So will die Ampel Lobbyismus regeln

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Von Annette Sawatzki und Timo Lange

Die Lobby-Fußspur kommt, aber immer noch kein Deckel für Großspenden an Parteien: Der neue Koalitionsvertrag enthält viel Licht, aber auch Schatten. Lesen Sie hier unsere Blitz-Analyse und den Ausblick auf das, was jetzt ansteht!

Der Koalitionsvertrag ist endlich da, und wir haben ihn sofort aufmerksam studiert: Wie hält es die Ampel mit Transparenz und Lobbykontrolle? Bekommen wir nach den letzten Skandal-Jahren wirklich Fortschritt, oder bleibt alles beim Alten?

Tatsächlich hat der Koalitionsvertrag einiges zu bieten: Viele unserer Forderungen wurden aufgegriffen und in ein ambitioniertes Programm gegossen. Das ist ein Erfolg unserer jahrelangen Überzeugungsarbeit und nicht zuletzt auch unseres Appells an die Verhandler:innen, den Sie und 18.264 weitere Menschen unterzeichnet haben. Dank Ihrer Unterstützung können nun wir diese erste Bilanz ziehen:

  • Die Lobby-Fußspur für Gesetze wird kommen und das im nächsten Jahr in Kraft tretende Lobbyregister ergänzen. Damit wird nicht nur sichtbar, wer überhaupt Lobbyarbeit macht – sondern auch ganz konkret, wer bei welchen Gesetzgebungsverfahren in welcher Weise Einfluss nimmt.
  • Das ab 2022 geltende Lobbyregister-Gesetz soll nachgeschärft werden. Gut, denn es gibt einige Schlupflöcher. Unsere Ideen, wie sie zu schließen sind, werden wir einbringen.
  • Die Koalition will den Straftatbestand der Abgeordnetenkorruption wirksamer gestalten. Auch das hatten wir lange gefordert. Erst letzte Woche hat sich im Maskenskandal um die Unionspolitiker Nüßlein und Sauter wieder gezeigt, dass das aktuelle Gesetz wenig taugt: Beide gehen wohl straffrei aus.
  • Ein weiterer Erfolg: Das Parteisponsoring soll endlich transparent werden. Was haben wir uns in dieser Sache jahrelang den Mund fusselig geredet! Wirklich gut und überfällig, dass diese Transparenzlücke nun geschlossen werden soll.

So weit klatschen wir uneingeschränkt Beifall. Wo viel Licht ist, gibt es aber auch Schatten:

  • Im Vertrag findet sich keine ausdrückliche Absichtserklärung, künftig die Lobbykontakte der Bundesregierung offenzulegen. Wir erwarten, dass zumindest im Rahmen der neuen Lobby-Fußspur Kontakte der Regierungsmitglieder publik gemacht werden. Das ergibt allerdings kein vollständiges Bild, denn die Fußspur beschränkt sich auf Gesetzgebungsverfahren, während Lobbytreffen auf höchster Ebene auch zu anderen Themen stattfinden, etwa bei Auftragsvergaben oder Maßnahmen der Wirtschaftsförderung. Wir drängen deshalb darauf, dass die Ampel hier noch einen Schritt weiter geht.
  • Parteispenden werden nur ein kleines bisschen transparenter: Großspenden sollen ab 35.000 Euro sofort publik gemacht werden, ab 7.500 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien. Bisher lagen die Schwellen bei 50.000 bzw. 10.000 Euro. SPD und Grüne hatten deutlich mehr Transparenz versprochen, konnten sich aber offenbar nicht weiter gegen die FDP durchsetzen. Ein halbherziger Fortschritt, durch den das Spendenstückeln zur Transparenzvermeidung noch nicht effektiv unterbunden werden kann.
  • Wirklich schlecht ist, dass die Ampel für Parteispenden und -sponsoring keine Obergrenze vorsieht. Es ist schlicht undemokratisch, wenn Einzelne mit Millionenspenden Einfluss nehmen, wie wir es im letzten Wahlkampf immer wieder gesehen haben. Wir fordern deshalb weiterhin eine Höchstgrenze für Zuwendungen an Parteien – wie es sie in den meisten EU-Ländern längst gibt.

Trotz der Defizite ist der Ampel-Vertrag insgesamt ein Fortschritt. Sichtbar wird dieser auch daran, dass unsere Kritik an einseitigen Lobby-Veranstaltungen wie dem Autogipfel aufgenommen wurde. Statt Autogipfeln will die Koalition eine Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ mit Beteiligung auch von Umwelt- und Verkehrsverbänden sowie der Wissenschaft einrichten. Ob die exklusiven Klüngelrunden mit der Autolobby damit wirklich passé sind, werden wir genau beobachten. Und weiter darauf pochen, dass es auch bei anderen wichtigen Zukunftsfragen eine ausgewogene, breite Beteiligung unterschiedlicher Akteure gibt. Mehr auf der HP von Lobbycontrol.

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