Region Braunschweig – nur ein „Nirvana Approach“?

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Vechelder Bürger wollen zur Region Braunschweig gehören und nicht zum Landkreis Hildesheim!

Am 22. Juli entscheidet der Kreistag Peine über eine Fusion mit dem Landkreis Hildesheim und will sich von der Region Braunschweig verabschieden. Auch wenn der Plan an der Weigerung der Grünen im Kreistag scheitert, ist er ein Warnsignal für alle, die auf eine Region Braunschweig hoffen.

 

In der Braunschweiger Region hat kleinräumiges Denken Tradition. Schon im ausgehenden Mittelalter kämpften der Braunschweiger Herzog und der Bischof von Hildesheim in der Hildesheimer Stiftsfehde um Land und Besitz. Nach 1870 benachteiligte die Preußische Staatsbahn Braunschweig. Es war billiger, Steinkohle ins preußische Peine zu liefern als nach Braunschweig. Braunschweig  wurde  von den großen Verkehrssträngen abgehängt. Preußen führte den  Ost-West-Eisenbahnverkehr Berlin-Hannover ums welfische Mini-Herzogtum herum. Deshalb fahren auch heute viele ICEs an Braunschweig vorbei. Lehre aus der Geschichte: Wenn wir in unserer Region nicht die Kleinstaaterei überwinden, werden wir weiter abgehängt bleiben.

Seit gut vierzig Jahren gibt es immer wieder Ankündigungen und Visionen, aber kaum konkrete Schritte auf eine gemeinsame Region Braunschweig zu. Deshalb erwägt die Peiner SPD eine Fusion zwischen den Landkreisen Peine und Hildesheim. Am 27. Mai wurde das Fusionsmodell in Ilsede vorgestellt: Auf der Leinwand ist ein Hammer zu sehen, der Porzellan zerschlägt. Nein, niemals darf der Landkreis Peine aufgeteilt werden! Ich frage mich: Warum eigentlich nicht, wenn dies dem öffentlichen Wohl und einer vernünftigen Raumordnung dient? Für uns Vechelder und Wendeburger  ginge die Welt nicht unter, wenn der Landkreis Peine aufgelöst würde. 

Landrat  Franz Einhaus (Peine) aber will einen Landkreis als schlagkräftigen Gegenpol zur „Sogwirkung“ von Hannover und Braunschweig  bilden.  Fusion mit der  Stadt Braunschweig, mit Helmstedt und Wolfenbüttel? Die Beteiligten haben kein Interesse.  Auch Einhaus selbst nicht. Er fürchtet um das Peiner Jobcenter, die Kreissparkasse und die Müllabfuhr, die sich der Moloch Braunschweig im Osten einverleiben könnte. 

Die Fusion von Peine und Hildesheim ist der einzig gangbare Weg in die Zukunft. Sagt der Landrat und stellt die Fusion am 22. Juli zur Abstimmung im Kreistag Peine.  Ein Regionalverband oder sogar eine Region Braunschweig nach dem Vorbild Hannovers? Das ist für Einhaus keine Alternative und überhaupt nicht erstrebenswert.  In seinen öffentlichen Äußerungen und Pressestatements weckt Einhaus die Sorge der Landkreisbewohner vor der politischen Bedeutungslosigkeit. Bei einer großen Region werde es keine ortsnahe politische Mitbestimmung, keine verkehrsgünstige, bürgernahe  Verwaltung mehr geben. Nichts.  Alles wird von einem bürokratischen Verwaltungsungeheuer geschluckt.

In Ilsede ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Das Wichtigste bei der Bildung einer gemeinsamen Region Braunschweig ist die Vertrauen.   Wie kann  den Menschen in den umliegenden Landkreisen die Furcht genommen werden, sie würden in einer verfassten Region Braunschweig enteignet, zur bedeutungslosen Masse degradiert, müssten lange Wege zum Amt in Kauf nehmen? Wie können Kommunalpolitiker davon überzeugt werden, dass Mitbestimmung auch in größeren Verwaltungseinheiten  gut möglich ist. Denn die Gemeinden würden ja erhalten bleiben. Auch bei einer Fusion Peine-Hildesheim werden Rationalisierungsmaßnahmen nicht ausbleiben, zumal die Einwohnerzahl im Gebiet stark schrumpft. 

Mächtige Kommunalpolitiker wie der Braunschweiger Oberbürgermeister haben in der Vergangenheit  arrogant vermieden, ihre politischen Partner im Umland als gleichberechtigte Gesprächspartner ernst zu nehmen.

Nun stellt sich die große Frage: Wie können die Schäden am Projekt Region BS überwunden werden, die dadurch  verursacht worden sind?   

Die demografische Prognose in unserer Region fordert konsequentes Handeln. Einen Ausgleich zwischen den wachsenden Großstädten und den schrumpfenden und alternden Gebieten im ländlichen Bereich lässt sich durch nur durch flexible Mobilitätsangebote und angemessene Gesundheitsvorsorge finden. Das heißt besserer Nahverkehr, das heißt bessere Vernetzung zwischen Land und Stadt. Wie soll dies mit der bisherigen Eigenbrötelei der Gebietskörperschaften, mit ängstlicher Wahrung des Besitzstandes zu leisten sein?

Warum gehen die Befürworter einer starken Region nicht auf ihre Partner im Umland zu? Warum wird das Modell einer Initiative  der drei Oberbürgermeister BS-SZ-WOB zu Verbesserungen im Nahverkehr nicht zu einer gemeinsamen Initiative der Städte und Kreise in der Region ausgebaut? Wir brauchen vertrauensvolle Kooperation auf dem  gemeinsamen Gleis in die Zukunft . Die bisherigen politischen Äußerungen aus der Region gleichen aber eher einem „Nirvana Approach“.   Sie träumen sich aus einer traurigen Wirklichkeit in ein kaum zu erreichendes Ideal. Gerade SPD-Politiker hoffen, dass die Landesregierung die gegensätzlichen Interessen in der Region BS schon wunderbar unter einen Hut bringen wird. Weit gefehlt. Eine Region BS braucht vor allem vertrauensvolle, konkrete Umsetzungsschritte unter den Betroffenen vor Ort. Und zwar sofort.

 

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