Gerichtsverfahren Abwassergebühren Teil IV: Die Privatisierung der Stadtentwässerung von 2005/2006

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Anlässlich des Abwasserprozesses am morgigen 24.09.2013, 10:30 Uhr, den das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in Braunschweig, Eiermarkt 4-5 verhandelt.

(Teil I: Abwassergebühren: Berufungsverfahren des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg findet am 24. September in Braunschweig statt)

(Teil II: Einrichtung und Ausbau der Braunschweiger Stadtentwässerung im ausgehenden 19. Jahrhundert)

(Teil III: Die kostendeckende Finanzierung der Stadtentwässerung in Braunschweig durch Beiträge von 1888 bis 1961, durch Gebühren seit 1962)

Teil IV: Die Privatisierung der Stadtentwässerung von 2005/2006

Keine zehn Jahre, nachdem man mit durch eine einfache Ausgliederung des Gebührenhaushalts ca. 100 Millionen Euro in den allgemeinen Steuerhaushalt vereinnahmte, obwohl man von Seiten des allgemeinen Verwaltungshaushalt nie etwas eingezahlt hatte, was das hätte rechtfertigen können, wurde erneut die Gesellschaftsform der Stadtentwässerung geändert.

 

Zwar konnte man mit dem Trick einer Herauslösung der Entwässerung aus dem Gesamthaushalt im Jahr 1997 ca. 100 Mio. vereinnahmen, doch da der Entwässerungshaushalt nun nicht mehr Teil des Gesamthaushaltes war, konnte man nach 1997 auch nicht mehr darüber verfügen. Um erneut darüber verfügen zu können, gründete man 2005/2006 einfach die Stadtentwässerung neu ….

Statt weiter über das komplizierte Geschäft der Privatisierung der Stadtentwässerung zu berichten, belassen wir es hier bei einer Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Beiten Burkhardt, die neben anderen Anwaltskanzleien sowie Wirtschafts- und Finanzberatungsunternehmen den Vorgang ersonnen und begleitet hat. Obwohl vom Haushalt nichts eingezahlt war, wurden dabei ein weiteres Mal viele Millionen Euro der Stadtentwässerung in den allgemeinen Haushalt transferiert.

Die diversen Umwandlungen und Vermögensverschiebungen stehen erst einmal für sich. Im Gerichtsverfahren geht es „nur“ um einen Gebührenprozess. Ermittelt und entschieden wird daher allein über die Rechtmäßigkeit der Gebührenbescheide, in erster Linie über die Höhe der Gebühr. Neben anderen Klagepunkten stellen sich hauptsächlich die folgenden Fragen:

1) Wenn dem Gebührenhaushalt hohe Summen auf Dauer entnommen werden – und dies gleich mehrfach – müssen dann diese Beträge nicht denen zu Gute kommen, die allein sie bezahlt haben, den Beitrags- und Gebührenzahlern, müssen die Einnahmen nicht den Gebührenhaushalt entlasten?

2) Eine besondere Situation stellt sich für viele eingemeindete Umlandgemeinden der Stadt Braunschweig dar. Gemäß Verwaltungsbericht (1973-1976, S. 134) wurden in diesen Gemeinden, bevor sie in die Stadt eingegliedert wurden, noch gesonderte Beiträge für den Bau der Kanalanlagen gezahlt. Dagegen waren in der Stadt die regelmäßigen Beiträge (bis 1961) und Gebühren (ab 1962) so bemessen worden, dass auch der Bau der Anlagen komplett damit finanziert werden konnte. Als Ausgleich für ihre Sonderzahlungen wurde den Beitragszahlern der Umlandgemeinden ihre Gebührenrechnung um einige Cent vermindert, wobei dann gleich alle Gebührenzahler in den Genuss dieser Entlastung um wenige Cent kamen, nicht nur die, die einst die besonderen Beiträge geleistet hatten. Somit wurde die – grundsätzlich rechtswidrige – Ungleichbehandlung nicht ausgeglichen, sondern fortgeschrieben. Und während sich der Steuerhaushalt, der überhaupt keine Einlagen gemacht hatte, dreistellige Millionenbeträge aus dem Gebührenhaushalt holte, sollten sich die von einzelnen Beitragszahlern in den Tausenden liegenden tatsächlich geleisteten Einlagen quasi in Nichts auflösen. Eine Rechtfertigung derartiger Ungleichbehandlungen ist nicht ersichtlich.

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