Der Fall:
Ein „Glanzstück“ der Kriegspropaganda gelang 1954, als die CIA in Guatemala die Regierung durch einen Putsch stürzen wollte. Das Land litt unter extremer Armut und krasser Ungleichheit zwischen der verarmten Bevölkerung und einer dünnen Oberschicht.Diese Ungleichheit zu bekämpfen versprach der mit über 80% der Stimmen ins Amt gewählte neue Präsident Arbenz. Er hatte ein Programm zur Armutsbekämpfung entwickelt, das u.a. vorsah, der Vielzahl landloser Bauern durch eine Landreform Boden zukommen zu lassen. Nun gehörten bis zu 70% der zu bewirtschaftenden Flächen der US-amerikanischen Firma United Fruit Company (UFC), heute als Chiquita bekannt. Arbenz wollte große Flächen der UFC gegen Entschädigung enteignen und stieß dabei auf erbitterten Widerstand der UFC, die bestens vernetzt war mit der US-Politik und den Medien. In ihren Diensten hatten sie einen der profiliertesten PR-Manager der USA. Ihn ließen sie eine professionelle Medienkampagne ausarbeiten. Er versammelte über 100 Journalisten, die regelmäßig über die Wohltaten von UFC in Guatemala und über die angeblichen kommunistischen Umtriebe in der guatemaltekischen Regierung berichten sollten, was frei erfunden war, aber zur Zeit des Kalten Kriegs leicht geglaubt wurde. In regelmäßigen, wochenlangen kampagnenartig organisierten Berichten und Reportagen wurde ein Klima der Bedrohung der US-Interessen in Südamerika inszeniert, die die wenig kriegsbereite amerikanische Öffentlichkeit und die Regierung überzeugte, handeln zu müssen. So geschah der von der CIA organisierte Putsch ohne öffentlichen Protest. Niemand beklagte sich, dass eine demokratisch gewählte Regierung durch die Machenschaften eines US-Konzerns mit Hilfe der US-Regierung gewaltsam beseitigt wurde, dass alle internationalen Rechtsnormen mit Füßen getreten wurden. Die neue Putschisten-Regierung machte alle Reformen der Vorgängerregierung zunichte. Es folgte ein jahrelanger Bürgerkrieg mit mehr als 200 000 Toten.
Hintergrund
Die Monroe-Doktrin oder: In unserem Hinterhof haben andere nichts zu suchen
Die USA hatten mit der Monroe-Doktrin einen außenpolitischen Grundsatz entwickelt, der Süd- und Mittelamerika sowie die Karibik zu ihrem Einflussbereich erklärte, in den sich keine fremde Macht einmischen sollte. Nur wenige Ausnahmen (z.B. Martinique und.a.) sind hier der kolonialen Vergangenheit geschuldet. Nur Kuba ist es gelungen, der US-Einflussnahme zu entkommen, es muss aber mit lebenslangen Blockaden und Sanktionen leben. Mit der Monroe-Doktrin als Hintergrund lassen sich – aus Perspektive der USA – zahlreiche politische und militärische und CIA-Interventionen im 19. und 20. Jahrhundert in Lateinamerika rechtfertigen, z.B. die Abtrennung Kolumbiens von Panama und die Errichtung einer US-Kolonie längs des Panama-Kanals, die Interventionen in Nicaragua (1912-33, 1981-1990), in Haiti (1915-1934) und der Dominikanischen Republik (1916-1924, 1965-66). Die Doktrin wurde im Laufe der Zeit immer wieder aktualisiert, Theodore Roosevelt formte sie 1904 so um, dass die USA sich als Polizist der westlichen Hemisphäre verstand. Fortan lebten die südamerikanischen Nachbarn unter dem Damoklesschwert möglicher US-Interventionen.
- Weitere US-Interventionen
Zu beschreiben wäre noch der von der CIA organisierte Putsch gegen die ebenfalls demokratisch gewählte chilenische Regierung unter Präsident Allende 1973, bei dem zig Tausende oppositionelle chilenische Bürger gefoltert und ermordet wurden, nach Amnesty International bis zu 30 000 Tote in den ersten Monaten.
Zu beschreiben wäre auch noch der von der CIA unterstützte und organisierte grausame Krieg der rechtsgerichteten Contras gegen die linke sandinistische Regierung in Nicaragua ab 1981, der durch heimliche Waffengeschäfte der USA mit dem Erzfeind Iran (Iran-Contra-Affäre) finanziert wurde und in dessen Folge ca. 30 000 Menschen ihr Leben ließen. Die US-Regierung wurde dafür vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag 1986 verurteilt, erkannte das Urteil aber nicht an.
- Wie Propaganda funktioniert:
Die PR-Profis von UFC wussten damals schon, wie erfolgreiche Propaganda funktioniert: Sie funktioniert immer am besten, wenn sie wie ein Mantra ständig wiederholt wird und einprägsame Bilder oder Metaphern produziert, die auf Anhieb von der Masse „verstanden“ werden. Im Konfliktfall sollen die Menschen so leichter Position beziehen können. Komplexere politische Zusammenhänge werden reduziert auf leicht fassbare einfache, möglichst alltägliche Erfahrungen, zum Beispiel sollte man seinen Freunden vertrauen, in Krisenzeiten zusammenhalten, gemeinsam gegen Feinde vorgehen, dazu braucht es natürlich klare Feindbilder.
