Dirk Oschmann: Der Osten ist eine westdeutsche Erfindung.

0
Dirk Oschmann Foto: Screenshot aus dem Interview mit der DW

Diese Erfindung ist demokratiezersetzend und damit gefährlich.

Der Leipziger Literaturprofessor Dirk Oschmann hat den Nerv vieler Deutscher getroffen. Sein Buch „Der Osten: eine westdeutsche Erfindung“ steht auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste und wird in den deutschen Medien hoch- und runterbesprochen. Inzwischen ist es in der 10. Auflage erschienen.

Oschmann, gebürtiger Gothaer, spricht darin ein Thema an, das sich über die Jahrzehnte schon verfestigt zu haben schien: Der Westen dominiert das Denken über den Osten und schiebt ihm damit alle möglichen Zuschreibungen zu. Damit soll’s genug sein, fordert Oschmann. Die Geschichte, die der Westen über den Osten seit Jahren erzählt, und die meist nicht von Interesse oder gar Kenntnis zeugen sind eine wesentliche Ursache für die Stärke der AfD im Osten. Oschmann warnt daher vor dem demokratiegefährdenden Verhalten des Westens, denn das Neo-Naziproblem liegt im Westen und nicht im Osten. Das ist mal eine Sichtweise, die es lohnt kennen zu lernen.

In dem Buch ist im Grunde nichts neu. Alles ist schon beschrieben und gesagt worden. Doch Oschmann entwickelt andere Zusammenhänge aus dem Bekannten. Es fragt sich, wieso muss erst ein Literaturwissenschaftler aus dem Osten kommen, um die Augen zu öffnen. Warum hat die westlich dominierte Politikwissenschaft und warum haben die Medien so versagt. Ist vielleicht Matthias Döpfner, der CEO des Springerverlages mit seiner Meinung das fleischgewordene Problem? „Ostdeutsche seien „eklig“ und könnten „niemals Demokraten“ werden“.

Dirk Oschmann zeigt in seinem augenöffnenden Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Die Gesellschaft wird von westdeutschen Narrativen und Perspektiven dominiert. Oschmann initiiert eine überfällige Debatte, denn der Osten machte dreißig Jahre die Erfahrung, von der Gestaltung unserer Demokratie ausgeschlossen zu sein. Das zornige Buch durch den Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann sollte auch politisch sehr ernst genommen werden und viele Westler sollten sich hinterfragen, ob sie durch ihre Haltung und ihr Reden dem Osten gegenüber nicht auch demokratiegefährdend sind, weil sie Wasser auf die Mühlen der AfD leiten.

Interview in der LZ (schriftlich)

Interview in der Deutschen Welle (persönlich)

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.