Wer kann diesem Mann noch trauen? (vierte Betrachtung)

0

Taktik oder Wahrheit –

Vor genau einem Monat, am 22. November, schrieb die Braunschweiger Zeitung, die Stadt Braunschweig habe 13,3 Millionen Euro an ECE dafür gezahlt, dass eine originalgetreue Rekonstruktion der Schlossfassade erstellt werde. Der Schwerpunkt des Artikels wurde zwar auf den Aspekt einer Rückforderung der Stadt an ECE gelegt (die Fassade sei billiger als veranschlagt erstellt worden). Aber die Information selbst war hoch explosiv, widersprach sie doch allem, was der Oberbürgermeister bis dahin behauptet hatte – und allem, was die Braunschweiger Zeitung selber bis dahin berichtet und kommentiert hatte.

Da wir dies in den vorausgegangenen drei Betrachtungen hinreichend dokumentiert haben, hier nur noch ein Zitat dazu:

Der Wiederaufbau des Schlosses in Braunschweig könnte sowohl von der Ausführung, wie auch von der Finanzierung Modellcharakter für andere haben. Doch in Berlin, Potsdam und Hannover werden Schloss-Pläne wohl nur und damit anders als in Braunschweig mit Steuergeld finanziert werden können.“

Es stammt von niemand anders als Redakteur Meyer (BZ, 7. Mai 2007).

Und es lag voll-ständig auf der von Dr. Hoffmann vorgegebenen Linie. Der hatte nämlich drei Tage vorher betont, es sei in Deutschland einmalig, dass die Rekonstruktion der Fassade „ohne einen Cent städtischer Mittel und öffentlicher Mittel überhaupt“ realisiert worden sei.

Fiel Meyer auf Dr. Hoffmann herein? Ließ er sich täuschen und betete arglos die Vorgaben des OB nach?

Dann ist seine Reaktion nach der Ent-Täuschung doch recht schwach: immerhin hätte ihn – und natürlich die Redaktion – der bewunderte Dr.Hoffmann über eine lange Zeit zum Narren gehalten und wie einen x-beliebigen Blödmann zur Täuschung der Öffentlichkeit benutzt. Das wäre – eine gewisse Selbstachtung vorausgesetzt – nicht mehr zu tolerieren. Es würde auch jeder journalistischen Ethik widersprechen, einem „Mächtigen“, wie Chefredakteur Raue es gern ausdrückt, ein solches Verhalten durchgehen zu lassen. Jede integere Redaktion würde – nachdem sie die erste Wut hätte verrauchen lassen, um nicht zu emotional zu reagieren – sich daran machen, die Sache nüchtern aufzuklären, den OB auf die Widersprüche anzusprechen und zur Stellungnahme aufzufordern. Wahrscheinlich würde sie sich bei ihren Lesern entschuldigen, zumindest dafür, dass sie nicht ordentlich recherchiert habe.

Denn immerhin gab es ja doch etliche Stimmen, die sich zu Dr.Hoffmanns Darstellung kritisch äußerten, und auch Stimmen, die schon auf die „kaufpreisfreie übereignung“ hinwiesen.

Inzwischen sind, wie gesagt, vier Wochen vergangen; der OB stellt sich in dieser Frage tot – aber er lässt den BZ-Bericht keineswegs dementieren. Er scheint zu wissen, dass er nur noch verlieren kann, wenn die Sache öffentlich erörtert wird.

Wird ihn die Braunschweiger Zeitung decken? Wird sie kein Wort mehr in dieser Angelegenheit verlieren, obwohl die BürgerInnen das Recht auf wahrheitsgemäße Berichterstattung haben wie auch auf Richtigstellung von Fehlinformationen? Oder entscheidet sie sich für die Wahrheit, auch wenn der von ihr bisher in aller Offenheit unterstützte Oberbürgermeister in seiner Glaubwürdigkeit erschüttert würde?

Auf guten Journalistenschulen (und in guten Journalistenhandbüchern) ist es nicht strittig, wie diese Fragen professionell zu beantworten sind, und zwar auch dann, wenn in der Praxis sonst sicher „nicht alles so läuft, wie es im Himmel oder in der idealen Theorie eines Handbuches laufen würde“ (Herr Raue in einem Schreiben an den Verfasser).
Wir werden es sehen …

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.