Zum beabsichtigten Flughafenausbau und zur Rolle der BZ

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Die Braunschweiger Zeitung (BZ) titelt in ihrer Ausgabe vom 27.9.2008 „Flughafen-Ausbau kann sich um ein weiteres halbes Jahr verzögern“ und weiter „Wegen Brut- und Setzzeit muss Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts bis Ende des Jahres vorliegen“. Eine Analyse offenbart die Qualität und die Absichten dieser journalistischen Meisterleistung.

Bereits der Untertitel „Wegen Brut- und Setzzeit muss Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts bis Ende des Jahres vorliegen“ lässt vermuten, dass hiermit ein ungebührlicher Druck auf das Oberverwaltungsgericht ausgeübt werden soll, möglichst schnell im Sinne der Ausbaubefürworter zu entscheiden. Sollen hier Sachargumente durch öffentliche Stimmungsmache ersetzt werden?

Nachdruck folgt auf dem Fuße: „Die Flughafengesellschaft Braunschweig-Wolfsburg hat zur Zeit zwei drängende Probleme: Den Fluglotsenstreik und die Verzögerungen beim Ausbau der Start- und Landebahn auf eine Länge von 2300 Meter.“

So, als ob der Ausbau bereits unwiderruflich beschlossene Sache und eine rechtliche Würdigung des Ausbaubegehrens und der Planfeststellung nur eine lästige Formsache seien.

Als nächstes meint die Zeitung: „Das (Oberverwaltungsgericht) nämlich muss in zweiter Instanz über eine Klage der Ausbaugegner entscheiden. Und der Verkündungstermin sei immer noch nicht bekannt, sagt Manlik (CDU, Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen Braunschweig-Wolfsburg GmbH). „Wenn wir bis Jahresende keine Entscheidung haben, kann es zu einer weiteren Verzögerung des Ausbaus kommen“, weiß er.“

Tatsächlich wird über die Klage von NABU und von betroffenen Grundstückseigentümern jedoch nicht in zweiter, sondern in erster Instanz verhandelt. Offenbar eine Freudsche Fehlleistung: Die Ausbaubefürworter mögen die erste Instanz bereits mit einer möglichen Entscheidung gegen einen Ausbau abgehakt haben und sich bereits auf die nächste Instanz konzentrieren. Aber auch hier wieder die als ungebührlicher Druck auf das Oberverwaltungsgericht empfundene Behauptung: „Wenn wir bis Jahresende keine Entscheidung haben, kann es zu einer weiteren Verzögerung des Ausbaus kommen“.

Die Zeitung weiter: es entfielen „auf den Flughafenausbau 38,6 Millionen Euro, die von den Anteilseignern sowie aus EU-Fördermitteln aufgebracht werden. Durch die Verzögerung gebe es keine Probleme mit den EU-Mitteln, da nach ersten Verzögerungen durch die Klage die Abruffrist für diese Mittel im vergangenen Jahr um fünf Jahre verlängert worden sei, sagt Manlik.“

Gerade so, als ob die EU aufgrund der vor dem Oberverwaltungsgericht anhängigen Klage und des dadurch bedingten zeitlichen Ablaufs die Abruffrist für Fördermittel um fünf Jahre verlängert habe. Von einem „Abruf“ kann jedoch keine Rede sein: Auf Anfrage teilte die Europäische Kommission, Generaldirektion Regionalpolitik, am 24. September 2008 mit, dass „eine EU-Kofinanzierung derzeit weder bewilligt noch beantragt ist“.

Die Zeitung weiter: „Bei den Baukosten erwartet er (Manlik, CDU) keine Kostenexplosion durch die Verzögerungen, da verhältnismäßig wenig Stahl verbaut werde, dessen Preise drastisch gestiegen seien.“

Tatsächlich betrugen die Ausbaukosten laut aktualisiertem Masterplan vom 1.9.2004 30,868 Mio. Euro, laut Pressemitteilung der Stadt Braunschweig vom 2.6.2005 34,813 Mio. Euro und laut Stellungnahme der Stadt Braunschweig vom 11.12.2007 (Drucksache 7079/07) 38,6 Mio. Euro. Dies entspricht einer jährlichen Kostensteigerung von ca. 2,6 Mio. Euro, die vom Stadtkämmerer mit üblichen Kostensteigerungen begründet wurde. Gleichzeitig wächst der jährliche Zuschussbedarf für den Betrieb des Flughafens: 2006 (Ist): 1,423 Mio. Euro, 2007 (Soll): 1,794 Mio. Euro, 2008 (Soll): 2,149 Mio. Euro. Dies entspricht einer jährlichen Steigerung des Zuschussbedarfs (Defizits) von ca. 242.000 Euro. Keine Kostenexplosion?

Die Zeitung weiter: „Bei den Baukosten erwartet er (Manlik, CDU) keine Kostenexplosion durch die Verzögerungen, da verhältnismäßig wenig Stahl verbaut werde, dessen Preise drastisch gestiegen seien.“

Ebenso gut könnte man behaupten, dass verhältnismäßig wenig Gold verbaut werde, dessen Preis in den letzten Jahren drastisch gestiegen sei. Tatsächlich wird aber Beton verbaut, dessen Verkaufspreis ab Werk – je nach Eigenschaften – von ca. 50-65 Euro/cbm im Jahre 2001 auf ca. 80-115 Euro/cbm im Jahre 2008, also auf jeden Fall deutlich, gestiegen ist.

Fazit: Der Artikel „Flughafen-Ausbau kann sich um ein weiteres halbes Jahr verzögern“ in der Braunschweiger Zeitung vom 27.9.2008 erscheint geeignet, den Eindruck zu erwecken, er sei von den Ausbaubefürwortern dem Schreiber in die Feder diktiert worden mit dem untauglichen Versuch,

  • den Ausbau des Flughafens als unwiderruflich beschlossene Sache darzustellen,
  • das Oberverwaltungsgericht unter ungebührlichen Druck zu setzen,
  • die Förderung des Ausbauvorhabens durch die EU als gegeben darzustellen und
  • die ständig steigenden Kosten für den Ausbau und den Betrieb des Braunschweiger Flughafens herunterzuspielen.

Tatsächlich wurde für den Ausbau des Flughafens Braunschweig jedoch kein nachvollziehbarer Bedarf ausgewiesen. Mit dem beabsichtigten Ausbau wären jedoch – abgesehen von der Verschwendung von Steuergeld für ein Prestigeobjekt – erhebliche Nachteile verbunden:

  • die Zerstörung von ca. 60.000 Bäumen und eines zum Teil über 225 Jahre alten Eichen- und Hainbuchenwaldes,
  • die Zerstörung der damit verbundenen Luftreinhaltung, Klimaverbesserung und Wasserhaltung,
  • die Zerstörung des Lebensraums seltener Tier- und Pflanzenarten,
  • die Zerstörung eines über Jahrhunderte gewachsenen Landschaftsbilds und
  • die Zerstörung eines Naherholungsgebiets für die Braunschweiger Bevölkerung

Hierzu der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin am 4.6.2008: „Der Ausbau der Flughäfen Kassel-Calden als auch Braunschweig ist überflüssig, denn sie sind schwache Flughäfen der dritten Kategorie und Windmaschinen zur Verschwendung von Steuermitteln.“

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