Bildungskrise ohne Ende

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Viele Zeichen der Ohnmacht von uns Bürgern gegenüber der Wirtschaftskrise (DIE ZEIT Nr. 15 vom 2.April 2009) und deren Ursachen lassen sich auch in der Bildungskrise zur Zeit besonders in Niedersachsen feststellen. Entgegen allen schönrednerischen Beteuerungen und wohlklingenden Aussagen der Landesregierung ist diese Bildungskrise nicht mehr zu übersehen. Sie zeigt sich in der unzureichenden Unterrichtsversorgung und der Unfähigkeit, diese zu beseitigen. Sie zeigt sich in der Konzeptlosigkeit des Kultusministeriums, in der Missachtung des Elternwillens, in der immer wieder neuen Be- und Verhinderung von Gesamtschulen und nun sogar in deren Zerschlagung durch die Zerstörung ihrer jahrzehntelangen bewährten Struktur. Diese Krise hat inzwischen einen Punkt erreicht, von dem es nur noch eine radikale Umkehr zu geben scheint. Das Festhalten dieser Landesregierung an einer längst überholten und in Europa fast einmaligen Schulstruktur, die Be- und Verhinderung von Alternativen und neuerdings eben die Zerstörung der Integrierten Gesamtschule, einer anerkannten und mit mehreren Preisen ausgezeichneten Schule lassen nur den Schluss zu, dass diese Landesregierung, deren Ministerpräsident die Bildung gleichsam zur „Chefsache“ erklärt hat, entweder unfähig oder unwillig ist, die Situation der Schule objektiv zu erkennen und ihre Entwicklung umfassend und nachhaltig zu verbessern. So wie bisher nach dem Motto „Weiter so“ und gegen den Willen von Tausenden von Eltern, von Schulträgern, von Wissenschaft und Wirtschaft, von Kirchen und Verbänden, die alle eine bessere Schule wollen, kann es nicht bleiben. Deren Wünschen und Interessen wird nicht entsprochen, ja sie werden nicht einmal ernst genommen. Dabei gibt es zur Konzeptlosigkeit der Landesregierung in der Bildungspolitik durchaus Alternativen, und es gibt auch in Niedersachsen gute Schulen.

Angesichts der verfahrenen Situation ballt der Bürger vor Enttäuschung über die hohlen Versprechungen, die wie üblich vor der Wahl gemacht wurden, und über die Hilflosigkeit der Landesregierung mit Wut im Kopf die Faust in der Tasche. Auch wenn es im Gegensatz zur Wirtschaftskrise in der Bildungskrise einen konkreten „Empfänger“ der Wut gibt, läuft diese ins Leere, weil der Empfänger den Empfang schlicht verweigert Eine Demokratie ist aber auf die innere Zustimmung der Bürger angewiesen, auf seinen Enthusiasmus, seinen Einsatz und die Aussicht auf gerechte Teilhabe. Festzustellen ist leider eine Haltung und Handlungsweise, die nur auf der Machtposition beruht und zumindest in der Bildungspolitik nicht mehr demokratisch legitimiert ist. Auf diese Weise werden menschliche und moralische Werte und damit Grundlagen unserer Kultur vernichtet. Der auf Dauer größte Schaden besteht im Verlust der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens. Damit schaden die Handelnden, die in ideologischer Erstarrtheit nur ihre eigenen Interessen verfolgen, nicht nur sich selbst und ihrer Regierungsfähigkeit, sondern unserer Demokratie.

Die Geschichte lehrt uns, dass eine Wut, die auf der Ohnmacht gegenüber den Mächtigen beruht und auf der Feststellung fußt, dass sachliche und fachliche Argumente nichts mehr nützen, entweder in Resignation mündet oder sich auf andere letzte Mittel gegen Ungerechtigkeit einlässt. Beide Auswege wären falsch, und dazu sollte es nicht kommen.

Die Regierenden können es verhindern und einen Weg aus der Bildungskrise einschlagen. Doch dazu gehört neben dem guten Willen auch das Erkennen des Wesentlichen in der Bildung und damit verbunden ein neues Bild von Schule. Das aber erfordert Entschlossenheit und Mut und Ausdauer. Eine feste Meinung zu haben, ist gut. Sie darf aber nicht dazu führen, dass die Lern- und Einsichtsfähigkeit verloren gehen. Wer Verantwortung trägt, sollte sich bewusst werden, dass der Mensch sich mit Ungerechtigkeit nicht dauerhaft versöhnt, dass die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten werden darf. Er lebt, wie die Bibel weiß, nicht vom Brot allein, er wird getragen von Glaube und Hoffnung, von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Er wird eine Herrschaft nicht ertragen, die ihn ausschließt, seinen berechtigten Interessen dauerhaft nicht gerecht wird. Und er wird schon gar keine Regierenden ertragen, die ihre eigenen Meinungen unbeweglich und unbelehrbar verfolgen und denen, die mehr Gerechtigkeit erwarten, aus vermeintlich höherer Warte höhnisch ins Gesicht lachen. Man sollte sich nicht auf die Vergesslichkeit der Bürger verlassen. (Ein weiterer Leserbrief von H. Kastner)

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