen, die Schülerzahl sollte zumindest auf den jetzigen Niveau konstant bleiben.

Der Absatz 2 erlaubt der Stadt, Gesamtschulen zu führen , wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt und der Besuch einer Hauptschule, einer Realschule und eines Gymnasium unter zumutbaren Bedingungen gewährleistet bleibt.

Zur Entwicklung der Schülerzahlen, siehe oben, der Bedarf für eine weitere IGS wird jährlich dokumentiert und der Besuch einer Schule des gegliederten Systems bleibt bei zz. 4 Hauptschulen, 6 Realschulen und 9 Gymnasien (ohne die auslaufenden Schulen) in einer Stadt wie Braunschweig zumutbar gewährleistet.

Absatz 5 des § 106 NSchG legt fest, dass der Schulträger bei schulorganisatorischen Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 u.a. das vom Schulträger zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen hat.

Das Interesse an einer weiteren IGS wird schon jedes Jahr durch die Anmeldezahlen dokumentiert, aus diesem Grund brauchte die Stadt Braunschweig für die Errichtung der 4. IGS nur die Erziehungsberechtigten der Jahrgänge 1 bis 4 in den Grundschulen zu ihrem Interesse an einer IGS-Beschulung ihrer Kinder zu befragen. Andere Schulträger mussten bis in den KiTa-Bereich abfragen.

Wenn bei einer erneuten Abfrage der Grundschuleltern das Interesse den Bedarf für eine 5. IGS ergibt, so hat der Schulträger, die Stadt Braunschweig, dieses Interesse zu berücksichtigen, er muss also eine 5. IGS errichten (Errichten bedeutet im Schulgesetz nicht neu bauen sondern Gründen einer neuen Schule). Dieses festgestellte Interesse ist auch Grundlage für die Genehmigung einer neuen IGS im Ministerium in Hannover.

Nirgendwo im Niedersächsischen Schulgesetz wird eine Bürgerbefragung gefordert, eine Bürgerbefragung, gleich ob positiv oder negativ, hätte keinen Einfluss auf die Verpflichtung des Schulträgers bei erkennbarem Interesse an einer 5. IGS diese Interesse durch eine Befragung der Erziehungsberechtigten der Grundschulkinder und ggf. auch der KiTa-Kinder zu quantifizieren. Eine Bürgerbefragung wäre in diesem Fall heraus geworfenes Geld und vertane Zeit, den Bedürfnissen der Braunschweiger Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden.

Noch einige Anmerkungen zu dem von der SPD ins Spiel gebrachte Schulzentrum Heidberg als Standort für die 5. IGS. Der Bedarf im Süden der Stadt ist sicherlich sehr groß, da die bestehenden 4 IGSn sich im Nordosten und Westen der Stadt ballen. Das Schulzentrum im Heidberg bietet sich an, wenn man nicht neu bauen will. Die Räume sollten für ein 4-zügiges Gymnasium von Jahrgang 5 bis 12 und für eine 5-zügige IGS ausreichen, die gymnasiale Oberstufe könnte von den Schülern des Gymnasiums und der IGS besucht werden. Dafür müssten dann die Hauptschule und die Realschule aufgelöst werden. Beide Schulen werden von den Eltern gut angewählt, auch weil sie Ganztagsschulen der alten Art sind und so die volle ihnen zustehende Ganztagsressource erhalten. Zudem ist die Hauptschule die einzige Hauptschule in der Stadt, die teilweise offen arbeitet, also alle SchülerInnen am Ganztag teilnehmen. Außerdem haben beide eine gute Ausstattung mit Schulsozialarbeitern.

Bei einer Aufhebung dieser beiden Schulen wären die Ganztagsstunden und die Schulsozialarbeit unwiederbringlich verloren, sie können nicht auf die IGS übertragen werden. Diese darf nur als offene Ganztagsschule unter Verzicht auf zusätzliche Ressourcen beantragt werden.

Daher muss mit der Suche eines IGS-Standortes für mich gleichzeitig eine Prüfung einhergehen, wie und wohin zumindest die Hauptschule unter Erhalt ihrer Ressourcen umgesetzt werden kann, damit diese zusätzlichen Stunden den Schülern nicht verloren gehen. Diese Mittel möchte ich dem Land nicht schenken, es würde damit einen guten Schnitt machen.

Und zum Schluss noch einmal zu den Kosten.

Das Schulzentrum Volkmarode war schon so marode, dass es die Stadt über kurz oder lang, eher kurz, hätte sanieren müssen, es kommen also nur die Kosten für eine Erweiterung zusätzlich hinzu.

Der Neubau der IGS Wilhelm-Bracke in der Weststadt wird von der Nibelungen Wohnbaugesellschaft gebaut und instand gehalten, dafür zahlt die Stadt der NiWo 25 Jahre eine Miete und die NiWo erhält das Grundstück der alten IGS zur eigenen Nutzung. Die neue Schule geht nach 25 Jahren in den Besitz der Stadt über. Bei beiden genannten Projekten sind also die Kosten durchaus überschaubar.

