Vergebliches Warten auf Richtigstellung

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Der Wahlkampf der B“Z“ für Hoffmann läuft auf Hochtouren: und wieder einmal bestätigt sich das, was dem Volksmund schon bekannt ist: Glaube nicht, was in der Zeitung steht…

Wiederholt werden die politischen Gegner Hoffmanns falsch zitiert, Wesentliches weggelassen, und so das Gesagte bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Ein besonderes Beispiel…

BIBS-Kandidat Christoph Sündermann, der am 22.8.2006 Teilnehmer beim Leser-Fragen-Interview mit Herrn Niebel (FDP) war, veröffentlicht hier nun seine Original-Fragen und die Aufforderung zur Richtigstellung, der die BZ bis heute nicht nachgekommen ist.

Original-Fragen

„Only the little people pay taxes“
(Hotel-Milliardärin Leona Helmsky bei ihrem Verfahren wegen Steuerhinterziehung 1989)

1. Bereits im Jahr 2003 haben die Vermögenden der Welt mehr als 9.400 Milliarden US-Dollar in den internationalen Steueroasen angelegt. Wenn man konservativ schätzt, dass diese Vermögen eine Jahresrendite von 6 % erzielen und diese mit 35 % zu versteuern wären, so kommt man auf Steuerausfälle von mindestens 197 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Ebenfalls 2003 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium, das in „Bankenkreisen das von Deutschen in der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg angelegte Kapital auf 450 – 550 Milliarden € geschätzt wird.“ (Bundesministerium der Finanzen, internes Papier vom 10.1.2003)
Frage: Was halten Sie von der Schließung der Steueroasen und der Bekämpfung der internationalen Steuerflucht durch die Einführung eines internationalen Kontrollmitteilungsverfahrens sowie der Besteuerung der Unternehmensgewinne nach dem sog. „Wohnsitzlandprinzip“?
( Zur Erklärung: Zur Beendigung der Steuerflucht von Unternehmen sind Unternehmensgewinne nach dem „Wohnsitzlandprinzip“ zu besteuern. Gewinne von Tochtergesellschaften im Ausland sind im Mutterland nachzuversteuern, wenn im Ausland niedrigere Steuersätze zur Anwendung kamen.)

Ergänzend dazu ist der internationale „Unternehmens-Steuersenkungswettbewerb“ entschieden zu bekämpfen.

„Ein Kind das heute an Hunger stirbt wird ermordet“
[Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung]

2. Nach Angaben von Jean Ziegler, dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung leiden aufgrund der bestehenden kapitalistischen Weitwirtschaftsordnung mehr als 850 Millionen Menschen chronisch an Hunger und Unterernährung. Ihre prekären, d. h. ungesicherten Arbeitsverhältnisse zwingen sie dazu, ihre Arbeitskraft zu einem Preis verkaufen zu müssen, der nicht ausreicht um Hunger oder schleichendes Verhungern zu verhindern. „Dem täglichen Massaker des Hungers“( J. Ziegler) fallen monatlich etwa 2,5 Millionen Menschen (jährlich bis zu 30 Millionen Menschen, darunter 6 Millionen Kinder) zum Opfer.
(Laut UN world food report könnte die heutige Welt-Landwirtschaft Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen produzieren)
Gleichzeitig werden nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPR1 ca. 950 Milliarden € jährlich (d.h. mehr als 2 Milliarden € täglich) für die Aufrüstung ausgegeben. Deutschland ist dabei viertgrößter Rüstungsexporteur der Welt. Für über 4,4 Milliarden € wurden innerhalb der letzten 4 Jahre (Braunschweiger Zeitung, 13.6.06) Waffen u.a. an menschen-rechtsverletzende Regime oder Spannungsgebiete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Türkei, Nepal, Indien, Israel u.a. geliefert.
Frage: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Hunger und Aufrüstung?
Wird die F.D.P. sich für den sofortigen Stopp deutscher Waffenexporte und für eine Halbierung des Rüstungsetats zugunsten der Entwicklungshilfe einsetzen?

Arbeitsplatzvernichtung bestrafen statt fördern
Massenentlassungen bei der Allianz, bei AEG in Nürnberg, Opel in Bochum….