Dass Staaten wohl ähnliche Interessen haben können, aber nicht wie du und ich Freunde sein können, ist schon eine komplexere Erfahrung. Wenn Politiker also von unseren „amerikanischen Freunden“ sprechen, sollten wir misstrauisch werden. Es könnte sein, dass damit bestimmte Interessen oder politische Handlungen ummäntelt werden.Gute Nachbarn, die die gleichen Werte teilen, hat jeder gern. Dennoch haben wir gelernt, auch mit jenen friedlich zu koexistieren, die andere kulturelle Wurzeln und Werte mitbringen, denn zum friedlichen Umgang gibt es keine Alternative. Umso erstaunlicher ist es, dass wir auf der politischen Ebene genau dies wieder verlernen sollen: „Mit Putin kann es keinen Frieden geben.“ „Wenn Putin in der Ukraine siegt, wird er sich den nächsten Staat holen.“ Mit der Dämonisierung des Gegners gelingt es, den Konflikt auf die Ebene des Kampfes der Guten gegen das Böse zu heben, den Gegner zu entmenschlichen. Gleichzeitig schließen wir die Reihen im Kampf und hinterfragen uns nicht, wir werden blind und taub für die eigenen Fehler.
- Einer dieser Fehler: Wir leisten uns doppelte Standards und Projektionen.
Zwei Beispiele: Wir werfen Russland vor, politischen Einfluss auf seine Nachbarstaaten auszuüben, um eine NATO-Mitgliedschaft zu verhindern. Wir sind empört, denn freie Nationen sollen sich frei entscheiden können, einer Organisation kollektiver Sicherheit beizutreten. Müsste das nicht auch für Südamerika gelten? Wir werfen der derzeitigen georgischen Regierung vor, ein „russisches Gesetz“ zur Kontrolle von oppositionellen Oganisationen durchzusetzen und behaupten, das sei unvereinbar mit den Grundwerten der EU. Stimmt das?
- Schutz vor ausländischer Einmischung gleich „russisches Gesetz“?
Unsere Medien zeigen Bilder von Massendemonstrationen in Georgien, die an die „orange Revolution“ in der Ukraine erinnern. In Kommentaren hören wir, dass die georgische Regierung ein „russisches Gesetz“ zur Überwachung oppositioneller Gruppen beschließen wird. Der Beitritt Georgiens zur EU wird von unseren Medien und Politik daraufhin in Frage gestellt, da das Gesetz mit den Grundwerten der EU nicht vereinbar sei. Der normale Leser/Hörer denkt, Putin hat Druck auf Georgien ausgeübt, um die Meinungs- und Pressefreiheit dort zu unterdrücken. Aber worum ging es wirklich? Das Gesetz, das inzwischen vom Parlament beschlossen wurde, verpflichtet Medien, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20% ihrer Mittel aus dem Ausland beziehen, zur Offenlegung ihrer Zuwendungen. Das Gesetz spricht von „Organisationen, die die Interessen ausländischer Mächte bedienen“. Die Angaben sollen transparent in einem öffentlichen Register eingetragen werden. Betroffen sein dürften hauptsächlich von der EU und den USA finanzierte Organisationen, die gezielt Werbung für den EU- und NATO-Beitritt Georgiens machen und die Agenda einer erneuten „Farbenrevolution“ verfolgen. Dabei gilt in den USA seit 1938 ein ganz ähnliches Gesetz, der Foreign Agents Registration Act (FARA). Darin heißt es: „Das FARA verlangt von bestimmten Vertretern ausländischer Auftraggeber, die an politischen oder anderen im Gesetz genannten Aktivitäten beteiligt sind, eine regelmäßige Offenlegung ihrer Beziehungen … sowie der Einnahmen und Ausgaben“. Die EU plane auch ein ähnliches Gesetz, berichtete „Politico“ im März 2023, das „Nicht-EU-Finanzierungen“ offenzulegen zwinge, um ausländische Einflussnahmen besser kontrollieren zu können. (www.overton-magazin.de/top-story/scheinheilige-aufregung-ueber-das-georgische-russen-oder-agenten-gesetz)
Diese Beispiele zeigen zur Genüge, dass die USA in ihrem Einflussbereich alle Machtmittel eingesetzt haben, um ihre Interessen ohne Rücksicht auf das Völkerrecht oder auf Menschenrechte durchzusetzen. Eine „wertegeleitete Außenpolitik“ war das nicht. Deutlicher kann eine Politik des (Neo-) Imperialismus kaum beschrieben werden. Von unseren Vertretern der „Grünen“ hören wir hierzu nichts mehr. Umso mehr versuchen die Grünen im Verein mit allen führenden Ampelpolitikern und der CDU/CSU den Vorwurf imperialistischer Bestrebungen gegenüber Russland zu erheben, um eine auf Angsterzeugung ausgerichtete Bedrohungskulisse aufzubauen, damit das Wählervolk ja nicht kriegsmüde wird. Man könnte das auch eine Projektion nennen, nämlich eine Projektion der imperialen Inhalte der Monroe-Doktrin auf den Herausforderer Russland, der hier in Europa die Frage nach den Grenzen von Einflusszonen stellt.
Der 1. Fall: Der Afghanistan– Krieg (2001-2021)
Der 2. Fall: Der Tonkin-Zwischenfall im Vietnam – Krieg (1964)
Der 3. Fall: Die 12-Millionen-Dollar-Lüge, die einen Krieg auslöste oder: Wie man eine Region unter Kontrolle bringen kann.
Der 4. Fall: Der dritte Golfkrieg 2003 – der Krieg um das Öl und die Legende von den Massenvernichtungswaffen
Wo geht es denn hier zu den anderen Fällen?
Antwort: ist jetzt am Ende des Artikels verlinkt. Ist augenblicklich auch unter den unter den Redaktionstips zu finden.