„Etwas Selbstverständliches auszusprechen heißt, das Gegenteil für möglich zu halten“

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Seit etwa zwei Jahren beobachte ich eine Inflation. Eine Inflation der Begriffe „Werte“, „Grundwerte“, „atlantische Werte“ oder „westliche Werte“ (gibt es auch östliche?). Besonders deutlich wurde die, natürlich nur verbale, „Werteinflation“ vor etwa drei Wochen, als in Deutschland wichtige internationale Konferenzen stattfanden. Nur ein Beispiel: Der Vizepräsident der USA, Mike Pence, beschwor die westlichen Werte auf der sog. „Sicherheitskonferenz“ in München, und benannte die Werte sogleich: Demokratie, Freiheit und rechtstaatliches System. Erstaunlich ist, dass er nicht „Kapitalismus“ sagte, aber dieser Begriff gehört wahrscheinlich mit zum Freiheitsverständnis.

Es könnten hier noch diverse weitere Beispiele folgen.

Zur verbalen Werteinflation fällt mir ein Spruch ein: „Etwas Selbstverständliches auszusprechen heißt, das Gegenteil für möglich zu halten“.

Das Gegenteil wird inzwischen nicht nur für möglich gehalten; der Verlust von Werten ist vielmehr Teil des Systems, in dem wir leben. Und dieser Werteverlust hat seit Jahren knallharte Auswirkungen. „Der Fisch stinkt vom Kopf“, soll mal Mao Tse Tung gesagt haben. Zumindest hier hat er recht, auch bei dem Werteverlust.  Einer dieser Werte, der verlustig gegangen ist, ist die Wahrheit. Die Lüge hat wie selbstverständlich in unser politisches und wirtschaftliches System Einzug gehalten.

Einige wenige Beispiele:

– Der Irakkrieg mit all seinen tödlichen Auswirkungen bis heute, begann und basierte auf einer Lüge von Präsident Bush und Blair

– Der Afghanistankrieg basierte auf einer Lüge der NATO

– Der Neoliberalismus, als Extremform des Kapitalismus, basiert auf einer Lüge, nämlich der, dass es allen ökonomisch besser gehen wird. Die AfD ist die Folge.

– Der VW- Abgasskandal basiert auf Betrug und Lügen, die bis heute anhalten, weil weder entschädigt noch aufgeklärt wird.

– Unsere Hilfsbereitschaft basiert auch auf Lügen, wenn man sich das Flüchtlingselend mit vielen Toten auf dem Balkan ansieht.

Diese fünf Beispiele sollen erst mal reichen. Allein diese Lügen weisen drauf hin, dass wir inzwischen wertefrei leben. Darum werden Sie auch so fleißig beschworen – diese Werte. Die Lüge und der Betrug müssen nur groß genug sein.

In einen politischen Diskurs brachte ich ein, dass die Werte ein wichtiges Wahlkampfthema wären. Heftig wurde mir widersprochen. Das sei ein „Softthema“. Ein Streit mit Wattebäuschen auf Philosophenebene, sagte ein stadtbekannter Linker. Weit gefehlt, antwortete ich. Sobald man sich mit den Themen Würde des Menschen und Werten auseinandersetzt, wird man erkennen, dass das die entscheidenden Themen sind, um die bei der Bundestagswahl gerungen werden sollte. SPD-Kandidat Schulz hat das erkannt und setzt auf Glaubwürdigkeit. Allerdings in der Hoffnung, dass die Wähler vergessen – auch seinen Anteil an der Lüge im Europaparlament. Man denke nur an die Privatisierungen öffentlicher Daseinsvorsorge. Der Anstand bei den sog. Eliten ist verloren gegangen. Aber das Wort ist ja ohnehin aus der Mode.

Doch wer vor den Populisten einknickt, lässt es zu, dass die Zivilgesellschaft ihre Werte verliert.“ (Waltraut Schwab)

 

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