Oskar Lafontaine auf dem Kohlmarkt

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Die Partei Die Linke hatte Herrn Oskar Lafontaine eingeladen, um ihm die Möglichkeit zu geben im Rahmen des Kommunalwahlkampfes auf dem Kohlmarkt zu sprechen. Und er kam auch auf den Kohlmarkt. Hunderte hörten zu, der Platz war voll.

Mit einer fulminanten, rhetorisch ausgefeilten freien Rede, widmete er sich dem Thema Wirtschaft und Finanzen – wie erwartet. Doch zuvor war Kulturprogramm angesagt mit keinem Geringeren als Diether Dehm, Autor zahlreicher Lieder, Musikverleger, Politiker und Interpret.

 

 

 

 

 

 

Nur wenige Minuten Verspätung hatte Oskar Lafontaine als er auf dem Kohlmarkt eintraf. Aber die Zeit bis zu seinem Eintreffen war durch das Kulturprogramm zuvor kurzweilig. Diether Dehm spielte nämlich auf, der Texter vieler bekannter Lieder, die heute schon zum Volksgut gezählt werden. Mit „Das weiche Wasser bricht den Stein“ und „Was woll’n wir trinken, sieben Tage lang“, sollen hier nur zwei seiner alten Weisen genannt werden. Er sang jedoch neuere Produktionen, unter anderem ein sensibles Lied über Sex im Alter. Dass, wenn der Testosterongehalt sinkt, zunehmend andere Werte Schwerpunkte bilden, wie z. B. das Bekenntnis, dass man gemeinsam alt werden möchte. Im Grunde hätte das kleine Konzert weitergehen können, und über die Verzögerung war kaum jemand traurig. Die Moderation mit einfühlsamer Lyrik hatte Thorsten Stelzner.

Doch dann kam er, Herr Lafontaine, von vielen nur Oskar genannt. Dynamisch, raumgreifend, bissig und scharf argumentierend trug er vor, wie man es von dem Kämpfer erwartet hat. Nichts hat er von seiner Leidenschaft Menschen zu überzeugen eingebüßt. Und der Kohlmarkt war voll wie selten.

Dreh- und Angelpunkt seiner Rede waren natürlich Wirtschaft und Finanzen. Er empfahl allen, die etwas Geld auf der Kante haben und den Millionären  in Deutschland ebenso, links zu wählen, denn diese Partei wäre die einzige, die das Finanzspielkasino auf den Finanzmärkten beenden wolle. Nur mit der Linken wäre das Geld sicher aufgehoben.

Und die Geldkreisläufe wären nichts, was man den Banken überlassen sollte, denn die würden alles verspielen und der Steuerzahler müsse dafür aufkommen. Redliche Banken würden nach der Formel 3-6-3 handeln. 3% Zinsen an die Anleger zahlen, für 6% verleihen und um 3 Uhr macht der Manager Feierabend, um Golf zu spielen. Zum Zocken hätten die dann keine Zeit mehr.

Das derzeitige Chaos an den Finanzmärkten sei systembedingt und nicht reparabel. Geldkreisläufe müssten in die Hände des Staates, so wie es Altkanzler Schröder als Juso auch mal gefordert habe. Geldkreisläufe seien viel zu wichtig, als dass man es den Spielern in den Banken überlassen könne. Und einen Finanzmarkt von dem alle reden, gebe es schon gar nicht. Fünf Großbanken gäbe es, die mit den Ratingagenturen und dem Finanzjongleur Blackwater verbandelt seien. Auch die Deutsche Bank, die inzwischen mit Herrn Ackermann im Kanzleramt seinen Geburtstag feiere, wäre mit dabei. Von Markt könne man nicht reden, eher von der Diktatur der Banken. Die Demokratie sein massiv Gefahr.

