„Glücklich der Staat, der sonst keine Probleme hat“: Prozessauftakt gegen Peter Rosenbaum vor dem Landgericht Braunschweig

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Die Justitia von Bodo Kampmann auf Initiative von Fritz Bauer vor der Braunschweiger Staatsanwaltschaft ohne Schwert und Waage

In der Sache Rosenbaum wird wieder verhandelt: Über drei Jahre nachdem BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum wegen Aktionen gegen die Abholzung des Querumer Forstes für die Erweiterung des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg vor dem Amtsgericht Braunschweig im Oktober 2010 erstinstanzlich zu über 20.000 Euro Strafe verurteilt wurde, begann am 14. Januar die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Braunschweig.

In ihrer Einlassung ließ Richterin Reupke während der langen Verlesung des damaligen Urteils ein wenig auch jene Zeit der so genannten „Waldspaziergänge“ wieder aufleben: Von Beginn der Fällarbeiten im Januar 2010 bis zum Ende der Flughafenerweiterung wurde dabei 630mal demonstriert. Dem BIBS-Ratsherrn wurden hauptsächlich Vergehen gegen die von der Stadt erlassenen Auflagen vorgeworfen, wie Benutzung eines Megaphons bei anwesenden 35 Demonstranten, dessen Verwendung aber erst ab 50 Anwesenden zulässig gewesen wäre, Hausfriedensbruch und diverse Verstöße gegen das Versammlungsrecht. Dafür sollte er nach dem Urteil des Amtsgerichts 150 Tagessätze Strafe zahlen. In der Folge reichte Rosenbaum eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgerichts Braunschweig ein, um die von der Stadt erlassenen Auflagen bei Demonstrationen überprüfen zu lassen. In diesem Urteil vom 06.10.2011 wurde viele Auflagen, für deren Nichtbeachtung er verurteilt werden soll, für unzulässig erklärt.

 Und nun das Berufungsverfahren: Peter Rosenbaum betonte in seinem Kommentar nach der Verlesung des nun neu zu verhandelnden Urteils, das hier leicht ein falscher Eindruck entstehen würde: schließlich sei es bei den immer friedlichen Protesten „um Lebensqualität und die Wahrung natürlicher Ressourcen“ gegangen. Niemand sei während der weit über 600 Demonstrationen zu  Schaden gekommen, und es habe keinerlei Gewalt gegeben, weder auf Seiten der Polizei noch auf Seiten der Demonstranten. Der Ratsherr prangerte vielmehr die politische Dimension des Verfahrens gegen ihn an: Schließlich hatte sich das Rathaus „erfreut“ über das Urteil gezeigt und auch im anstehenden Kommunalwahlkampf habe es Versuche gegeben, ihn die BIBS wegen des „kriminellen Rosenbaums“ zu diskreditieren.

 Staatsanwalt Brunke hatte im Vorfeld der Verhandlung ein Angebot zu einer einvernehmlichen Lösung unterbreitet, was man nicht habe annehmen können, da darin viel zu wenig auf das Urteil des Verwaltungsgerichts eingegangen war, das u.a. bzgl. des Rechtsgehgebotes, der Benutzung des Megaphons und des Versammlungsrechtes grundsätzliche Korrekturen eingefordert hatte. Richterin Reupke griff dieses Urteil auf und regte ein eventuell „klärendes Gespräch“ an, da das Verfahren „alle belasten“ würde. Staatsanwalt Brunke betonte allerdings, dass trotz der unzulässigen Auflagen jetzt noch Hausfriedensbruch und die Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten im Raume stünden. Rosenbaums Verteidigerin Barbara Kramer betonte in ihrer Einlassung das hohe Rechtsgut der Versammlungsfreiheit, die es zu schützen gelte und die einen „demokratieentscheidenden Grundsatz“ darstellten. „Glücklich der Staat, der sonst keine Probleme hat“, meinte sie angesichts der Delikte und einer Klage für Verstöße gegen Auflagen, die sich später selbst als rechtswidrig erwiesen hätten. Auch sei Unbotmäßigkeit nicht immer ein Rechtsbruch, worauf sich das erstinstanzliche Urteil an keiner Stelle beziehe. Besonders wirke sich das beim angeblichen Tatbestand der Nötigung aus, das sei ein „unseriöser Umgang mit der Verfassung“. Es könne nicht sein, dass, weil man sich über tägliche „Waldspaziergänge“ ärgere, ein „Exempel an einem Bürger statuiert wird“.

Richterin Reupke betonte, dass der Staat nun einmal die Verpflichtung habe, angezeigten Straftaten nachzugehen. Dann unterbrach sie die Sitzung, um die Prozessbeteiligten zu einem weiteren klärenden Gespräch zusammenzubringen. Zu einer Einigung mit einer vorzeitigen Beendigung des Verfahrens kam es aber auch in diesem Gesprräch nicht. Um dies erneut zu überlegen, wird der nächste vorgesehene Termin abgesetzt und es geht nun am Montag, den 20.1., Mittwoch, 22.1. und Donnerstag 23.1. mit den ersten Zeugenvernehmungen weiter, wobei es wohl auch noch zu einer Einigung kommen kann.

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