In welchem Land lebe ich eigentlich?

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Grundgesetz Foto: Pixabay

Von Elke Almut Dieter

Kommentar zum Abbruch des geplanten 3-tägigen Palästina-Kongresses in Berlin am 12. April 24

In welchem Land lebe ich eigentlich? Gab es einen Zeitenwandel? eine rechte Revolution? Ich fühle mich fremd in meinem Land: Ein militantes Land mit Zensur und polizeilichen Eingriffen in unliebsame Kongresse?

In meinem Land gab es das Friedensgebot der UN-Charta und des Grundgesetzes:*

Nach Art. 1 Ziff. 1 der UN-Charta ist es das …zentrale Ziel der Vereinten Nationen, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen…..*

In dem ungleichen Krieg zwischen Israel und Gaza/ Palästina schickt diese Regierung Waffen an eine Kriegspartei, an das gut gerüstete Israel, zunächst als Verteidigung gegen den Überfall der Hamas, dann aber zur Unterstützung des Netanjahu-Feldzuges zur Vernichtung des Feindes… Ist das ein „friedliches Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts, um den Konflikt zu bereinigen“?

In meinem Land gab es den Grundsatz, dass Deutschland keine Waffen in Länder liefere, die in Konflikten stehen,…“ **Warum liefert die Bundesregierung Waffen an Israel, ist das kein Kriegsgebiet? Die Grundsätze werden ihrer Politik angepasst. So heißt es jetzt: Abgesehen von den Waffenlieferungen an die Ukraine und der Ausnahmeregelung für Israel gelte bislang der Grundsatz, dass Deutschland keine Waffen in Länder liefere, die in Konflikten stehen,…“

Die Bundesrepublik liefert Waffen, obwohl das israelische Militär in Gaza zu tausenden Menschen tötet, die in geschlossen Grenzen einsperrt sind, so dass ihnen die Flucht unmöglich gemacht wird. Ist das kein Kriegsschauplatz? Unsere Regierung ist für das Bereitstellen der Waffen verantwortlich. Sie macht sich mitschuldig an zig-tausend zivilen Opfern, an den Kriegsverbrechen Netanjahus.

Nach UN- Beobachtern sind die von Bomben bedrohten Menschen ohne ausreichende Versorgung. Im Mittelalter nannte man das Aushungern – passt das zu den viel beschworenen westlichen Werten?

  • Ein eklatanter Verstoß der Bundesregierung gegen die Friedenspflicht
  • Ein eklatanter Verstoß der Bundesregierung gegen die Menschenrechte

In meinem Land gab es Freiheit, seine Meinung öffentlich zu sagen, Redefreiheit, geregelt im Grundgesetz:

„… Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten…….** Für den Palästina- Kongress galt dieses Grundrecht nicht, allein aus politischen Gründen wurde eine Gefahrenlage konstruiert und zur Abwehr der Gefahr mit polizeilichen Maßnahmen durchgesetzt.

  • Ein eklatanter Verstoß gegen die Grundrechte des Grundgesetzes

Begründet wurde der Abbruch des Kongresses mit dem Vorwurf des Antisemitismus, bzw. der Hetze gegen Israel. Diese Worte werden als propagandistische Kampfbegriffe benutzt, mit dem Ziel, Kritik an der Israel/ Palästina- Politik abzuwehren. Das gelingt besonders in Deutschland: Unsere Regierung nutzt den Antisemitismus -Vorwurf zur Verurteilung unbequemer Veröffentlichungen. Die Presse spielt ihren Teil dabei mit und schafft eine vergiftete Atmosphäre, die eine Solidarität mit Palästinensern verhindern soll.

Der gestrige Gedenktag, an dem vor 80 Jahren die KZs geöffnet und die noch lebenden Gefangenen befreit werden konnten, erinnert an die Verbrechen der NS-Zeit, der Faschisten. Diese Tage mahnen, sich immer wieder gegen die Verfolgung Andersdenkender, gegen Vertreter*innen einer anderen Religion oder einer andern Lebensart einzusetzen. Die Mahnung der Vergangenheit bleibt wichtig, aber für die Gegenwart braucht die Regierung ein klares analytisches Denken. Gerade wegen unserer Vergangenheit muss die Regierung jegliche Vorverurteilung vermeiden, für die Einhaltung der Menschenrechte sensibilisieren, die Friedenspflicht erfüllen und alle Möglichkeiten der Friedensstiftung ausschöpfen, statt einseitig eine Staatsraison auszurufen.

Ein Kongress, der auf die verzweifelte Lage der Palästinenser*innen hinweisen, den Besatzungs- und Kriegsopfern eine Sprache geben wollte, wurde Opfer einer politischen Strafmaßnahme. Ich frage mich, was die Exekutive dazu treibt, wichtige demokratische Grundsätze aufzugeben. Die Angst vor der AfD kann es nicht sein, ihr wurde der Weg erneut geebnet. Die Bürger müssen um die Demokratie kämpfen!

Fußnoten:

* Nach Art. 1 Ziff. 1 der UN-Charta ist es das – gerade auch durch seine Platzierung herausgehobene – zentrale Ziel der Vereinten Nationen, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen. …“ Dies geschieht – wie es in der Präambel der UN-Charta heißt – deshalb, weil die Völker der Vereinten Nationen „fest entschlossen (sind), künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren.“

** Das Grundgesetz. Das Grundgesetz befasst sich nur in Artikel 26 (2) explizit mit Rüstungsexporten und besagt: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

*** „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art 5. (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet“.

Beschränkt werden diese Rechte gem. Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze sowie den Jugendschutz und das Recht der persönlichen Ehre…“.

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diese wichtige Stellungnahme! Ja, man muss immer wieder an die eigene Verfassung erinnern und die Vereinbarungen zum Frieden mit der UN Charta, unterschriebene Veträge! Wer Verträge bricht, macht sich strafbar. Das gilt für jeden Bürger und für eine Regierung nicht?
    Ausgrenzung von ganzen Volksgruppen scheint in unserem Land immer normaler zu werden, dazu braucht es nicht einmal mehr die AFD. Dagegen muss man sich positionieren! Wenn du den völkerrechtswidrigen Krieg Israels gegen Palästina benennst, bist du Antisemit. Sprichst du dich für einen Verhandlungsweg und das Ringen um Friedenbemühungen aus, bist du Putinversteher. Humanismus, Diplomatie, Menschenwürde, Abrüstung, alles Femdwörter? Einerseit Waffen in Kriegsgebiete senden und andererseits die Opfer ausgrenzen mit Bezahlkarten. Es erinnert gemein an Lebensmittelkarten vor, im und nach dem Krieg in unserem Lande. Ja, in welchem Land leben wir eigentlich?! Weiterhin für Frieden und Abrüstung! Undine Schönfeld

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