Erster Kompaktbericht zum Klimaschutzkonzept 2.0

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Überschwemmungen sind in Braunschweig nichts Neues, hier ein Blick von der Grünewaldstraße auf die Mittelriede. Der Weg links neben dem Fluss ist völlig im Wasser verschwunden (Mai 2013). Hier richtet die Überschwemmung keinen nennenswerten Schaden an. Ganz anders die Überschwemmung der Braunschweiger Innenstadt am 22. Juni 23. Foto: Hans-Georg Dempewolf

Von Bürgerinitiative Braunschweig (BIBS)

Seit Ende Oktober liegt der Erste Kompaktbericht zum Klimaschutzkonzept 2.0 (IKSK 2.0) vor. Entsprechend den sechs Handlungsfeldern im IKSK beziehen sich die Ausführungen auf die Bereiche (1) Verwaltung und Politik, (2) Gebäude, Wohnen, Stadtplanung, (3) Energieversorgung, (4) Mobilität und Verkehr, (5) Alltag, (6) Wirtschaft. Dabei lassen sich Maßnahmen, die sich im Theoretischen bewegen (Konzeptentwicklungen, Planungen, Beratungsgespräche) von solchen unterscheiden, die bereits zu praktischen Konsequenzen geführt haben. Die letzteren sind leider eindeutig in der Minderheit und im Text eher versteckt. Eine Zusammenstellung oder farbliche Hervorhebung hätte die Lesbarkeit deutlich erleichtert. Natürlich ist kein planloses Drauflos-Arbeiten erwünscht, aber die an der Planung Beteiligten müssen sich bewusst sein, dass aufgrund der Notstandssituation maximales Arbeitstempo gefordert ist.

Defizite am Bericht sowie an den Maßnahmen sind deutlich und werden hier dargestellt.

Zu den Handlungsfeldern:

(2) Gebäude, Wohnen, Stadtplanung.

  • Eine wichtige Maßzahl für eine Einschätzung des Tempos für Gebäudesanierungen ist die energetische Sanierungsrate. Diese liegt deutschlandweit bei ca. 1%. Für die Erreichung des Ziels „Klimaneutralität 2030“ müsste sie auf mindestens 4% gesteigert werden. Im IKSK wird ein Ziel von 2,3% für 2030 angegeben, das aber zu niedrig angesetzt ist. Die jeweils aktuelle Zahl einschließlich der Zahl der sanierten Wohneinheiten müssten jährlich mitgeteilt werden. In diesem Kompaktbericht werden sie nicht erwähnt.
  • Maßnahmen zur Klimaanpassung (siehe auch IKSK 2.0 S. 95/96) sollen laut Kompaktbericht im Rahmen von „kleinen Klima-Pilotprojekten“ erprobt werden. Wünschenswert wären stattdessen umfangreiche Maßnahmen in hohem Tempo! Statt alles selber auszuprobieren, können Erfahrungen aus anderen Städten übernommen werden. Jährliche Bilanzen des Baumkatasters sowie von Ver- und Entsiegelungen sollten mitgeteilt werden. In diesem Zusammenhang sei jetzt schon hingewiesen auf die wahrscheinliche EU-Regelung ab 2024, dass bis 2030 kein Nettoverlust an städtischen Grünflächen und Baumüberschirmungen stattfinden soll und die Grünflächen gleichzeitig ausgeweitet werden sollen. Höchstmögliche Dach- und Fassadenbegrünung sollte in die Integrierte Klimaanpassungsstrategie eingefügt werden.

(3) Energieversorgung.

  • Laut IKSK 2.0 bestand der Plan, bis 2022 einen Gesamt-PV-Zubau von 100.000 kWp zu erreichen. Abb. 1 im Kompaktbericht zeigt jedoch aktuell bis 2022 nur einen Zubau von aufsummiert ca. 44 000 kWp. D.h. es besteht ein Defizit von 55%! Weder wird im Kompaktbericht dieser einfache Zahlenvergleich durchgeführt noch wird über möglich Maßnahmen berichtet, den Zubau deutlich zu beschleunigen.

(4) Mobilität und Verkehr.

  • Auch in diesem Handlungsfeld bestehen Defizite. Sicherlich nicht förderlich für eine stärkere Nutzung des ÖPNV war die Tariferhöhung zum 1.1.2023 – und jetzt steht die nächste vor der Tür. Um den Fortschritt der Mobilitätswende zu beurteilen, sind auch diese Negativfaktoren zu erwähnen.
  • Das gebührenpflichtige Parken sollte nicht nur für die Innenstadt eingeführt, sondern auch auf die Außenbezirke angewendet werden. Mit den Einnahmen könnte die ÖPNV-Finanzierung verbessert werden.

Zusammenfassung

Ein fast ausschließlich qualitativer Bericht reicht nicht.

Wenigstens wichtige Eckdaten hätten berichtet werden müssen, um schnell zu erkennen, an welchen Stellen Korrekturen bei den Maßnahmen erforderlich sind, d.h. vor allem Temposteigerungen bei der Umsetzung. Bei der Jahresevaluation im Juni / Juli 2024 müssen diese fehlenden Quantifizierungen ergänzt werden.

Eine realistische Darstellung darf sich nicht auf Positiventwicklungen beschränken, sondern muss auch die negativen Seiten benennen. Schönrednerei können wir nicht gebrauchen!

Wegen der Notstandssituation sollte schon 2024 eine Treibhausgasbilanz vorgelegt werden. Solch eine Situation erfordert nicht nur schnelles Handeln, sondern auch genaues Beobachten der Entwicklungen und entsprechende Reaktionen – der Vergleich mit einem Großbrand und der Feuerwehr ist angebracht!

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