Das Schulzentrum Heidberg soll allerdings über das PPP-Modell mit Hoch-Tief saniert werden. Fürchtet die CDU, dass die Kosten, die möglicherweise entstehen, wenn das Schulzentrum durch andere Schulformen als die ursprünglich geplanten genutzt wird und die Räumlichkeiten anders zugeschnitten oder verteilt werden müssen, den angeblichen PPP-Vorteil von kargen 32 Mio. € über 25 Jahre für die Stadt bei schlecht ausgehandelten Verträgen schon vor Beginn der Sanierung schwinden zu sehen?

Liebe Braunschweigerinnen und Braunschweiger, lassen Sie diese Farce um die 5. IGS nicht zu. Sie haben die Möglichkeit mit Ihrer Stimme am 11.09.2011 dem Elternwillen der Grundschuleltern Rechnung zu tragen.

Das NSchG finden Sie unter: http://www.mk.niedersachsen.de/download/5738

Der § 106 NSchG in vollem Umfang:

Errichtung, Aufhebung und Organisation von öffentlichen Schulen

(1) Die Schulträger sind verpflichtet, Schulen zu errichten, zu erweitern, einzuschränken, zusammenzulegen, zu teilen oder aufzuheben, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordert.

(2) Die Schulträger sind berechtigt, neben den Schulen nach den §§ 9 bis 11 Gesamtschulen zu führen, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt und im Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt der Besuch

1.   einer Hauptschule und einer Realschule oder

2.   einer Oberschule

sowie eines Gymnasiums unter zumutbaren Bedingungen gewährleistet bleibt.

(3) 1Die Schulträger sind berechtigt, Oberschulen zu errichten, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt. 2Errichten die Schulträger Oberschulen, so sind sie von der Pflicht befreit, Hauptschulen und Realschulen zu führen. 3Die Erweiterung einer Oberschule um ein gymnasiales Angebot ist zulässig, wenn der Besuch eines Gymnasiums im Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt unter zumutbaren Bedingungen gewährleistet bleibt und der Schulträger desjenigen Gymnasiums zustimmt, das die Schülerinnen und Schüler sonst im Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt besuchen würden. 4Absatz 1 bleibt im Übrigen unberührt.

(4) Die Schulträger sind berechtigt, 10. Klassen an Hauptschulen und an Förderschulen zu führen, wenn die Entwicklung der Schülerzahlen dies rechtfertigt.

(5) 1Schulträger haben bei schulorganisatorischen Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3

1.   die Vorgaben nach Absatz 8 Satz 1 Nr. 2 sowie die Vorgaben zur Festlegung von räumlichen Bereichen, auf die sich das Bildungsangebot am Schulstandort bezieht (Einzugsbereich), einzuhalten,

2.   das vom Schulträger zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen,

3.   die raumordnerischen Anforderungen an Schulstandorte und Einzugsbereiche zu erfüllen sowie

4.   zu berücksichtigen, dass schulorganisatorische Maßnahmen der Entwicklung eines regional ausgeglichenen Bildungsangebots nicht entgegenstehen sollen.

2Haben berufsbildende Schulen einen schulträgerübergreifenden Einzugsbereich, so setzt sich der Schulträger vor schulorganisatorischen Entscheidungen nach Absatz 1 mit den anderen betroffenen Schulträgern ins Benehmen.

(6) 1Die Schulträger können

1.   Grundschulen mit Hauptschulen oder mit Oberschulen ohne gymnasiales Angebot sowie

2.   Sonderschulen mit allen allgemein bildenden Schulen mit Ausnahme des Kollegs und des Abendgymnasiums

 

organisatorisch in einer Schule zusammenfassen; die Schule wird dabei entsprechend den Schulformen in Schulzweige gegliedert. 2Die Schulzweige arbeiten organisatorisch und pädagogisch zusammen.

 

 

(7) Die Schulformen der berufsbildenden Schulen werden grundsätzlich organisatorisch und pädagogisch in einer Schule zusammengefasst; die Schule wird dabei entsprechend den Schulformen gegliedert.

(8) 1Die Schulträger bedürfen für schulorganisatorische Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 4 und 6 sowie nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Satz 6 der Genehmigung der Schulbehörde. 2Die Genehmigung zur Errichtung und Erweiterung von Schulen mit Ausnahme der Berufsschule kann auch dann versagt werden, wenn nach den personellen, sachlichen und fachspezifischen Gegebenheiten die Erfüllung des Bildungsauftrages der Schule nicht gesichert ist. 3§ 133 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung und § 77 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Landkreisordnung sowie § 176 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes sind nicht anzuwenden. 4Das Kultusministerium wird ermächtigt, durch Verordnung Schulträger auf Antrag von der Pflicht zu befreien, Hauptschulen, Realschulen oder Gymnasien zu führen, wenn diese Schulen auf Grund der Schülerzahlen neben einer Gesamtschule nicht in ausreichender Gliederung geführt werden können.

(9) 1Das Kultusministerium wird ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen,

1.   welche Anforderungen unter raumordnerischen Gesichtspunkten an Schulstandorte und Einzugsbereiche zu stellen sind,

2.   welche Größe die Schulen oder Teile von Schulen unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines differenzierenden Unterrichts aufweisen sollen,

3.   unter welchen Voraussetzungen Schulen Außenstellen führen dürfen und

4.   wie die Einzugsbereiche und Standorte der einzelnen Schulen aufeinander abgestimmt werden sollen.

2Vor Erlass der in Satz 1 Nrn. 1 bis 4 genannten Verordnungen ist der Landtag rechtzeitig zu unterrichten.

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