Faktenfernes Pro-A-39-Landräte-Schreiben an Verkehrsminister Wissing

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Von Eckehard Niemann, Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V. 

Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen bewertet das Pro-A-39-„Initiativschreiben“ der Landräte von Gifhorn, Uelzen, Lüneburg und des Wolfsburger Oberbürgermeisters an Bundesverkehrsminister Wissing als „eklatanten Ausdruck kommunal- und regionalpolitischer Konzeptlosigkeit“ und kritisiert insbesondere die darin enthaltene „massive Verdrehung, Vernachlässigung und Schönfärberei verkehrspolitischer Fakten“, die ja tatsächlich sämtlich gegen den A-39-Neubau sprechen. 

Allein der immer wieder verwendete Begriff „Lückenschluss“ ist laut LBU-Vertreter Eckehard Niemann eine „dreiste Falschdarstellung“, weil die schon vor 40 Jahren gebaute Autobahn zwischen Maschen und Lüneburg absolut nichts mit den späteren A-39-Plänen zu tun hatte, den Namen A 250 trug und erst viel später auf Drängen des Lüneburger IHK-Präsidenten Manzke in „A 39″ umbenannt wurde. 

Auch der immer wiederkehrende Hinweis der A-39-Lobbyisten auf eine angeblich mehrheitliche Zustimmung der regionalen Einwohnerschaft zu einer A 39 bei einer früheren Umfrage (im Auftrag der IHK) negiere die bundespolitisch entscheidende Tatsache, dass drei Viertel aller BundesbürgerInnen bei einer aktuellen Umfrage die Meinung äußerten, es gebe generell genug Straßen, 41% gegen Autobahn-Neubauten waren und 93% für Instandhaltung vor Neubau plädierten. 

Fernab jeder geographischen Realität, so der LBU, sei auch die Behauptung der vier Lokalpolitiker, die A 39 (die ja zwischen Lüneburg und Wolfsburg verlaufen soll)  würde die Metropolregion Hamburg mit der Metropolregion Hannover verbinden. Auch die Behauptung, die A 39 sei erforderlich, um die Hinterlandverkehre der „großen Seehäfen Deutschlands“ nach Südosteuropa zu verbessern, stoße sich hart an der Tatsache, dass eine A 39 nicht (wie die fast fertige A 14) in Richtung Südosteuropa führe, sondern nach Wolfsburg. Zumal auch VW viel eher ein Interesse habe am aktuell gefährdeten Ausbau der Weddeler Bahnschleife und  am Ausbau von Kanälen als an einer A 39 (schon gar nicht bei dem neuen Trinity-Standort).

Als „kabarettreif und zumindest zynisch“ bezeichnet der LBU die Behauptung, ein A-39-Autobahn-Neubau nütze der „nachhaltigen Verkehrswende“, weil sie ja Staus vermeide und künftig ja ganz viele Elektroautos darauf fahren würden. Skurriles Zitat aus dem Schreiben der vier Lokalpolitiker in Ihrem Brief: „Nicht der Verkehrsträger an sich, sondern die darauf fahrenden Fahrzeuge“ seien in Richtung Klimaneutralität zu entwickeln…

Auch die Mär vom Wirtschaftsaufschwung und angeblich geschaffenen Arbeitsplätzen wird laut LBU vom dauernden Wiederkäuen nicht richtiger. Die überwältigende Mehrzahl aller Studien über die Effekte der seit 1990 neugebauten Autobahnen widerlege diese Behauptungen, zumal durch neue Autobahnen ja auch der Zugang für die überregionalen Konkurrenten verstärkt werde. Auch die Behauptung von Vorteilen für den Tourismus oder gar den Kurbetrieb sei widerlegt – zumal Bad Bevensen massive Befürchtungen habe wegen des jahrelangen LKW-Durchgangsverkehrs zwischen A-39-Teilabschnitten und B 4 mitten durch das Kurgebiet.

Schließlich sei auch die Behauptung falsch, die geplagten Nutzer und Anlieger der B 4 und anderer vorhandener Straßen würden durch eine A 39 entlastet. Die A 39 führe zwangsläufig zur Herabstufung der bisherigen Bundesstraßen zu (unbemauteten) Landesstraßen und damit zur drastischen Zunahme mautflüchtiger LKWs. Wirkliche Entlastung bringe stattdessen der weitere 2+1-Ausbau der B 4 mit Ortsumgehungen und die überfällige Umsetzung des LKW-Masterplans, bei dem die Verkehre durch Variation der Mautgebühren gesteuert würden. 

LBU-Vertreter Niemann forderte die Landräte/den Oberbürgermeister auf, doch gemeinsam mit den durch Zerschneidung, Natur- und Landverlust bedrohten Regionen und Kommunen auf die überfällige Neuberechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses einer A 39 zu drängen, bei der nicht nur die explodierenden Baukosten sondern endlich auch die von Klimagesetz und Bundesverfassungsgericht eingeforderten Klimakosten einberechnet würden. Das werde laut Ampel-Koalitionsvertrag ja ab November unter Einbeziehung von Verkehrs-, Umwelt- und anderen Verbänden auf Bundesebene beraten und erarbeitet.

Der LBU zeigt sich in jedem Falle entschlossen, gemeinsam mit anderen Verbänden und Bürgerinitiativen gegen eine A 39 und andere Autobahn-Neubauten vorzugehen und ggf. erneut erfolgreich zu klagen – für eine Verkehrs- und Klimawende und den bedarfs- und regional-gerechten Ausbau des Schienenverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs.   

Anmerkung: Der Brief der drei Landräte und des Oberbürgermeisters von Wolfsburg an Verkehrsminister Wissing kann hier eingesehen werden.  

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