Schweren Schaden sieht Herr Lafontaine für die Demokratie. Sie werde systematisch demontiert. Die Banken treiben die Regierungen vor sich her. Keine Woche vergehe, ohne eine neue Hiobsbotschaft für die Regierungen, die machtlos sind. Erst würden die Banken eine riesige Spekulationsblase mit Scheinwerten auf den Märkten platzieren und wenn alles zusammenbricht, gibt ihnen der Staat unsere Steuergelder, die die Banken dann als Spekulationsmittel gegen die Staaten einsetzten. Die Banken würden Terror ausüben. Und nun würde auch noch mit Nahrungsmitteln spekuliert. Diese Skrupellosigkeit würde anscheinend auch Deutschland akzeptieren. Würde und Moral hätten keinen Platz im Finanzsystem, das sei bekannt. Aber die Staaten setzten keine Regeln mehr. Die Regierungen würden den Hungertod akzeptieren.

Man solle es endlich erkennen, diese Philosophie der deregulierte Finanzmärkte, des Marktradikalismus`, sei zusammengebrochen. Die Staaten und die Finanzmärkte müssten entkoppelt werden.

10 Billionen Euro hätten die Staaten in der EU Schulden. Dieses Geld, etwa 10 Billionen Dollar, hätten die Milliardäre durch eine gigantische Umverteilung von unten nach oben eingesteckt. Und die Staaten hätten das ermöglicht. In Deutschland Rot-Grün unter Schröder und Fischer, die den Finanzplatz Deutschland stärken wollten. Heute weiß jeder, der Finanzkapitalismus ist völlig gescheitert und in den Strudel werden demokratische Grundwerte gerissen. Die Linke sei die Partei, die diese Werte einfordere und nicht verloren geben wolle. Wir bräuchten die Demokratie, wir dürften sie nicht verloren geben. Dafür müssen wir kämpfen, und das täte nur die Linke.

Und die Medien spielen das Spiel mit. Von freier Presse könne keine Rede mehr sein. Rupert Murdoch, Berlusconi oder Springer bereiten heute die politischen Felder vor – auch die Geschäftsfelder. Herr Lafontaine zitierte Orwell: Wenn alle dieselbe Lüge verbreiten, wird die Lüge zur Wahrheit.

Medien und Finanzwirtschaft sind im Spiel integriert und das sei für die Mächtigen auch wichtig, um die Bevölkerung zu beschwichtigen und auf harte Zeiten vorzubereiten, die aber nur deshalb kämen, weil gezockt und nicht verantwortungsvoll gewirtschaftet werde.

Da rege sich tagelang die Presse auf, weil Die Linke einen Geburtstagsgruß an Fidel Castro senden, einen Mann, der viel Positives für sein Land geleistet habe, aber eben auch Negatives. Und gleichzeitig sei es kaum der Rede wert, wenn die Deutschland endlos Waffen an diktatorische Staaten liefert und mit denen gute Kontakte halte.

Zunehmend werde von den Parteien erkannt, dass die Linke recht habe mit ihrer Kritik an den Finanzensystemen. Was früher Gift war wird langsam tolerabel. Wie z. B. die Transaktionssteuer oder der Mindestlohn, was die Linke seit vielen Jahren fordere.

Auch die Menschenwürde brachte Herr Lafontaine zu Sprache. Es könne nicht sein, dass Menschen 45 Jahre arbeiten und dann eine Hungerrente bekommen, die dann noch mit Hartz IV aufgestockt werden müsste. Ein Sozialstaat müsste die Lebensrisiken abdecken und nicht den Versicherungen auch noch die Profite garantieren. Das Übelste wäre in diesem Zusammenhang die Riester-Rente. Die Leiharbeit verstoße gegen die Menschenwürde und gehöre abgeschafft.

Im Energiesektor gelte es die Monopole zu brechen. Wir bräuchten Dezentralität in der Energieversorgung.

Willy Brandts Vermächtnis war Gewaltverzicht: Von deutschem Boden dürfe kein Krieg mehr ausgehen. Alle Parteien, auch die ehemals pazifistische, die Grünen, schickten heute wieder Soldaten in den Krieg. Die Linke sei die einzige Partei, die entschieden Krieg ablehne und immer dagegen gestimmt habe.

Selten würde er mit Westerwelle übereinstimmen, aber mit der Ablehnung in den Libyenkrieg zu ziehen, hatte er recht.

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