Immer mehr Braunschweiger sind auf einen Zweitjob angewiesen

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Zapfen im Zweitjob. Immer mehr Menschen sind auf ein Nebeneinkommen angewiesen. Viele von ihnen arbeiten nach Feierabend in der Gastronomie. Foto: NGG

Von Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Region Süd-Ost-Niedersachsen-Harz

Wenn ein Job nicht reicht: Rund 8.700 Menschen in Braunschweig haben neben ihrer regulären Stelle noch einen Minijob. Damit stieg die Zahl der Zweitjobber innerhalb von zehn Jahren um 51 Prozent, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mitteilt. Die NGG beruft sich hierbei auf neue Zahlen der Arbeitsagentur. Danach sind Zusatz-Jobs in Braunschweiger Restaurants, Gaststätten und Hotels besonders verbreitet: In der Branche gab es im Juni 2019 rund 1.200 Zweitjobber – das sind doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor (plus 114 Prozent).

Gewerkschafterin Katja Derer spricht von einer Schieflage auf dem Arbeitsmarkt: „Im Schatten des Booms der vergangenen Jahre sind viele sozialversicherungspflichtige Stellen entstanden, die oft kaum zum Leben reichen. Nebenjobs müssen dann die Haushaltskasse aufbessern. Aber wer auf einen Zweitjob angewiesen ist, der arbeitet meist am Limit – auf Kosten von Familie, Freunden und Freizeit“, so die Geschäftsführerin der NGG Süd-OstNiedersachsen-Harz.

Dabei treffe der Boom bei den Nebenjobs langfristig auchdie heimische Wirtschaft. „Gastronomen und Bäckermeister, die über den Fachkräftemangel klagen, aber gleichzeitig auf 450-Euro-Kräfte setzen, schneiden sich ins eigene Fleisch. Minijobber können keine Hotelfachleute ersetzen“, betont Derer. Doch Fachkräfte gewinne man nur mit ordentlichen Löhnen – „so hoch, dass die Beschäftigten keinen Zweitjob mehr brauchen“. Außerdem müssten sich die Arbeitgeber stärker um Nachwuchs kümmern. „Eine Lehre im Lebensmittelhandwerk oder im Gastgewerbe kommt für Schulabgänger nur infrage, wenn der Lohn und die Ausbildungsbedingungen stimmen“, so die Gewerkschafterin.

Die NGG sieht aber auch die Politik in der Verantwortung. Die Zunahme der Zweitjobs sei auch das Ergebnis einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik der Nullerjahre. „Mit einer Reform könnte die Bundesregierung Minijobs voll in die Sozialversicherung einbeziehen. Allerdings sollten die Arbeitgeber den größten Teil der Beiträge zahlen. Das macht reguläre Stellen attraktiver und verschafft den Minijobbern heute eine bessere Absicherung“, so Derer.

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