Attentat auf Europa – Bemerkungen zu einem „Schlafwandler“-Buch

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Aus: Das Blättchen – Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft, 16. Jg. (XVI.), Nr. 23, 11. November 2013, S. 35 ff.

In der Familie des Historikers Christopher Clark gibt es offenbar eine ausgeprägte Neigung zu Schlafstörungen. Sein Bruder hat als Kind stark schlafgewandelt, ihn selbst plagen nach eigener Aussage noch heute Albträume. Das ist nichts Besonderes. Viele Menschen klagen über Schlafstörungen. Wenn Sie aber beginnen, ihre Krankheit auf die Weltgeschichte zu projizieren, fällt es schwer, keine Satire zu schreiben. Clarks Behauptung, die Großmächte beziehungsweise Staatsmänner Europas seien als „Schlafwandler“ ungewollt in den Ersten Weltkrieg getaumelt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als „Alter Wein aus neuen Schläuchen“. Gleiches ließe sich über den Zweiten Weltkrieg, den Vietnam-Krieg oder den Krieg in Afghanistan sagen. Dass die Anstifter eines Weltenbrandes hinterher in der Regel nicht gerade in Sack und Asche gehen, ist ein Allgemeinplatz, den Clark als Neuheit verkauft.

Ein Schlafwandlertum in Bezug auf Kriege, welcher auch immer, hat es nie gegeben. Es ist blanker Unsinn, und wer so „argumentiert“, ist mit Fug und Recht nicht mehr ernst zu nehmen, weil er jede Rationalität vermissen lässt. Nach Clark waren die europäischen Staatslenker „vollbewusste Menschen, die sehenden Auges in diese Katastrophe hineingelaufen sind, aber ihr Tun war zum Teil bedingt von einer sehr begrenzten Rationalität, von einem begrenzten Bewusstsein der Folgen ihres Tuns“ – so sein Reden am 3. November 2013 in Phoenix-TV. Und von diesem „begrenzten Bewusstsein“ sollen alle Vertreter der europäischen Mächte geprägt oder erfasst gewesen sein? Tappten sie also doch herum wie „Schlafwandler“?

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