3. Die Löcher in den Sozialkassen, insbesondere bei Rente und Gesundheit, rühren nicht aus steigenden Ausgaben, sondern aus der Vernichtung sozialversicherter Beschäftigung. (So gingen in Deutschland seit 2000 rund 1.64 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs verloren. Vor allem seit es Minijobs gibt (2003), sinkt die Zahl der normalen Beschäftigungsverhältnisse rapide.) (Stern, 16/2006) Allein die großen Konzerne haben seit Mitte der 90er Jahre in der Bundesrepublik über eine Million Arbeitsplätze vernichtet Sie haben damit nicht nur zahlreiche Familien unter die Armutsgrenze gebracht, sondern sich zugleich um viele Milliarden € Einzahlungen in die Sozialkassen gedrückt. Würden die von den Unternehmen zu zahlenden Sozialabgaben die Anzahl der vernichteten Arbeitsplätze in Rechnung stellen, bei gleichzeitiger
Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfung im Konzern, würden Stellenstreichungen erheblich weniger lukrativ. Wer viel entlässt oder ganze Betriebsteile schließt, müsste am Ende überproportional in die Sozialkassen einzahlen. Damit könnten die durch die Entlassungen entstehenden sozialen Kosten nicht mehr wie bisher auf die Gemeinschaft abgewälzt werden.
„Frage: Was halten Sie von einer Wertschöpfungsabgabe?“


„BürgerBahn statt Börsenbahn“

4. Im Herbst entscheidet der Bundestag über die Zukunft der Deutschen Bahn. Die Abgeordneten
debattieren derzeit jedoch nur die verschiedenen Verkaufsszenarien. Ob überhaupt verkauft werden
soll, wird nicht diskutiert. Dabei ist diese Entscheidung noch gar nicht getroffen und alles spricht
gegen den Verkauf.
Der Verkauf der Bahn wäre ein miserables Geschäft: Mit den erhofften einmaligen Einnahmen von etwa 10 Milliarden € wird die Bahn weit unter ihrem eigentlichen Wert von über 100 Milliarden € verschleudert.
Bilanz der „Bahnreform“: 1994 bis 2005: Abbau von 5300 Kilometer Schienennetz. Die Deutsche Bahn AG ist mit 25 Milliarden € so hoch verschuldet wie 1994 die Bundesbahn. Die absoluten Verkehrsleistungen im Fernverkehr liegen 2005 niedriger als 1994 – trotz Investitionen in Höhe von 100 Milliarden € in die ICE-Strecken. Die Anteile der Schiene am Verkehrsmarkt sind weiter gesunken. Im Nahverkehr gibt es Fortschritte – allerdings finanziert sich dieser zu zwei Dritteln aus staatlicher Unterstützung. 200.000 Arbeitsplätze bei der Bahn und ihren Zulieferern wurden abgebaut.
Dividende garantiert: Da die Gesellschaft ein vitales Interesse an einem funktionierenden öffentlichen Personenverkehr hat, sichert die Bundesregierung durch jährliche Subventionen von 12 Milliarden € auch nach der Privatisierung den Bestand der Bahn – und die Dividende der Investoren. Nur eine Bahn, die mehr als 10 Prozent Rendite einfährt ist für einen privaten Investor profitabel. Dafür muss er die Kosten senken – und an allen Ecken und Enden sparen. Und er wird die Preise kräftig erhöhen. Wie das aussieht, zeigen die letzten sechs Jahre Bahnpolitik mit dem Ziel, die Bahn „fit für die Börse“ zu machen.
Frage: Sind Sie für die Privatisierung der Bahn?


(Privatisierung, latein: privare = rauben)
Mehr Information: www.bahn-fuer-alle.de, www.buergerbahn-statt-boersenbahn.de

 

Folgenden Brief schreibt Christoph Sündermann am 31.8.2006 an die BZ

Sehr geehrter Herr Tyrock,
anbei mein Leserbrief zum Leser-Fragen-Interview mit Herrn Niebel vom 22.8.2006.
Aus Gründen der Fairness möchte ich Sie bitten, den Leserbrief ungekürzt abzudrucken. Nur eine Gegenüberstellung des Zitates „Wir müssen des globalen Kapitalismus angreifen…“ mit dem Zitat der BZ-Ton-Aufzeichnung wäre hingegen eine weitere grobe Entstellung meiner Aussage. Mein Leserbrief ohne Wiedergabe der Zitate von Jean Ziegler und der Rüstungsausgaben (bzw. siehe Leserbrief) ist aus meiner Sicht nicht zulässig. Denn auch mein „O-Ton“ bleibt ohne die Fakten von Jean Ziegler gelinde gesagt grob vereinfacht.
Es würde mich freuen, wenn sich auf diese Weise unsere unterschiedlichen Standpunkte annähern könnten.
Ich erwarte daher den ungekürzten Leserbrief am 1.9.06 oder am 2.9.06. Ein längerer Zeitraum zwischen dem Erscheinen der Leser-Fragen und meines Leserbriefes erschwert nur das Verständnis des Vorganges für den Leser.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Sündermann

PS: Erbitte auch den Abdruck meines Bildes vom 24.8.06, wg. Verwechselung mit Phillip Rösler, FDP-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag.

