Vortrag: Heinrich Ebersberg – Mitorganisator des NS-Massenmordes lebte als Richter in Wolfenbüttel

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Vortrag von Dr. Helmut Kramer am 25. März 2014 um 19.00 Uhr in Wolfenbüttel im Ratssaal des Rathauses

Helmut Kramer bei einem Vortrag zu seinen Ehren an seinem 80. Geburtstag. Neben ihm Ingo Müller, Autor des Buches und Bestsellers „Furchtbare Juristen

Die Mörder sind unter uns„. So hieß ein Film aus dem Jahre 1946, der in einer Großstadt spielt. Was in dem idyllischen Wolfenbüttel so gut wie unbekannt ist: Am Wolfenbütteler Amtsgericht residierte in den Nachkriegsjahren neben einigen Sondergerichtsjuristen und einem Wehrmachtsrichter ein Jurist, der an höchster Stelle in Berlin die Mitverantwortung für den Tod von mehr als 18.000 Menschen trug.

Darüber berichtet der Historiker und ehemalige Richter am OLG Braunschweig Helmut Kramer in einem Vortrag am 25. März 2014, 19.00 Uhr im Ratssaal des Wolfenbütteler Rathauses. Es wird vor allem um den späteren Ministerialrat im Bundesjustizministerium. Als persönlicher Referent des Reichsjustizministers wirkte er an der Durchführung der mit Heinrich Himmler vereinbarten Aktion „Vernichtung durch Arbeit“ maßgeblich mit. Tausende von Strafgefangene, auch Wolfenbütteler Häftlinge wurden in Konzentrationslager ausgeliefert. Unter grausamsten Umständen fanden dort die meisten schon binnen weniger Wochen und Monate einen schrecklichen Tod.

Heinrich Ebersberg, mit sog. Persilscheinen gefördert von dem Braunschweiger OLG-Präsidenten und dem Hildesheimer Bischof Godehard Machens, kam nach gelungener Entnazifizierung im Jahre 1949 als Amtsrichter in Wolfenbüttel unter. Nach seiner Beförderung zum Richter am OLG Braunschweig wechselte er im Jahr 1954 als Ministerialrat zum Bundesjustizministerium in Bonn. Erst als er im Jahr 1968 zum Ministerialdirigenten befördert werden sollte, setzte ein wegen Beihilfe zum Massenmord gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren zwar seiner weiteren Karriere ein Ende. Zu einem Schwurgerichtsverfahren kam es aber nicht. Man glaubte seiner Beteuerung, er habe nicht gewusst, worauf Begriffe wie „Vernichtung durch Arbeit“ und „Sonderbehandlung“ hinausliefen. Im Jahre 1972 stellte die Staatsanwaltschaft Köln das Verfahren in aller Heimlichkeit ein. Die Presse erfuhr davon kein Wort. Nach 20jähriger Tätigkeit im Bundesjustizministerium ließ Ebersberg sich im Alter von 62 Jahren pensionieren. Für seine „dem Deutschen Volke geleisteten treuen Dienste“ sprach der Bundespräsident Ebersberg Dank und Anerkennung aus.

Hinweis: „Die Mörder sind unter uns“ aus 1946, ist eine scharfe Kritik an einer Nachkriegsgesellschaft, die es zuließ, dass sogar Kriegsverbrecher erneut Kasse und Karriere machten. Der Film wurde erst im Januar 1959 für die Bundesrepublik freigegeben und erst am18. Dezember 1971 im Fernsehen der Bundesrepublik gezeigt.

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