Leserbrief

bzw. Richtigstellung angeblich von mir gesagter Fragen im Gespräch mit dem F.D.P.
Generalsekretär Niebel (Braunschweiger Zeitung, 22.8.2006)
„Den globalen Kapitalismus angreifen“???
Als Globalisierungskritiker, d.h. genauer gesagt als Kritiker der kapitalistischen Globalisierung, als attac-Mitglied und Ratskandidat der Braunschweiger Bürgerinitiative (BIBS) möchte ich zu dem Gespräch mit F.D.P. Generalsekretär Niebel (am 22.8.2006) Folgendes klarstellen:
„Wir müssen den globalen Kapitalismus angreifen, denn dieses System sorgt dafür, dass bis zu 30 Millionen weltweit an Hunger sterben.“ Dies wurde von mir keineswegs so gesagt.

Allerdings legte ich schriftlich folgende Zitate und Zusammenhänge dar:
„Ein Kind das heute an Hunger stirbt wird ermordet“
Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung.
Nach Angaben von Jean Ziegler… leiden aufgrund der bestehenden kapitalistischen Weltwirtschaftsordnung mehr als 850 Millionen Menschen chronisch an Hunger und Unterernährung, live prekäre, d.h. ungesicherte Arbeitsverhältnisse zwingen sie dazu, ihre Arbeitskraft zu einem Preis verkaufen zu müssen, der nicht ausreicht um Hunger oder schleichendes Verhungern zu verhindern.
„Dem täglichen Massaker des Hungers“ (J.Ziegler) fallen monatlich etwa 2,5 Millionen Menschen (jährlich bis zu 30 Millionen Menschen, darunter 6 Millionen Kinder) zum Opfer.
(Laut UN world food report könnte die heutige Welt-Landwirtschaft Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen produzieren)
Gleichzeitig werden nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI ca. 950 Milliarden € jährlich (d.h. mehr als 2 Milliarden € täglich) für die Aufrüstung ausgegeben.
Deutschland ist dabei viertgrößter Rüstungsexporteur der Welt. Für über 4,4 Milliarden € wurden innerhalb der letzten 4 Jahre (Braunschweiger Zeitung, 13.6.06) Waffen u.a. an menschenrechtsverletzende Regime oder Spannungsgebiete wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Türkei, Nepal, Indien, Israel u.a. geliefert.
Daher meine Frage an Herrn Niebel: „Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Hunger und Aufrüstung? Wird die F.D.P. sich für den sofortigen Stopp deutscher Waffenexporte und für eine Halbierung des Rüstungsetats zugunsten der Entwicklungshilfe einsetzten?“
Während des Gespräches mit Herrn Niebel sagte ich u.a. dann laut BZ-Ton-Aufzeichnung: „Diese Weltwirtschaftsordnung, der Kapitalismus, der globale Kapitalismus, ist eine der wesentlichen Ursachen für diesen Massenmord oder das Verhungern von 30 Millionen Menschen pro Jahr. Und Sie sagen, das hat mit der Ökonomie, mit diesem Wirtschaftssystem nichts zu tun. Das finde ich schon ein bisschen merkwürdig.“ Ob diese Aussage identisch ist mit: „Wir müssen den globalen Kapitalismus angreifen, denn dieses System sorgt dafür, dass jährlich bis zu 30 Millionen Menschen weltweit an Hunger sterben“, überlasse ich der Urteilskraft der LeserInnen.
Insgesamt hatte ich 4 kurze Fragen (mit längerer Begründung) schriftlich vorgelegt und diese wurden von Herrn Niebel beantwortet. Alle 3 in der BZ am 22.8.06 erschienen Fragen wurden keineswegs von mir so gestellt. Aus Platzgründen unterbleibt hier eine Richtigstellung.

Christoph Sündermann

 

Der Brief wurde nicht abgedruckt.

Anhang dieses Beitrags auf unser-braunschweig.de:

Gespräch mit Jean Ziegler
attac

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